Ein amerikanischer Thriller
uns
ausschließlich auf die Invasionslogistik konzentrieren
müssen. Dafür sollten Sie sich ohne weiteres frei neh-
men können. Miami ist von Anniston gut erreichbar,
und Sie können Kleinem Bruder erzählen, daß Sie von
Mr. H. hinbeordert wurden, um Pro-Castro-Aktivitäten
zu überwachen.
Ich muß mit einer etwas peinlichen Anfrage
schließen.
561
Carlos M. hat Guy Banister 300.000 Dollar zusätz-
lich für Waffen zur Verfügung gestellt. Der Mann ist
ein großer Freund der Sache und macht sich (meiner
Ansicht nach berechtigte) Sorgen in bezug auf Kleinen
Bruder. Können Sie rauskriegen, was Bobby in Sachen
Carlos vorhat?
Besten Dank im voraus. Bis morgen in Blessington.
John
562
59
(Blessington, 10. 2. 61)
Die Augen links, die Augen rechts! Präsentiert das Gewehr!
Der Exerzierplatz funkelte. Die Rekruten bewegten sich
wie eine lateinamerikanische Revuetruppe – jede Bewegung
im Takt.
Lockhart bellte die Kommandos. Néstor spielte den
Fahnenträger. Das Sternenbanner und das Pitbull-Monster
flatterten im Wind.
Ein weißbehandschuhter Pete nahm die Parade ab. Ihm
folgten Richard Bissell und John Stanton – zivile Spießer
in Tweedanzügen.
Die Rekruten trugen frisch gestärkte Drillichanzüge und
Chromhelme. Fulo, Paez, Delsol und Gutiérrez bildeten die
Führungsflanke.
Boyd schaute vom Bootssteg aus zu. Er wollte nicht, daß
ihn die gewöhnlichen Rekruten kennenlernten.
Pete inspizierte die Waffen und reichte sie zurück. Bissell
klopfte auf Schultern und lächelte. Stanton unterdrückte
ständig ein Gähnen – er wußte, daß das alles nur PR-
Masche war.
»Gewehrrrrr über! Standarrrrrtenträger vor!«
Vierundvierzig Läufe hoben sich. Chasco marschierte zehn
Schritt vor und machte auf dem Absatz kehrt.
Chasco salutierte. Chasco streckte den Arm mit der Flagge.
»Rührt euch!« brüllte Lockhart. Die Männer ließen die
563
Gewehre nacheinander fallen und brachten eine beeindru-
ckende Wellenbewegung zustande.
Bissell staunte. Stanton klatschte.
Boyd schaute sich Chasco an. Stanton hatte den kleinen
Scheißer zum gnadenlosen Rächergott aufgebaut.
Chasco fraß Tarantelfleisch und trank Pantherpisse. Chasco
killte Rote von Rangoon bis Rio.
Chasco hustete und spuckte auf den Boden. »Es ist mir eine
Freude, heute bei euch in Amerika sein zu dürfen. Es ist mir
eine Ehre, den Tyrannen Fidel Castro bekämpfen zu können,
und eine Ehre, euch Señor Richard Bissell vorzustellen.«
Jubelgeschrei aus fünfzig Kehlen. Es klang wie eine
Lokomotive.
CHOO – CHOO – CHOO – Bissel bedeutete Schweigen:
»Señor Chasco hat recht. Fidel Castro ist ein mörderischer
Tyrann, der ein bißchen gedeckelt gehört. Ich bin hier, um
euch zu sagen, daß wir das tun werden und zwar in nicht
allzuferner Zukunft.«
CHOO – CHOO – CHOO – CHOO – CHOO – Bissell
wedelte mit der Hand durch die Luft à la Kennedy. »Eure
Moral ist gut, und das ist verdammt gut so. Und Leute mit
verdammt hoher Moral sind auch in Kuba zu finden, und
was mich angeht, würde ich sie gegenwärtig der Kampfkraft
von drei oder vier Brigaden gleichsetzen. Ich meine die Ku-
baner auf der Insel, die nur darauf warten, daß Ihr einen
Brückenkopf bildet und ihnen den Weg zu Fidel Castros
Unterschlupf zeigt.«
CHOO – CHOO – CHOO – CHOO – CHOO – »Ja-
wohl Männer, Ihr werdet gemeinsam mit vielen anderen als
564
Invasionsstreitmacht in eurer Heimat landen und sie befreien.
Ihr werdet euch mit Castro-Gegnern auf der Insel vereinigen
und Fidel Castro stürzen. Wir haben beinahe sechzehnhun-
dert Mann in Guatemala, Nicaragua und an der Golfküste
stationiert, allesamt in Hochform und marschbereit. Ihr
gehört zu diesen Truppen. Ihr seid eine Eliteeinheit, die in
vorderster Front kämpfen wird. Ausgemusterte B-26 werden
euch unterstützen, und eine Nachschubeinheit der US-Navy
wird eure Boote in eure Heimat geleiten. Ihr werdet siegen.
Weihnachten werdet Ihr mit euren Lieben im befreiten Kuba
feiern.«
Pete gab das Zeichen. Ein Salut aus vierundvierzig Ge-
wehren verschlug Bissell die Sprache.
Stanton lud im Breakers Motel zum Lunch. Nur für Weiße
– Pete, Bissell, Boyd, Chuck Rogers.
Der Schuppen gehörte Santo Junior. Die Blessington-Leute
hatten unbegrenzten Kredit. Im Coffee Shop wurde klebriger
Italofraß serviert – das letzte.
Sie hatten den Tisch mit der besten Aussicht besetzt.
Bissell übernahm das Gespräch – außer ihm kam niemand
zu
Weitere Kostenlose Bücher