Ein amerikanischer Thriller
auftat. Die Windschutzscheibe
beschlug in der kalten Luft.
Der Käufer stand an der Straßenecke. Einer von denen,
die sich an Gesetzesübertretungen aufgeilen und sie möglichst
hautnah miterleben möchten.
Er bog in die Straße ein. Ein Polizeiauto schnitt ihm den
Weg ab. Der Käufer sah, was passierte – und rannte davon.
Mit Gewehren bewaffnete Bullen stürzten sich auf ihn.
Sie brül ten die üblichen Befehle: »Aussteigen und die Hände
hochnehmen!« – »Raus jetzt!« – »Hinlegen!«
Er tat wie geheißen. Die Bullen verpaßten ihm die volle
Rüstung: Handschellen, Fußschellen und Stolperketten. Sie
durchsuchten ihn und rissen ihn hoch. Er schlug mit dem
Kopf auf das Blinklicht eines Polizeiwagens –
34
Die Zelle kam ihm bekannt vor. Er schwang die Beine von
der Pritsche und legte sich seine Identität zurecht.
Ich bin Special Agent Kemper C. Boyd, FBI, tätig in
verdeckter Ermittlung bei Autodiebstählen.
Ich bin nicht Bob Aiken, freischaffender Autodieb.
Ich bin 42 Jahre alt. War in Yale. Habe einen Abschluß
in Jura. Ich bin seit 17 Jahren beim FBI, geschieden, habe
eine Tochter auf dem College – und bin langjähriger Auto-
knacker mit FBI-Lizenz.
Er lokalisierte die Zel e: Stockwerk B im FBI-Gebäude von
Philadelphia. Ihm brummte der Schädel. Hand- und Fußgelenke
taten ihm weh. Er rückte seine Identität eine Spur genauer zurecht.
Ich habe Beweismaterial bei Autodiebstählen gefälscht
und seit Jahren Geld einbehalten. IST DAS EINE FBI-
INTERNE UNTERSUCHUNG?
Er erblickte leere Zellen zu beiden Seiten des Gangs. Er
bemerkte ein paar Zeitungsseiten auf dem Spülbecken, mit
balkendicken Schlagzeilen versehene Imitationen:
»Autodieb erleidet Herzattacke in bundesstaatlichem Ge-
wahrsam« – »Autodieb tot in FBI-Zelle«.
Darunter stand in Schreibmaschinenschrift:
»Heute nachmittag gelang der Polizei von Philadelphia
im Schatten des pittoresken Rittenhouse Square eine wa-
gemutige Festnahme.
Aufgrund von anonymen Hinweisen überraschten Ser-
geant Gerald P. Griffen und vier andere Polizeibeamte
Robert Henry Aiken, 42, beim Stehlen eines teuren Ja-
guars. Aiken ließ sich widerstandslos festnehmen und –«
35
Jemand hüstelte und sagte: »Sir?«
Kemper blickte auf. Ein Beamtentyp hielt ihm die Zel-
lentür auf.
»Sie können zum Hintereingang hinaus, Sir. Ein Wagen
erwartet Sie.«
Kemper brachte seine Kleider in Ordnung und kämm-
te sich. Er verließ das Gebäude durch den Lieferantenaus-
gang und sah eine Regierungslimousine, die die Zufahrt
blockierte.
Seine Limousine.
Kemper stieg hinten ein. »Hallo, Mr. Boyd«, sagte J. Ed-
gar Hoover.
»Guten Tag, Sir.«
Die Trennscheibe glitt hoch und riegelte den Fond ab.
Der Fahrer ordnete sich in den Verkehr ein.
Hoover hüstelte. »Ihre verdeckte Ermittlung ist ziemlich
überstürzt beendet worden. Die Polizei von Philadelphia
ging dabei etwas drastisch vor, aber dafür ist sie nun
einmal bekannt, und alles andere hätte unglaubwürdig
gewirkt.«
»Ich habe gelernt, unter derartigen Umständen nicht aus
der Rolle zu fallen. Ich bin überzeugt, daß die Festnahme
glaubhaft gewirkt hat.«
»Haben Sie für Ihre Rol e einen Ostküsten-Akzent benutzt?«
»Nein, mittlerer Westen. Ich wurde mit Akzent und Re-
deweise vertraut, als ich in St. Louis tätig war und meinte,
dadurch mein Erscheinungsbild wirksam zu ergänzen.«
»Was selbstverständlich zutrifft. Ich für meine Person würde
Ihnen in Sachen kriminelles Rollenspiel keinesfalls zu nahe
36
treten wol en. Nehmen wir beispielsweise Ihr Sportsakko. So
unangemessen es mir als Arbeitskleidung erscheint, für einen
Wagendieb in Philadelphia ist es völlig passend.«
Sag schon, worauf du hinaus willst, du wichtigtuerischer
kleiner –
»Nun haben Sie sich stets distinguiert gekleidet. Viel eicht
sollte man besser ›teuer‹ sagen. Offen gestanden hat es Zei-
ten gegeben, wo ich mich gefragt habe, wie Sie mit Ihrem
Einkommen Ihre Garderobe finanzieren konnten.«
»Sie sollten mal meine Wohnung sehen, Sir. Was ich in
meine Garderobe gesteckt habe, geht dort ab.«
Hoover kicherte. »Mag sein, wie es will, ich bezweifle,
daß ich Sie zweimal im selben Anzug gesehen habe. Ich
bin überzeugt, daß die Frauen, die Ihnen so viel bedeuten,
Ihren Stil zu schätzen wissen.«
»Das will ich hoffen, Sir.«
»Sie nehmen meine Komplimente mit bemerkenswerter
Haltung hin, Mr. Boyd. Die meisten Männer pflegen sich
dabei zu winden.
Weitere Kostenlose Bücher