Ein Ami in Tirol
geht.«
»Wie bitte?«, fragte er verständnislos.
»Nun, so sagt man bei uns, wenn man etwas verpasst.«
»Ich verstehe«, erklärte er.
»Außerdem ist es für mich deshalb nicht so leicht, mit Ihnen zu sprechen, weil meine persönlichen Gefühle für Sie ... Ach, lassen wir das. Ich muss mich nun sehr beeilen!«
Seine Worte verwirrten Eva nun noch mehr. Sie fand ihn zwar nett und charmant, mehr jedoch nicht, denn ihr Herz gehörte einfach Christian, auch wenn der kein reges Interesse daran zeigte. Nachdenklich blickte Eva dem Gast nach, der ihr immer seltsamer und geheimnisvoller vorkam.
An jenem Nachmittag kreuzte Christian auf dem Palauerhof auf. Er hatte lässig seine Hände in die Hosentaschen geschoben und kam in die Stube geschlendert. Eva begrüßte ihn freundlich. Eine Weile druckste Christian herum, sprach über dies und jenes. Doch die junge Frau spürte deutlich, dass er etwas auf dem Herzen hatte.
»Es ist doch etwas?«, fragte sie schließlich. »Ich kenn dich doch.«
»So?«, meinte er. »Na ja, ich hab' dich etwas fragen wollen, Eva.«
»Dann frag«, forderte sie forsch auf.
»Weißt du, was dein Amerikaner für Geschäfte im Dorf macht?«
»Er ist nicht mein Amerikaner«, setzte sie sich zur Wehr. »Und über seine Geschäfte weiß ich nichts. Jedenfalls hat er mir noch keines angeboten.«
»Er verkauft Anteilscheine!«, platzte Christian heraus.
»Was für Zeug?«, fragte Eva ungläubig und erstaunt.
»Der Schiller-Hans! hat mir davon erzählt. Angeblich baut ein großer Konzern das Touristenwesen aus. Damit die Leute an amerikanische Gäste vermieten können, müssen sie so etwas Ähnliches wie ein Mitglied sein.«
»Aha«, sagte Eva und setzte sich.
»Soviel ich weiß, verlangt der Brown dreitausend Schilling von einem jeden, der seinem Verein beitritt«, berichtete Christian weiter. »Davon sollen dann Sommergäste zugeführt werden. Und wenn keine kommen sollten, kriegen's die Leute trotzdem bezahlt.«
»Das hört sich doch nicht einmal schlecht an«, bemerkte Eva.
»Glaubst du denn so etwas?«, wollte Christian wissen. »So etwas gibt es doch gar nicht!«
»In Amerika soll so ziemlich alles möglich sein«, gab Eva zu bedenken und wiegte dabei den Kopf. »Diese Amerikaner haben ja oft die tollsten Ideen.«
»Ich weiß nicht«, zweifelte der junge Mann. »Das sieht mir alles ein bissel zu glatt aus. Außerdem macht dieser Mensch direkt ein Geheimnis daraus. Mittlerweile ist es aber in Beißlwang ein offenes Geheimnis geworden.«
»Machen denn recht viele Leute mit bei dieser G'schicht?«, erkundigte sich Eva.
»Es soll allerhand zusammengekommen sein«, gab Christian seine Vermutung preis. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob da nicht ein Riesenbeschiss dahintersteckt.«
»Geh weiter«, wehrte Eva mit einem unsicheren Lachen ab. »Du bist nur deshalb so misstrauisch, weil du diesen Mister Brown nicht magst.«
»Mögen tu ich ihn tatsächlich nicht«, gab der Nachbar zu. »Er ist mir zu schmierig, verstehst du. Hoffentlich haut er dich nicht auch übers Ohr.«
»Es ist doch gar nicht gesagt, dass er jemanden übers Ohr hauen will. Und ich denk, dass ich recht gut auf mich aufpassen kann.«
»Kannst du das wirklich?«
»Seh ich etwa aus wie ein dummes Trutscherl?«, fragte Eva belustigt.
»Das hab' ich nicht gesagt«, wehrte Christian ab. »Aber ich seh doch, wie du diesen Menschen anhimmelst.«
Um ein Haar hätte Eva laut losgelacht. Doch drehte sie sich um, damit er jetzt ihr Gesicht nicht sehen konnte. Aus seinen Worten konnte sie nun schließen, dass er tatsächlich eifersüchtig war. Und das machte sie sehr glücklich, wusste sie doch, dass jemand nur eifersüchtig sein kann, wenn er wirklich liebt.
»Der Linda hat er doch auch schon den Kopf verdreht«, warf Christian vor. »Die hat doch für nichts anderes mehr Augen als für diesen amerikanischen Gockelhahn.«
»Der James hat wenigstens einen Charme«, bemerkte Eva mit hintergründigem Lächeln.
»Ach, und ich?«
»Du hast auch so einen gewissen Charme«, scherzte sie. »Aber leider nur ungefähr soviel wie ein Holzklotz hat.«
»Also, weißt du ...« Christian schnappte nach Luft. »Vielleicht deshalb, weil ich nicht unter der Woche im guten Sonntagsanzug herumrenne und mich herausputz wie ein gelackter Affe?«
»Nein, Christian, das ist es nicht«, widersprach Eva.
»Was denn dann?«
»Denk einmal darüber nach. Vielleicht fällt es dir ja noch ein!«
*
Der Ochsenwirt hieß Jakob Rifeser;
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