Ein Ami in Tirol
Ich zahl!«, beharrte sie und bemerkte nicht das zufriedene Grinsen auf den Zügen ihres charmanten Begleiters.
Wie Eva unterdessen feststellte, amüsierten sich Linda und Christian scheinbar vorzüglich. So schien es für alle ein schöner Tag zu sein. Außer für Eva, die am Tisch der alten Männer saß und Mühe hatte, ihre Verstimmung zu verbergen.
Auf dem Palauerhof und in ganz Beißlwang kehrte wieder der Alltag ein. So wie gewöhnlich allerdings blieb er nicht, nachdem der Amerikaner als Sommergast im Dörfchen weilte. Die Witwe Mutzenberger, die James Brown des öfteren empfing, hüllte sich auf viele Nachfragen hin in beharrliches, geheimnisvolles Schweigen.
Und jeder andere, der ebenfalls Besuch von Mr. Brown bekam, tat nichts anderes. So trat ein Umstand in Beißlwang ein, den es vorher nie gegeben hatte. Einer schien dem anderen neidisch zu sein, und doch fühlte sich wiederum kaum einer benachteiligt, denn Mr. Brown machte rege seine Runde.
Anfangs fragte Eva den Gast nicht viel. Doch dann nahm er immer öfter einen schwarzen Aktenkoffer mit, wenn er sich nach dem Frühstück auf den Weg machte. Dieser Aktenkoffer erschien Eva als ein denkbar ungeeigneter Begleiter für beschauliche Spaziergänge.
James war sehr nett und machte Eva große Komplimente, über denen sie oft rot wurde und sich deshalb dumm schalt. Auch Linda schien nun ziemlich zufrieden zu sein, denn Mr. Brown widmete sich auch ihr mit der entsprechenden Aufmerksamkeit. Ebenfalls schien Emerenz nicht unzufrieden zu sein. Nachdem James darum gebeten hatte, dass ihm die Magd das Frühstück servierte, tat sie es nun jeden Tag voller Stolz und lief mit geheimnisvoll verklärter Miene durchs Haus. Alles hatte einen recht merkwürdigen Charakter angenommen, und die junge Bäuerin begann nachzudenken.
»Sagen Sie, James«, begann sie eines Morgens zu fragen, »Sie haben alleweil Ihr Aktenköfferl dabei, wenn Sie Spazierengehen? Normalerweise nimmt man einen Rucksack mit.«
Brown lachte schallend auf.
»Liebe Eva«, erklärte er schmunzelnd. »Wir Amerikaner sind Businessmenschen. Geschäftsleute, wie man auf Deutsch sagt. Wir können es nicht lassen, uns auch in unserer Freizeit mit Geschäften zu befassen. Oder gäbe es sonst so viele reiche Amerikaner?«
»Ich weiß nicht«, meinte Eva zweifelnd. Sie hatte zwar einiges über Amerika gehört, sich aber nie damit befasst, denn dazu hatte es bisher keinen Grund für sie gegeben. »Ich kenne mich da nicht so gut aus.«
»Das kann ich mir denken«, gab er zu.
»Verkaufen Sie etwas?«, wollte sie wissen. »Vielleicht gar Rindviecher?« fügte sie belustigt hinzu.
»Nein«, widersprach er. »Ich verkaufe - Geld!«
»Also, jetzt verkaufen Sie mich aber für dumm!«, hielt Eva ihrem Gast vor. »Das gibt's doch gar nicht. Es sei denn, Sie verkaufen falsches Geld!«
»Ich bin doch kein Verbrecher«, wies er zurück. »Nein, es handelt sich dabei um echtes Geld. Ich verkaufe Gewinne.«
»Gewinne? Etwa so etwas wie eine Lotterie?«
»Eine Lotterie mit sicheren Treffern«, sagte er strahlend. »So etwas funktioniert nur in Amerika.«
Eva schob den Topf auf dem Herd beiseite, trocknete sich die Hände ab und kam heran. Mit großen Augen blickte sie diesen seltsamen Menschen an.
»Also, das mussen Sie mir genauer erklären«, verlangte sie.
»Es ist nicht so einfach«, begann er vorsichtig.
»Ich bin nicht dumm«, gab ihm Eva zu verstehen. »Immerhin habe ich eine Schule besucht und nicht die schlechtesten Noten gehabt.«
»Das glaube ich Ihnen gern. Trotzdem sind Sie für mich etwas ganz Besonderes!«
Seine Stimme war zu einem nahezu geheimnisvollen Flüstern herabgesunken.
»Sie scheinen mir eine sehr clevere Frau zu sein. Daher hätte ich Ihnen ein ganz spezielles Angebot unterbreiten wollen.«
»Und warum tun Sie es nicht?«, fragte Eva frei heraus.
»Jetzt noch nicht«, lehnte er ab. »Ich muss erst abwarten, wie sich das Volumen entwickelt.«
»Also, ich weiß nun wirklich nicht, wovon Sie sprechen?«, fragte Eva ziemlich ratlos. »Können Sie mir denn nicht verraten, worum es dabei eigentlich geht?«
»Ich habe es bereits gesagt - um Geldgewinne, um große sogar. Ich bin sicher, dass sich bald in diesem kleinen Dorf viel verändern wird. Aber mehr möchte ich heute nicht verraten. Ich habe ein Gespräch mit dem Gastwirt.«
»Nun, dann lassen Sie sich nicht aufhalten«, riet Eva nachdenklich. »Ich will nicht verantwortlich sein, wenn Ihnen etwas durch die Lappen
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