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Ein Ami in Tirol

Ein Ami in Tirol

Titel: Ein Ami in Tirol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Steingruber
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seine Gattin schrieb sich Helene, wurde jedoch von ihm Leni genannt.
    »Leni«, sagte er an jenem Tag ganz und gar aufgeregt und schnaufte dabei wie ein Postgaul. »Leni, heut ist es soweit.«
    »Was?« fragte Frau Helene Rifeser begriffslos, denn sie war nicht besonders klug.
    »Der Amerikaner kommt!«
    »Zum Essen?«
    »Das ist doch unwichtig!«, rief der Ochsenwirt aufgeregt. »Reden will er mit mir wegen der amerikanischen Gesellschaft.«
    »Jesses«, sagte sie. »Wo man so reich davon werden kann?«
    »Genau«, bestätigte der Wirt. »Man hört's ja überall läuten, bloß weiß man nichts Genaues darüber. Aber vielleicht machst du doch ein Steak?«
    »Heiland, die Mutzenbergerin verlangt ein Vermögen für so ein Stückl Fleisch«, beklagte sie sich seufzend und wischte sich die Hände an der Schürze.
    »Wenn man was verdienen will, muss man zuerst etwas hineinstecken«, verfügte Jakob Rifeser. »Was soll denn der sich denken, wenn wir so kleinlich sind? Geh und hol das Fleisch. In einer halben Stunde wird er hier sein. Und zieh, bittschön, deinen dreckigen Kittel aus. Nicht, dass man sich genieren muss wegen dir!«
    »Das Steak könnt ich schon braten!«, rief die Loni aus ihrem Kücheneck, in dem sie mit Salatputzen beschäftigt war. »Ich weiß genau, wie man das macht, indem ich es ...«
    »Ja, wo du noch mit dem Schani aus Wien gegangen bist«, ächzte der Wirt. »Ich weiß.« Er wischte sich die Schweißperlen von der Stirn. »Brat es, und wenn es ihm nicht schmeckt, fliegt's dir an den Kopf.«
    »Das ist der Dank«, maulte Loni beleidigt. »Derweil bin ich schon länger bei der Gesellschaft als ihr.«
    Der Ochsenwirt riss die Augen auf und näherte sich langsam der Küchenhilfe.
    »Was sagst du da?«, fragte er ungläubig und verwirrt.
    »Ich hab' Anteilscheine«, sagte Loni stolz. »Und von dem Gewinn krieg ich auch etwas. So ist es geschrieben. Dann werd ich euch etwas pfeifen und euch den Puttel machen, damit du's weißt.«
    »Du hast«, ächzte er und wischte sich wieder die Stirn, »du hast eher mit dem Amerikaner verhandelt als ich?«
    »Freilich«, verkündete sie strahlend. »Weil ich die Gescheitere bin. Gar so viel wird nimmer übrig sein, denk ich mir. Bin ja gespannt, was euch da noch bleibt.«
    Er setzte sich und machte ein grüblerisches Gesicht. Plötzlich hellte sich seine Miene auf.
    »Und wenn ich dir deine Scheine abkaufen tät?«
    »Dann wäre ich blöd«, sagte Loni und rupfte ein Salatblatt entzwei, wobei sie versonnen lächelte. »Und blöd bin ich nicht, das musst du dir merken, Ochsenwirt.«
    »Aber ich könnt dir mehr geben, als du bezahlt hast«, versuchte er zu locken.
    Die Küchenmagd lachte hellauf.
    »Damit du hernach auch den Gewinn einstreichen kannst, ha?«, fragte sie listig. »Nein, meinen Gewinn möcht ich schon lieber selber haben. Und deshalb behalt ich meine Scheine.«
    »Für wieviel hast du denn gekauft?«, wollte der Ochsenwirt wissen.
    Daraufhin reckte sich Loni und bog stolz den Kopf zurück. »Das ist mein ganz persönliches Geschäftsgeheimnis«, erklärte sie mit fester Stimme.
    Nach einer Weile kehrte die Wirtin zurück.
    »Der Mister Brown scheint bei der Barbara zu sein«, erklärte sie. »Jedenfalls hab' ich seine Stimme gehört. Ob wohl die Mutzenbergerin mit ihm auch Geschäfte macht?«
    Jakob Rifeser gab seiner Frau keine Antwort. Er setzte sich auf einen der Küchenstühle und versank in dumpfes Brüten. In der Gaststube war nichts los. Die Woche über blieb sie meist verwaist. Bisweilen kamen am Abend ein paar Bauern, tranken einige Glas Bier und gingen wieder. An den Freitagen war etwas mehr los. Doch die Umsätze hielten sich in Grenzen; die Beißlwanger hatten kein Geld, um es in das Wirtshaus zu tragen. Lediglich am Schützenfest und zur Kirchweih saß der Schilling etwas lockerer, und man konnte im »Ochsen« von einem richtigen Geschäft sprechen.
    Knarrend öffnete sich nach einer Weile die Gaststubentür. Der Wirt erwachte aus seinem Brüten, sprang auf und watschelte geschwind hinaus.
    »Oh, der Mister Brown!« hörte ihn die Wirtin rufen und lugte durch den Türspalt. Brown trug einen Anzug und hatte seinen schwarzen Aktenkoffer dabei.
    »Einen wunderschönen Tag wünsche ich, Mr. Rifeser«, antwortete Brown überschwänglich. Der Wirt schüttelte mit seinen Pratzen die Rechte des Mr. Brown, so dass dieser ein wenig schmerzlich das Gesicht verzog.
    »Setzen wir uns dort drüben in die Nische«, schlug er dann vor. »Es kommt eh

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