Ein anderes Leben
wird abgesetzt. Kein Theater im Malersaal, keine Aufzeichnung im Fernsehen.
Die Situation ist vergiftet. Ein prominenter Freund von der Linken begegnet Enquist auf der Straße, packt ihn am Jackenkragen und zischt, erzürnt oder verzweifelt, was von beidem ist schwer zu entscheiden, Was zum Teufel macht ihr eigentlich!
Anders Ehnmarks Frau Annika betrachtet über einem Frühstückstisch die beiden zornigen, aber dem Anschein nach siegreichen Autoren und sagt lakonisch: Alles, was bei diesem Konflikt als Schlussresultat herauskommt, ist aufs Ganze gesehen, dass ihr und Allan Edwall Todfeinde werdet.
Sie grübeln schweigend darüber nach. War es das wert. War das politische Theater dazu verurteilt, in diese sehr private Sphäre abzugleiten?
Es ist wie ein Fluch. Alles, was sie machen, wird entweder fast gestoppt oder gestoppt, oder sie stoppen es selbst.
Sie schreiben ein Stück für das TV2-Theater, Fürstenspiegel , über die Medienlogik, die die öffentliche Debatte lenkt, über die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln, die den Kampf um die Köpfe bestimmen. Es handelt davon, wie die Männer und Frauen der wirtschaftlichen und politischen Macht versuchen, sich der Dramaturgie der Medien anzupassen. Kurz gesagt, ein Manual für Politiker und Machthaber, wie die Fürstenspiegel, die in Form kleiner Lehrbücher junge Fürsten in die Logik der Macht einführten.
Die Handelnden tragen alle ihre wirklichen Namen. Das ist zu dieser Zeit nicht so üblich. Unter ihnen befindet sich Seine Majestät der König, der wie die übrigen ein Medienproblem hat oder vielleicht nur von den Medien in die falsche Rolle gedrängt oder ganz einfach belogen worden ist. Die Mediendramaturgie hat mit großer Strenge vorgeschrieben, dass er einmal jedes Jahr Pfefferkuchen backen und im übrigen nett aussehen soll. Im Stück verwandelt er sich in einen brillanten Intellektuellen mit äußerst unerwarteten Kenntnissen und einer Belesenheit, die alle anderen Machthaber schockiert.
Das Fernsehen produzierte das Stück und plante die Aussendung in drei Teilen. Bei einer Probevorführung entdeckten die Autoren, dass das Stück kräftig umgeknetet worden war. Ein ehrgeiziger Regisseur hatte seine eigene Interpretation dieses Medienproblems gestaltet. Ein ganz und gar umgemodeltes Stück hatte das Licht des Tages gesehen, eine Figur war verschwunden, und ihre Repliken waren auf die übrigen Akteure verteilt, durch neue Texte waren neue Stränge geschaffen worden. Unter anderem war die Rolle des Königs total verändert.
Er war völlig neu modelliert.
In der ursprünglichen Version war der König eine Art Metapher gewesen, seine Persönlichkeit war befreit von dem Medienbild, das den Blick auf ihn bestimmte. Auf diese intelligente und begabte Person hatte die Fernsehleitung heftig reagiert. Es war doch allgemein bekannt, dass der König dumm war. Man wusste es aus den Medien. Die altbekannten Forderungen des Realismus nach Wirklichkeitstreue mussten daher zur Anwendung kommen und der König dumm gemacht werden. Also war der König mit Dummheiten ausgestattet und die Brillanz anderen zugeteilt worden.
Der Speer, den die Autoren gegen die Medien selbst geschleudert zu haben glaubten, und gegen die Dramaturgen der Öffentlichkeit, vollführte also auf wundersame Weise eine Wendung in der Luft, um statt dessen die Brust Seiner Majestät des Königs zu durchbohren.
Die beiden Autoren sagen deshalb stopp. Schon früher hatten Autoren mit unterschiedlichem Heftigkeitsgrad gegen grundlegende Verfälschungen ihrer Texte protestiert, aber nie zuvor eine Vorstellung gestoppt. Schon gar keine, die zu produzieren Millionen gekostet hat. Dies geschieht unter Hinweis auf Paragraph 3 des Urheberrechts, der besagt, dass ein Werk nicht so verändert werden darf, dass ›das literarische oder künstlerische Ansehen oder die literarische und künstlerische Eigenart des Urhebers beschädigt wird‹.
TV2 setzt angesichts dieser Klageandrohung die drei Folgen ab und zeigt statt dessen Wiederholungen englischer Kriminalstücke. Wie nicht anders zu erwarten, weckt dies ein gewisses Aufsehen. Die Reklameaushänger der Abendzeitungen dröhnen an diesen Dezembertagen.
KÖNIG DUMM
SAGT DAS FERNSEHEN
Den beiden Autoren schlägt beim Betreten des Sendehauses eine gewisse Kühle entgegen. Das ist jedoch vorübergehend. Sie schreiben auch einen Kriminalroman zusammen, Der Mann im Pool , auch dies eine Satire über die politische Welt Mitte der achtziger Jahre.
Eine
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