Ein anderes Leben
Theater wird. Sie sind beide frischgebackene Väter, in gewisser Weise von ihren Frauen versorgt und deshalb an der kurzen Leine gehalten. Er klopft bei dem Freund an und fragt dessen Frau, ob Leif mitkommen darf zum Tennis . Sie kann da schlecht nein sagen. Weil er als Kind keinen Freund hatte, zu dem er nach Hause gehen und fragen konnte, ob er mitkommen dürfe zum Spielen , ist dies eine neue Erfahrung.
Er regrediert mit Freuden. Die frühen sechziger Jahre sind eine günstige Zeit für an der kurzen Leine gehaltene Kinder, die jetzt herauskommen und spielen dürfen.
Zum Tennisplatz sind es fünf Kilometer, und die Freigelassenen haben nur ein Fahrrad zur Verfügung, aber mit Hilfe einer mathematischen Problemlösung aus der Gymnasialzeit – er war auf dem naturwissenschaftlichen Zweig – entwickeln sie eine Methode. Einer von ihnen fährt zweihundert Meter mit dem Rad, stellt es hin, geht rasch zu Fuß weiter, wird vom Freund, der jetzt das Fahrrad übernommen hat, überholt und so weiter. Er rechnet auf die Minute den mathematischen Zeitgewinn aus.
Kein Widerspruch zwischen Kindlichkeit und Essay über Burroughs.
Die unterirdische, bald überirdische Widerstandsgruppe in Uppsala hat Ableger in Göteborg, dem zweiten jungen literarischen Zentrum im Land, mit Agneta Pleijel, Carin Mannheimer, Jan Stolpe, Göran O. Eriksson und Lars-Olof Franzén, außerdem in gewissem Maße in Lund, aber nur marginal in Stockholm – möglicherweise Bengt Emil Johnson, der aus Dalarna stammt und deshalb Konkretist ist, mit starken Einflüssen von neuer brasilianischer Dichtung und Tristan Tzara. Die Hauptstadt besitzt jedoch die wirklich tödlichen Waffen, nämlich die Kulturseiten der großen Zeitungen, die die Festungsmauern bestücken. In diesem Bild fühlt er sich zu Hause. Kampf gegen die Stockholmer, heute wie damals.
Alle Begabungen jetzt außerhalb aufgestellt, zum Sturm bereit, die Sturmleitern in den Händen.
In Uppsala gibt es in diesen frühen sechziger Jahren eine Reihe sehr junger Intellektueller, oder sportlich ausgedrückt, dutzendweise vielversprechende Talente .
Lars Gustafsson, Madeleine Gustafsson, Leif Zern, Torsten Ekbom, Björn Håkanson, Tore Frängsmyr, Jan Stenkvist, Lars Bäckström, Kerstin Ekman, alle sind sie da. Vielleicht mit Studien beschäftigt, aber alle doch auf etwas anderes ausgerichtet.
In der Praxis kann man sich außerdem der Kulturseiten von Upsala Nya Tidning als Versorgungsbasis bedienen. Dort gibt es einen Feuilletonchef namens Hugo Wortselius, ein außerordentlich guter und natürlich völlig unbeachteter Filmkritiker ( eine Provinzzeitung! ) und gleichzeitig ein unermüdlicher Idealist, von dem es heißt, dass er gegen Nacht erschöpft über seiner Schreibmaschine einschläft, so dass sich die Typen in seine Stirn eindrücken. Es ist eine Wandersage. ›Die Warze‹, wie er genannt wird, pflegt seine Schriftstellerpflanzen mit Liebe und Großzügigkeit. Kurzer Artikel sechzig Kronen, langer Artikel hundertzwanzig.
Dies sind, gemessen an der Honorarentwicklung der Zukunft, in damaligem Geld schwindelerregende Summen.
Das Debütbuch öffnet die Pforte zur Schatzkammer der Warze. Er schreibt Rezensionen, todernst. Vergeblich bemüht er sich, vom Machtkampf des literarischen Dschungels unbeeinflusst zu bleiben. Vielleicht betreibt er Machtspiele, aber in seiner Vorstellung ist es nur ein lockendes Leben, das sich auftut.
Eigentlich ist er vollkommen glücklich.
Sein Debütbuch, Kristallögat, ist ein ziemlich niedlicher und gut geschriebener, aber im Grunde uninteressanter Roman, dem die Stockholmer Presse keine einzige Besprechung widmet, was finster ist, da diese doch aus ziemlich vielen Zeitungen besteht. Aber das Buch erhält eine kürzere und sehr positive Besprechung in Smålandsposten. Einer der Freunde erklärt, dass die Rezension in der Zeitschrift des schwedischen Hundezüchtervereins auch eindeutig positiv gewesen sei; er sucht nach der Publikation, findet sie aber nicht, es kann ein Scherz gewesen sein.
Schließlich, nach zwei Monaten, kommt eine Rezension in der Upsala Nya Tidning , die unmissverständlich klarstellt, dass dies wirklich nicht schlecht ist. So muss man den Artikel deuten. Der Rezensent ist Lars Gustafsson, der Querflötenvirtuose und Zimmernachbar bei den Fräulein Rothvik bis zum Hinscheiden der einen, doch der Artikel kann unter keinen Umständen als Gefälligkeitsrezension abgetan werden.
Alles ist also gutgegangen. Mit der Zeit wird sich
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