Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will - Zu Besuch in Afghanistan
waren immer ausverkauft.
Als ich 2002 den Publikums-Preis im Kabarett Die Wühlmäuse gewonnen hatte und diese Aufführung für den SFB (Sender Freies Berlin), dem heutigen RBB, aufgezeichnet wurde, war klar: ich will zum Fernsehen. Das kannst du nicht machen. Du bist Bühnenkünstler, das, was du machst, kann man unmöglich ins Fernsehen übertragen. Die Kurt Krömer Show entstand.
Jahre später bekam ich ein Rollenangebot im Hebbel-Theater in Berlin. Das kannst du nicht machen, du bist Komiker und kein Schauspieler.
Hauptrollen an der Schaubühne sowie der Volksbühne in Berlin folgten. Die Presse war entsetzt, aber das Theater immer ausverkauft.
Dann kam das Kino. Ein junger Regisseur, der in Köln gerade die Filmhochschule absolviert hatte, machte mir das Angebot, die Hauptrolle in seinem Film Eine Insel namens Udo zu übernehmen . Ein Debüt-Film. Ich sollte einen Underdog spielen, der mit dem Kurt Krömer, wie man ihn kennt, nicht das Geringste zu tun hatte. Ich wusste gleich, so etwas darf ich nicht machen. Ich sagte sofort zu. Die Zuschauerzahlen beliefen sich auf knapp hunderttausend. Für jeden Produzenten ein guter Grund, aus dem Fenster eines Hochhauses zu springen und sich auf dem Weg nach unten zu erschießen. Für mich nicht. Der Regisseur Markus Sehr zählt noch heute zu meinen besten Freunden, beruflich sind wir beide gut im Geschäft, und die DVD des Films hat in unseren Regalen einen Ehrenplatz. Wir würden den Film genauso noch mal drehen. Auch wenn wir die Meinung der gängigen Presse über so ein Vorhaben erahnen können.
Nachdem ich damals die fünfte Staffel von Krömer – Die Internationale Show beendet hatte, war ich mit dem, was ich auf Deutschlands Bühnen und im Fernsehen gemacht hatte, etabliert. Mit meiner Herkunft aus Berlin, mit meinem sonderbaren Klamotten-Stil, mit meinem Humor-Verständnis.
Für die erste Staffel Krömer-Late Night Show dachte ich mir: leg die bunten Klamotten ab. Wenn die Presse denkt, dich verstanden zu haben, das Schrille mittlerweile goutiert und dich somit wunderbar in eine Schublade packen kann, fang was Neues an.
Auch deshalb diese Reise nach Afghanistan. Nicht um zu beweisen, dass ich ein harter Hund bin, sondern um künstlerisch neue Türen zu öffnen. Warum sollte ein Künstler, selbst wenn er nur Komiker ist, dieses Thema ausklammern, wenn es ihn doch interessiert. Ich gebe zu, das Thema ist unangenehm. Ich habe es oft verflucht, denn die Arbeit an diesem Buch war sehr anstrengend, ich bin dabei nicht selten an meine Grenzen gestoßen. Auf der anderen Seite habe ich aber auch Freude daran, meine Prominenz für etwas Sinnvolles zu nutzen. Auch wenn anfangs beim Sender über die Afghanistan-Einspieler der Fernsehshow gesagt wurde: Das kannst du so nicht machen. Das ist ein Kriegsgebiet. Da sind Soldaten stationiert. Da leben die Taliban. Da gibt es Tote. Aber: Das Vorhaben, kleine Filme vom Besuch bei der Bundeswehr in meiner Sendung zu zeigen, gelang. Die Filme waren weder polemisch noch waren es Propaganda-Filme für die Bundeswehr.
Mit diesem Buch verhält es sich genauso. Wäre es nicht einfacher gewesen, einen Reiseführer über Berlin-Neukölln rauszubringen? Nein. Ich schreibe dieses Buch über Afghanistan. Und vielleicht irgendwann noch weitere. Zum Beispiel Kurt Krömer, der in einem Indianerdorf in der Hasenheide lebt und dann eines Tages bei Buddelarbeiten zur Errichtung eines Marterpfahls am Hermannplatz auf die Gebeine von Adolf Hitler stößt, anal verkeilt in Hermann Göring. Ich höre schon die Presse aufschreien, das kannst du nicht machen. Schade eigentlich.
Die erste Fahrt durch Kabul
Auch dieses Mal filmen wir wieder. Ich habe mir vorgenommen, eine Dokumentation aus meiner Sicht über den zivilen Teil Afghanistans zu drehen. Da es Aufsehen erregen könnte, mit unseren normalen, großen Fernsehkameras zu drehen, verwenden wir GoPros. Kleine Kameras, die die Größe von Streichholzschachteln haben, aber trotzdem sendefähiges Material liefern.
Wir bekommen die Anweisung, die GoPros nicht sichtbar im Auto anzubringen. Falls wir in eine Polizeikontrolle kommen sollten, würden sie uns weggenommen werden. La Fee dürfe immer so lange filmen, bis einer der Expats ihm sagt, dass er die Kamera lieber schnell verstecken soll. Die erste richtige Fahrt durch Kabul kann beginnen.
Wir sind vorbereitet. Wir wissen, dass wir uns nirgendwohin ohne Begleitung auf den Weg machen dürfen. Wir tragen unauffällige Kleidung, um uns nicht zum
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