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Ein Bär im Betstuhl

Titel: Ein Bär im Betstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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war ihm ja schon vor langer Zeit der Gedanke gekommen, dass die Menschheit nicht allein im Universum herumlief. Er hatte das Material, das im vergangenen Herbst vom Fachseminar im Wissenschaftszentrum Heureka veröf­ fentlich worden war, sorgfältig studiert. Er hatte zum Zeitvertreib sogar an dem Seminar teilgenommen, hatte versucht, für seinen Gott einen Stellvertreter zu finden, einen neuen Gott, irgendetwas, dass die ungeheure Leere ausfüllte, die der Verlust des Glaubens in ihm hinterlassen hatte.
    Natürlich begriff er, dass das Universum so uner­ messlich groß, so tief und weit war, dass der menschli­ che Verstand es nicht erfassen konnte. In diesem un­ endlichen Weltenmeer mussten, so sagte er sich, noch andere lebende und vernunftbegabte Wesen umherse­ geln, nicht nur die sündigen Menschen. Bestimmt wohnte irgendwo, vielleicht hundert oder tausend Licht­ jahre entfernt, auf einem anderen Planeten eine unbe­ kannte, intelligente Gemeinschaft, die das Leben auf der Erde still und amüsiert beobachtete und die möglicher­ weise über eine plausible Erklärung für die größten Geheimnisse des Lebens verfügte: für seine Entstehung und Entwicklung, für seinen Sinn, einfach alles.
    Auf dem Seminar im Heureka hatte es geheißen, dass die Menschheit das Weltall mit riesigen Radioteleskopen abhörte, ständig, Tag und Nacht, um Radiowellen einzu­ fangen, die möglicherweise auf die Erde gesendet wur­ den und die es zu entschlüsseln galt. Die Amerikaner befassten sich damit, zum Beispiel hatte die Universität von Kalifornien ein eigenes Serendip-Programm, das schon in den Siebzigerjahren begonnen worden war und sich jetzt in seiner dritten Phase befand. Auch andern­ orts interessierte man sich für die Anzeichen einer au­ ßerirdischen Intelligenz, ganz außerordentlich sogar, auf allen Kontinenten, in Europa, in Asien, Südamerika und natürlich auch in der Sowjetunion beziehungsweise im heutigen Russland, überall hatte man die Radiotelesko­ pe darauf eingestellt, eventuelle Botschaften fremder Kulturen zu empfangen.
    Doch obwohl die Menschheit ihre Ohren gespitzt hielt, war bisher keine einzige verständliche Funkbotschaft auf die Erde gelangt. Der schwarze Kosmos blieb stumm. Wenn dort irgendwo, in den Tiefen der Milch­ straße, ein göttlicher Verstand existierte, so schien er sich noch nicht für die Menschen zu interessieren, nicht für die Amerikaner, nicht für die Russen, für nieman­ den.
    Tanja, Sapperlot und Oskari lagen in der Schutzhütte, während das Lagerfeuer, das draußen brannte, ihnen die Füße wärmte. Im rußigen Topf kochte das Teewas­ ser. Jetzt im Spätsommer waren die dichten Mücken­ scharen von Solowezk vor den kühleren Temperaturen gewichen und plagten die Waldbesucher nicht mehr. Oskari Huuskonen erzählte Tanja von Gott, von seinem früheren Glauben und seinen neuen Gedanken über einen übermächtigen Verstand auf fernen Planeten, der möglicherweise existierte, ja, nach mathematischer Logik sogar existieren musste.
    Tanja fand, dass Pastoren sonderbar seien, und be­ sonders jene, deren Glaube Risse bekommen hatte.
    Oskari brachte einen Gedanken zur Sprache, der ihn bereits seit langem beschäftigte.
    »Ich stelle mir seit Wochen immer wieder die Frage, ob es wohl möglich wäre… Ich weiß gar nicht, ob ich dich überhaupt um so etwas bitten kann.«
    Tanja versprach, sich die Sache erst mal anzuhören. »Du arbeitest doch in der Telegrafenstation… Könnte
    ich nicht mal kommen und den Kosmos nach Geräu­ schen abhören? Es könnte doch sein, dass ich zufällig ein Signal außerirdischen Lebens von einem fremden Planeten empfange… Halt mich jetzt bloß nicht für völlig übergeschnappt.«
    Tanja war amüsiert. Da hatte sie also einen geschei­ terten Pastor vor sich, der nach einem neuen Gott such-te, und die Telegrafenstation von Solowezk war ganz sicher der richtige Ort, diesen Kontakt zum übernatürli­ chen Verstand herzustellen.
    Pastor Huuskonen ärgerte sich. Er stocherte beleidigt im Lagerfeuer und wandte sich dann Sapperlot zu. Der Bär steckte sein Maul unter Huuskonens Achsel und schnaubte lustig, das war seine Art von Humor. Plötz­ lich wurde Tanja übermütig, sie steckte den Kopf unter Huuskonens andere Achsel und schnaubte ebenfalls. Als Sapperlot dem Pastor das Gesicht leckte, tat sie es ebenfalls. Dann wurde sie ernst und fragte, auf welchen Frequenzen der Kosmos für gewöhnlich nach außerirdi­ schen Botschaften abgehört

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