Ein Bär im Betstuhl
schrottreifes atombetriebenes U-Boot gehandelt hatte, das man aus der Werft in Sewerodinsk hinausge schleppt hatte, um es in der Karasee zu versenken. Wer darüber sprach, riskierte sein Leben.
Pastor Huuskonen hatte etwa fünf Höhlenplätze ge funden, die sich nach seiner Meinung ausgezeichnet eigneten, und er zeigte sie Sapperlot. Er drängte den schläfrigen Bären, zur Tat zu schreiten und sich ein Winterquartier zu bauen, dazu holte er Moos und nahm Sapperlot richtig bei der Tatze, um ihm vorzuführen, wie man es machte. Sapperlot sah seinen Herrn verwundert an und schien sich zu fragen, welche Kunststücke der ihm wohl jetzt beibringen wolle, während Huuskonen annahm, dass der Platz dem Bären nicht gefiel, und so trabten sie weiter, um den nächsten zu prüfen. Auch den schien der Bär nicht zu mögen, also gingen sie zum nächsten. Diesmal zeigte der Pastor seinem Bären eine halb fertige Höhle: Es war ein Unterstand aus dem zweiten Weltkrieg, einst bewohnt von den nach Solowezk zur Ausbildung verlegten Rekruten der Rotbannerflotte. An der Straße, die zum Berg Sekirnaja führte, hatten sich die armen Burschen unter freiem Himmel diese Unterstände gegraben und darin irgendwie leben müs sen. Viele von ihnen waren erfroren oder an Krankheiten gestorben.
Erst jetzt schien Sapperlot zu begreifen, was sein Herr mit dem Moos und den Zweigen bezweckte. Er sollte sich eine Höhle bauen. Ha! So gezähmt war er noch nicht, und seine natürlichen Instinkte hatte er durch den Umgang mit den Menschen auch nicht verloren. Nachdem er die Idee verstanden hatte, fühlte er sich durchaus in der Lage, selbst eine Höhle zu bauen, aber
gut, die Hilfe des Pastors war nicht zu verachten, zu zweit ging es einfach schneller. Sapperlot buddelte mit seinen Vordertatzen das Schützenloch, das im Laufe der Jahrzehnte verlandet war, wieder aus. Huuskonen trug Moos und Zweige hinein. Als die Höhle nach Meinung des Bären tief genug war, riss er in der Nähe einen Kienstubben aus und stülpte ihn als Dach oben auf die Höhle. Wenn ein Bär mit anpackte, liefen auch die schweren Arbeiten wie geschmiert, freute sich der Pas tor, als sie in die Dachkonstruktion noch ein paar dicke verdorrte Kiefern steckten, die Sapperlot in der Nähe mitsamt der Wurzeln aus dem Boden riss.
Tanja kam zur Baustelle und brachte für den Pastor Tee und belegte Brote und für Sapperlot Walfleisch, aber der Organismus des Bären stellte sich schon auf den Winter ein, er hatte keinen Hunger mehr.
Nach ein paar Stunden war die Höhle fertig. Sapperlot gestaltete sie innen nach seinen natürlichen Instinkten und probierte dann aus, wie es sich darin lag. Er war in seinen Bewegungen schon recht steif, es war Ende September, der Winter kündigte sich an. Eine Woche zuvor hatte es Nachtfröste gegeben, und die Laubfär bung ließ die Birken am Ufer der Insel in allen Farben leuchten, jederzeit konnte der erste Schnee fallen, und das Meer würde wahrscheinlich bald zufrieren. Sapper-lot umrundete mehrere Male seine Höhle, um zu prüfen, ob sich im Gelände auch keine Außenstehenden beweg ten. Es war natürliche Vorsicht, begründet auf jahrtau sendealten Erfahrungen. Den Pastor betrachtete Sapper-lot selbstverständlich nicht als Gefahr, sondern als Freund, was ja auch den Tatsachen entsprach. Als schließlich der Zeitpunkt gekommen war, dass sich Sapperlot hinlegen sollte, verlangte er, dass auch der Pastor mit ihm in die Höhle kroch und Winterschlaf hielt. Er kam immer wieder heraus, um Oskari zu holen, versuchte ihn in seine Höhle zu locken, zog ihn am Ärmel und wurde sogar ein wenig ärgerlich, als der Pastor nicht gehorchte. Huuskonen fand, dass Sapperlot groß genug war, um allein zurechtzukommen, er hatte keine Lust, den ganzen Winter neben dem großen Bären zu schlafen. Außerdem konnte ihm Tanja in der Bären höhle keine Gesellschaft leisten, da sie ihren Dienst in der Funkbaracke versehen musste. Anders war es mit Sonja gewesen, die von der Höhle aus ihre Arbeit ge macht hatte.
Es war der elfte Sonntag nach Trinitatis. Der Text des Tages waren Vers eins und zwei aus dem zweiten Kapitel im ersten Brief des Johannes:
»Meine Kindlein, solches schreibe ich euch, auf dass ihr nicht sündiget. Und ob jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christum, der gerecht ist. Und derselbe ist die Versöhnung für unsre Sünden, nicht allein, aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen
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