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Ein Bär im Betstuhl

Titel: Ein Bär im Betstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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und kochten Tee.
    Oskari Huuskonen bat den Kommandanten der Tele­ grafenstation, Leutnant Andrej Makarow, einen fünf­ unddreißigjährigen schmächtigen Funkoffizier, um Erlaubnis, den Funkmast für seine Forschungen benut­ zen zu dürfen. Es werde in keiner Weise die eigentliche Tätigkeit der Station stören, sein Computer benötige lediglich ein Zusatzkabel. Er sei bereit, für die Benut­ zung des Anschlusses zu zahlen, denn er habe noch jede Menge Rubel aus seinem Autoverkauf. Der Leutnant erklärte, dass es eigentlich nicht gestattet sei, staatliche Anschlüsse an Außenstehende, geschweige denn an Ausländer zu vermieten. Aber da Huuskonen ihm be­ kannt und außerdem im Besitz eines gültigen Seemann­ passes sei, könne er inoffiziell dort sitzen und den Stimmen im All lauschen, sooft und solange er Lust habe. Eine Miete könne er, der Leutnant, somit nicht nehmen, aber als Gegenleistung könne Huuskonen nachts die Diensthabenden ablösen, und da er gut Englisch spreche, könne er vor allem den internationa­ len Seeverkehr hinter dem Weißen Meer und der Halbin­ sel Kola, sprich in der Barentssee, beobachten, die liege noch in der Reichweite der Solowezker Station.
    »Wenn es etwas Besonderes gibt, schreibst du einen Bericht, und Tanja übersetzt ihn ins Russische«, be­ stimmte Leutnant Makarow.
    Er händigte Huuskonen die Kopfhörer des Telegrafen und den Schlüssel der Baracke aus, allerdings mit der Bedingung, dass Oskari mit niemandem darüber reden dürfe.
    »Wie soll das gehen, ich kann kein Russisch.« Im Leben von Pastor Huuskonen begann eine Phase
    nie gekannter Aktivität. Er hatte jede Menge zu tun: Er musste bei Sapperlots Höhle vorbeischauen und prüfen, ob dieser in Ruhe seinen Winterschlaf hielt und von keinem Außenstehenden gestört wurde. Oskari machte es sich zur Gewohnheit, die Bärenhöhle drei Mal pro Woche zu inspizieren, er umrundete sie in einem weiten Bogen, um festzustellen, ob auch keine fremden Spuren im Schnee zu sehen waren.
    Er hatte außerdem begonnen, unter Tanjas Anleitung Grundkenntnisse des Russischen zu erwerben. Ferner befasste er sich mit der Geschichte der Insel Solowezk, und als er merkte, dass diese außerordentlich interes­ sant war, beschloss er, ein Buch darüber zu schreiben. Im Kloster existierte bereits ein Museum und eine Art Archiv, und mit Tanjas Hilfe konnte er die Dokumente studieren und Leute interviewen.
    Den größten Teil seiner Zeit beanspruchte jedoch das Abhören des Alls. Er konnte stundenlang unbeweglich und mit konzentrierter Miene auf seinem Stuhl in der Ecke der Funkbaracke hocken, wobei er hin und wieder
    auf den Bildschirm sah. Und er verlor nie die Geduld, auch wenn in den Kopfhörern nichts zu hören war, geschweige denn, dass auf dem Monitor irgendeine Botschaft oder inmitten des gleichmäßigen grauen Schnees wenigstens vage Schriftzeichen zu sehen gewe­ sen wären. Es war der magische Versuch einer Kontakt­ aufnahme, wie ein Gebet, auf das er eine Antwort erwar­ tete. Vergeblich, das All schien still und leer zu sein, aber Huuskonen ließ sich nicht beirren. Das Weltall war so unermesslich groß, dass es ein kleiner und dummer Mensch gar nicht erfassen konnte, und angesichts dessen war die Stille vollkommen natürlich. Die Mög­ lichkeit war trotzdem gegeben, sie war vielleicht nur sehr klein und theoretisch – aber immerhin. Und dann würde sie die Welt erschüttern. Die Weltkriege, das Entstehen der Religionen, das Aufblühen und der Nie­ dergang der Kulturen, all das waren, verglichen mit dieser Möglichkeit, Bagatellen.
    Ende November lag auf der Insel schon so hoch Schnee, dass er fast bis zum Knie reichte, und es herrschte ständiger Frost, oft unter zehn Grad minus. Huuskonen beschaffte sich Skier, die aus einer Fabrik in Petrosawodsk stammten, und machte damit seine Ausflüge zur Bärenhöhle, oft begleitete Tanja ihn. Am steilen Südhang des Berges Sekirnaja übten sie Ab­ fahrtslauf. Von diesem Berg waren seinerzeit aneinander gekettete politische Häftlinge lebend die vielen hundert vereisten Stufen hinuntergestoßen worden, in den siche­ ren und grausamen Tod. In den Jahren 1920-1937 hatte es in Solowezk ein riesiges Strafgefangenenlager gege­ ben, es hatte als Vorstufe und Modell für alle nachfol­ genden gedient, und in ihm waren abertausende Men­ schen getötet worden, durch grausame Folter, durch Hunger, Krankheiten und durch harte Arbeit. Die Kri­ minellen hatten die politischen Häftlinge

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