Ein Bär im Betstuhl
meh rere davon auch hier in Russland, das habe ich dir ja schon erzählt.«
»Ich wollte nur fragen, ob nicht die Geräusche aus dem All schon zur Genüge abgehört werden. Lohnt es da wirklich noch, dass du hier mit unseren niedrigen Mas-ten und diesem kleinen Bürocomputer deine Zeit ver schwendest? Ich meine nur!«
Huuskonen ließ sich durch Tanjas Zweifel nicht stö ren. Er war in Fahrt gekommen: Wenn andernorts Leute glaubten, mit einem Teleskop von mehreren hundert Metern Durchmesser eine Botschaft aus dem All auf schnappen zu können, bedeutete das nicht, dass diesel-be Botschaft, oder irgendein anderes Funksignal, auch über die Masten der Solowezker Telegrafenstation in Huuskonens Apparat und Kopfhörer gelangen konnten?
»Zum Glück ist eine ganze Kiste von dem Lochstrei fenpapier da, das reicht für den ganzen Winter«, freute sich der Pastor.
»Auf welcher Frequenz willst du die Botschaften emp fangen?«, fragte die Fachfrau Tanja.
»Tja… die Frequenz?«
Oskari Huuskonen musste zugeben, dass er sich mit Funktechnik nicht besonders gut auskannte, geschwei ge denn mit Astronomie. Konnte Tanja da nicht helfen? Schließlich war sie Spezialistin.
»Eine Frequenz sollte man jedenfalls als Erstes wäh len, es bringt nichts, kreuz und quer durch die Fre quenzbereiche zu zappen, das hat überhaupt keinen Zweck: Falls man eine Verbindung finden würde, würde man sie sofort wieder verlieren. Na ja, ich weiß auch nicht, dafür bin ich nicht ausgebildet.«
Zunächst überprüften sie, ob der Computer und das Datenausgabegerät funktionierten. Jawohl, beide waren in Ordnung. Die Ausgabespur war grau, aber Huusko nen ließ es gelten. Am nächsten Tag brachte er einiges von dem Seminarmaterial mit, dass er abends noch einmal studiert hatte, und erklärte, das er vorerst auf einer Frequenz von einundzwanzig Zentimetern üben wolle.
»In Amerika gehen sie auf einen Frequenzbereich von 423-435 Megahertz, aber uns reichen diese einund zwanzig Zentimeter, man soll nicht gleich zu viel versu chen«, entschied er. Letztendlich wusste auch er nicht,
was diese Angaben bedeuteten, aber irgendwo musste er ja anfangen. Wenn schon allein der Durchmesser der heimischen Milchstraße hunderttausend Lichtjahre und die Anzahl der Sterne tausend Milliarden betrug, so waren ein paar Zentimeter mehr oder weniger nicht entscheidend. Gemeinsam mit Tanja schloss er den Computer an die Funkgeräte der Telegrafenstation an, dann stülpte er sich die Kopfhörer über und setzte eine wissende Miene auf.
Sein Vorhaben hatte unter Tanjas Kollegen so viel In teresse geweckt, dass diejenigen, die Schicht hatten, ebenfalls wissen wollten, was über das Solowezker Tele grafenamt aus dem All an die Menschheit übermittelt wurde.
Nur Rauschen, sonst nichts. Als Huuskonen das an den Computer angeschlossene Datenausgabegerät ein schaltete, erschienen auf den Lochstreifen nur graue Punkte, pausenlos, endlos.
»Es ist nichts Vernünftiges zu hören«, konstatierte Tanja und reichte Oskari den Kopfhörer. Er sagte darauf nur, dass man nicht sofort Erfolge erwarten dürfe, be reits seit den Siebzigerjahren werde das All systematisch abgehört, und bisher habe man faktisch keinen Kontakt zu außerirdischen Kulturen herstellen können.
Tanja beobachtete den Pastor, wie er da auf seinem Hocker in der Ecke der Baracke saß und unter seinen Kopfhörern konzentriert auf das Rauschen im Kosmos horchte. Der Bildschirm des Computers blieb gleichmä ßig grau, kein Lebenszeichen war darauf zu erkennen. Sie sagte sich, dass sie da wirklich einen echten Liebha ber, einen ganzen Mann gefunden habe: Ein arbeitsloser finnischer Pastor erscheint auf der Insel, mitsamt einem Bären, der im Nachtklub des Kreuzfahrtschiffes tanzt und sich bekreuzigt, und damit noch nicht genug, der Kerl haust auch noch bei ihr und redet von einer außer irdischen Intelligenz, zu der er jetzt Kontakt aufnehmen will. Eine Frau konnte wirklich nie genau wissen, welche Trottel ihr das Schicksal so bescherte.
»Ich gehe jedenfalls nach Hause und mache Essen«, sagte sie seufzend. Huuskonen war so eifrig bei der Sache, dass er beschloss, über Nacht in der Telegrafen station zu bleiben. Die russischen Funker beobachteten eine Weile das Tun des finnischen Pastors, aber da anscheinend im Kosmos nichts Erwähnenswertes zu hören war, wandten sie sich ihren eigenen Aufgaben zu. Zwei Männer, die Freischicht hatten, öffneten eine Wod kaflasche
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