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Ein Ballnachtstraum

Ein Ballnachtstraum

Titel: Ein Ballnachtstraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jillian Hunter
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einem Bordell mitten in der Nacht. Hältst du mich für eine komplette Närrin?“
    Eloise hörte Freddies Antwort nicht, wusste nicht einmal, ob er etwas gesagt hatte. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Mann, der mit versteinerter Miene den Wagenschlag aufriss. Sie war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Er war wütend und verständlicherweise ungehalten. Als er aber ihrem Blick begegnete, schien sein Unmut sich zu legen, der harte Zug um seinen Mund wich, übrig blieb eine unwirsche Gereiztheit.
    „Ich … ich muss mich entschuldigen“, stammelte sie verlegen. „Wäre die Situation nicht so verzweifelt, wäre ich nicht gekommen.“ Oder wenn Sir Gabriel sie darüber aufgeklärt hätte, wohin er sie brachte, dieser niederträchtige Schurke.
    Sie beobachtete bang, wie Lord Boscastle tief Atem holte, um die Beherrschung nicht zu verlieren. „Miss Goodwin.“
    Einen flüchtigen Moment gestattete sie sich das verbotene Vergnügen, ihren Namen von seiner tiefen, weichen, wenn auch mühsam verhaltenen Stimme ausgesprochen zu hören. Dabei war Goodwin gar nicht ihr richtiger Name, sondern Jenkins, aber Eloise hatte in London ein völlig neues Leben beginnen wollen. Goodwin war der Name einer verstorbenen Tante mütterlicherseits. Diese leichte Verdrehung der Tatsachen war eine ihrer Meinung nach verzeihliche Notlüge, um ihre vergangenen Verfehlungen zu begraben und zu vergessen.
    Sie schüttelte schuldbewusst den Kopf. „Ich hätte Sie nicht belästigt, wenn ich gewusst hätte …“
    Wenn Sie was gewusst hätte? In Anbetracht seiner unordentlichen Erscheinung war es besser, nicht zu wissen, wobei sie ihn gestört hatte. Dummerweise hatte sie allerdings mehr als nur eine Ahnung. Sie war nämlich nicht so weltfremd, wie die meisten Leute vermuteten. Naivität erwies sich erfahrungsgemäß für eine Gouvernante nicht als Vorzug, sondern als Nachteil. Eine Frau in ihrem Beruf war ständig unmoralischen Anträgen ausgesetzt, denen sie sich allerdings bislang recht erfolgreich erwehren konnte.
    Aus ihren eigenen schmerzlichen Erfahrungen hatte sie bittere Lehren ziehen müssen, wobei sie nicht wirklich begriff, welche Schlüsse sie aus diesen Lehren für ihre Zukunft zu ziehen hatte. Musste eine Frau ständig auf der Hut sein, um sich vor Betrug und Verrat zu schützen? Waren alle Männer, die einer Frau ewige Liebe schworen, Verräter und Betrüger?
    „Was ist eigentlich los?“, fragte Lord Drake, der sie streng musterte.
    Sie schlug die Augen nieder, als er einstieg und ihr gegenüber Platz nahm. Wer hätte je gedacht, dass sie einen Mann um Hilfe bitten würde, der gerade ein Bordell verlassen hatte, ohne sich die Mühe zu machen, sich ordentlich anzuziehen? Sie starrte gebannt auf seinen entblößten Hals.
    Wie konnte ein Gentleman sich mit offenem Hemd und ohne Halsbinde in der Öffentlichkeit zeigen? Allerdings kam er aus einem Haus, wo alle Hemmungen zusammen mit den Kleidern an der Tür abgelegt wurden. Sie konnte von Glück sagen, dass er sich wenigstens die Hose zugeknöpft hatte.
    Er beugte sich unvermutet vor, seine Knie berührten die ihren. Eloises Herz machte einen Satz. Und dann wiederholte er seine Frage in diesem dunklen weichen Tonfall. „Was ist eigentlich los?“
    Sie hob den Blick. Die Nähe seines Gesichts, seine verwirrend blauen Augen machten sie benommen. „Sie sind nicht ordentlich zugeknöpft“, stellte sie fest, als sei er sich dessen nicht bewusst.
    Er zog seine buschigen Brauen ein wenig hoch. „Sind Sie mitten in der Nacht hierhergekommen, um mich darauf aufmerksam zu machen?“
    Sie sank in die Polster zurück. „Natürlich nicht. Wie hätte ich denn ahnen können, in welchem Zustand Sie mir begegnen?“
    „Ist Ihnen eigentlich klar, um welche Art Etablissement es sich hierbei handelt, Miss Goodwin?“, fragte er, und sie war froh, keinen spöttischen Unterton wahrzunehmen.
    Sie schluckte verlegen. „Ja.“
    Wieder sah er sie prüfend an. „Und dennoch haben Sie sich auf den Weg hierher gemacht?“ Seine einschmeichelnde Stimme jagte ihr einen prickelnden Schauer über den Rücken.
    Bevor sie antworten konnte, wechselte er den Platz und setzte sich neben sie. „Suchen Sie vielleicht eine lukrativere Position als die einer Gouvernante von einer verwöhnten jungen Dame?“
    „Gewiss keine Position, auf die Sie anspielen.“
    „Woher wollen Sie das wissen, bevor Sie sich darum bewerben?“
    „Ich bewerbe mich nicht um eine andere Position.“
    „Aber Sie wagen sich

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