Ein Ballnachtstraum
fiel rückwärts auf die Matratze. Ralph beugte sich mit einem höhnischen Grinsen über sie. „Ja, so ist es gut, Ellie. Wir machen es uns gemütlich und kuscheln uns aneinander.“
„Was willst du?“, zischte sie. Plötzlich war ihr Widerwille gegen ihn stärker als ihre Angst. Er stank nach Gin und kaltem Schweiß, obgleich seine Halsbinde sauber und sorgsam gebunden war. Er ist immer schon ein eitler Geck gewesen, dachte sie.
„Ich bin knapp bei Kasse, und du schuldest mir etwas.“
Sie wich angeekelt vor seinem säuerlichen Atem zurück und richtete sich zum Sitzen auf. Ihre Erleichterung, dass er nur Geld wollte, gab ihr Kraft. „Ich habe im Moment kein Geld. Mein Dienstherr ist mir bereits einen Monatslohn schuldig. Du musst dich gedulden und später noch mal kommen.“
„Du könntest mir etwas anderes geben.“ Er strich ihr mit dem Finger den Nacken entlang. Eloise wand sich vor Ekel, dachte daran, wie anders es sich anfühlte, wenn Drake sie berührte, dachte daran, wie er sie verteidigt hatte. Sie hätte ihm von Ralph erzählen müssen, aber aus Scham hatte sie geschwiegen. Aus Scham und in der Hoffnung, dass sie ihre Vergangenheit endgültig hinter sich gelassen hatte.
„Was ist das denn?“, fragte Ralph und schob den Finger unter die Perlenkette an ihrem Hals.
„Wonach sieht es denn aus?“, fauchte sie.
„Manchmal tut es mir leid, dass ich dich nicht geheiratet habe, Ellie“, meinte er grinsend. „Andererseits bist du für meinen Geschmack ein bisschen zu vorlaut geworden. Dumme und gefügige Frauen sind mir ehrlich gestanden lieber.“
Er begann ihre Wange zu streicheln und verharrte mitten in der Bewegung, als er unvermutet in den schwarzen Lauf der Duellpistole von Lord Thornton starrte, die Eloise unter ihrem Kopfkissen hervorgeholt hatte. Sie kauerte vor ihm, hielt die Pistole mit beiden Händen, die Ellbogen auf die Knie gestützt, damit er ihr Zittern nicht bemerkte.
„Hätte ich nur damals zugelassen, dass Mildred und ihr Vetter dich umbringen, wie sie es vorhatten“, zischte sie drohend.
Ralphs Gesicht verdunkelte sich. „Wenn ich diese Hexe in die Finger kriege, wird sie sich wünschen, sie hätte mich damals umgebracht. Du warst früher ein so süßes Mädchen, Ellie.“
„Ich bin kein süßes Mädchen mehr“, unterbrach sie ihn schroff. „Ich war zwei Jahre die Gesellschafterin einer alleinstehenden Baronin, eine leidenschaftliche Jägerin. Sie hat mir das Schießen beigebracht. Und wenn du mich nicht augenblicklich in Frieden lässt, jage ich dir eine Kugel durch den Kopf. Findest du das auch süß?“
Er lächelte ängstlich.
Sie richtete den Pistolenlauf in sein schmerzlich verzogenes Gesicht. „Falls du Mildred je wieder begegnen solltest, hoffe ich, dass sie dich endgültig unschädlich macht.“
Er hob begütigend die Hände und trat den Rückzug an, aber Eloise traute ihm keineswegs. Er hatte sich in ihrem Zimmer versteckt und sie mit einem Messer bedroht. Sie hielt die Pistole immer noch auf ihn gerichtet, als er schon an der Tür war. „Du verlässt das Haus durch den Garten, Ralph.“
Er schnaubte verächtlich und stieß mit dem Rücken gegen die Tür. „Warum denn?“
„Weil ich dich töte, bevor jemand erfährt, dass ich je etwas mit dir zu schaffen hatte.“
„Ich kenne den Weg durch den Garten nicht“, murmelte er.
Eloise konnte wieder freier atmen. Er war immer noch der wehleidige Feigling wie eh und je. „Ich zeige dir den Weg. Nur damit du Bescheid weißt, unten schlafen zwei kräftige Männer, die mir sofort zu Hilfe kommen, wenn ich schreie.“
Sie klang wohl überzeugend, da er sich von ihr ohne ein weiteres Wort nach unten bringen ließ und sich sogar bemühte, auf der Treppe leise aufzutreten.
An der Gartentür zögerte er und machte einen unbeholfenen Versuch, sie zu umarmen. „Gib mir einen Abschiedskuss.“
Sie stieß ihm den Pistolenlauf in die Rippen. „Fass mich nicht an“, füsterte sie voller Verachtung. „Und lass dich nie wieder hier blicken, sonst schicke ich dir Lord Boscastle an den Hals.“
Auf der Straße drehte er sich noch einmal um. „Lord wer?“, fragte er mit halb zusammengekniffenen Augen.
„Jemand, dem du in den üblen Spelunken, in denen du dich herumtreibst, bestimmt nicht begegnest.“ Sie stieß die Gartentür zu, als eine vornehme Karosse in die Straße einbog. „Ich glaube, seine Kutsche fährt gerade vor“, bemerkte sie aufgeregt hinter der Gartentür, am ganzen Körper schlotternd vor
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