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Ein Band aus Wasser

Ein Band aus Wasser

Titel: Ein Band aus Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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nicht beschreiben. Aber genau so fühlte es sich an.
    Dann begann Daedalus, die quatrième partie zu singen. Ich passte sehr genau auf. Da wir miteinander verbunden waren, waren seine Worte keine Worte, sondern Bilder, Gefühle und Bedeutungen, die direkt von seinem Kopf in meinen strömten. Auch ich begann, sie zu singen, obwohl ich sie noch nie zuvor gehört hatte. Es war ein schöner Zauber, elegant und präzise, verknappt geschrieben, ohne Aufschneiderei oder ungeschickt eingebaute Füllsel. Offen gestanden war der Zauber sehr viel besser, als ich es Daedalus zugetraut hätte – aber vielleicht stammte er auch gar nicht von ihm.
    Plötzlich änderte sich der Ton, und zwar genau in dem Moment, als ich ihn so bewunderte und gerade dabei war, ihn mir einzuprägen, auch wenn ich ihn zum ersten Mal sang. Und dann war es, als würde die Welt dunkel. Ich öffnete die Augen nicht. Ein schwerer grauer Schleier schien sich über uns zu senken und mich, Daedalus und den Kristall vom Rest der Welt zu isolieren. Angst kroch vom unteren Ende meines Rückens an mir hinauf, doch ich ignorierte sie, konzentrierte mich auf den Zauber.
    Der Zauber begann, den Kristall aufzuspalten, seine Schwingungen und seine Energie von der äußeren Form abzuspalten. Voller Schreck begriff ich, dass der einzige Weg, sich die Kraft eines Gegenstands anzueignen, darin bestand, ihn ganz und gar zu zerstören. Die Schwingungen wurden abgezogen, herausgelöst aus ihren Stützpunkten in dem vollkommenen, wunderschönen Gefüge ordentlich aneinandergereihter Atome. Wie ein Sturm, der Rosenbüsche von ihren Spalieren zerrt, entriss der Zauber dem Kristall nach und nach seine Energie. Es war verheerend. Fast wäre ich nach hinten umgefallen, als mich ein scharfer, deutlich wahrnehmbarer Energiestoß durchfuhr, sich in meine Brust bohrte, mich mit Licht und Feuer erfüllte.
    Meine Augen öffneten sich und starrten in den funkelnden schwarzen Blick eines alten Hexers. Sein Gesicht strahlte, er war jünger, seine Wangen gerötet und weniger eingefallen. Ein reißender, ungesunder Strom der Freude umspülte mich, als ich die gewaltige, ansteigende Kraft in mir wahrnahm, die so viel mächtiger war als alles, was ich je gefühlt hatte, sei es während eines Zirkels oder in jener Nacht mit den Katzen. Ich hatte das Gefühl, in der Dunkelheit zu leuchten, hatte das Gefühl, als könne ich die Straße hinunterlaufen und Bäume mit einem Wink zum Leben erwecken, Kinder gesund machen und mit nur einer Handbewegung jedes Problem lösen.
    Daedalus lächelte, als er meinen Blick sah. Ich merkte, dass er meine Hände fest umschlossen hielt und es mich nur deswegen nicht aus dem Zirkel geschleudert hatte, als die Energie in mich hineingefahren war.
    » Verstehst du es jetzt, Clio?« Seine Lippen bewegten sich nicht, aber ich konnte die Worte klar und deutlich hören. » Verstehst du jetzt, wie die Kraft von etwas anderem zu deiner werden kann? Verstehst du, wie sich Leben anfühlen kann?«
    Ich nickte sprachlos. Vor Verwunderung schwirrte mir der Kopf und meine Knie zitterten. Wenn ich den Mund öffnete, um etwas zu sagen, würde Licht daraus hervorströmen und diesen schwarzen Raum erhellen wie Sonnenlicht zur Mittagszeit.
    Ich war ekstatisch, unfassbar glücklich, erfüllt von Licht und Liebe und einer Macht, die jede Vorstellungskraft überstieg. Es war das allerunglaublichste Gefühl! Ich hatte ja keine Ahnung gehabt, dass so etwas überhaupt möglich war, und nun hatte ich in nur einem Moment erkannt, dass ich es wollte, es brauchte, es die ganze Zeit über haben musste. Und was jetzt?, dachte ich eifrig. Praktizieren wir noch einen Zauber, damit dieses Gefühl nicht vergeht? Wie lange wird es vorhalten? Kann ich etwas tun, um es zu vergrößern?
    Ohne Vorwarnung fühlte ich, wie es plötzlich nachließ.
    Erschrocken sah ich Daedalus in die Augen und fand darin bestätigt, was ich bereits wusste. Auch er wusste, dass es verblasste.
    » Nein, nein«, flüsterte ich. » Lass es nicht aufhören!«
    Er schüttelte den Kopf. Wir fuhren fort, gleichzeitig ein- und auszuatmen, ganz langsam. Die Kraft sickerte aus mir heraus, wie Knochen, die in der Sonne ausbleichten. Ich wollte weinen, als ich spürte, wie mich die Energie verließ, wie meine Freude, Leidenschaft, Macht und Stärke abklangen und mich mit weniger zurückließen als zuvor, mit gebrochenem Herzen, als blasser Widerschein dessen, was ich vor ein paar Minuten noch gewesen war.
    Ich fühlte mich vollkommen

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