Ein Band aus Wasser
verticken?« Spöttisch musterte er mich von oben bis unten und machte ziemlich deutlich, was ich seiner Ansicht nach verticken sollte.
Arschloch.
» Ich bin wegen Luc hier«, sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
» Soll ich dich nach Waffen filzen?«
Bei der Vorstellung, wie er mich abtastete, versuchte ich nicht zu zittern. Statt einer Antwort schenkte ich ihm ein sarkastisches Lächeln. Er trat von der Tür zurück, machte eine ausholende Bewegung und winkte mich herein.
Ich ging durch die Tür und achtete darauf, ihn nicht zu berühren, doch roch ich auch so das Waschmittel in seinen Kleidern, den Zigarettenrauch und … irgendetwas Würziges? Unverkennbar Richard. Ich kannte die Mischung nur zu gut.
Während ich an ihm vorbeiging, sog er den Atem ein. Aus dem Augenwinkel sah ich die braune glatte Haut seines Schlüsselbeins und die Stellen, an denen seine Tribal-Tattoos anfingen. Den Blick starr geradeaus gerichtet, ging ich den Flur entlang zu Lucs Zimmer, in dem ich noch nie gewesen war. Ironischerweise.
Ihr Apartment war die typische Hälfte eines Doppelhauses. Die Eingangstür öffnete sich zu einem langen Korridor hin, auf dessen rechter Seite einige Räume aneinandergrenzten. Zuerst kam das Wohnzimmer, das ich noch nie gesehen hatte. Ich wusste nicht mal, ob es möbliert war. Danach folgte Richards Zimmer mit nur einer Matratze auf dem Boden. Dann Lucs Zimmer. Am Ende des Flurs befand sich das Bad, und das letzte Zimmer, die Küche, war auf der linken Seite in einem Anbau und bildete zusammen mit dem Bad ein T. Die Decken waren mindestens dreieinhalb Meter hoch. An den Enden des Flurs sorgten zwei Messing-Kronleuchter für schwaches Licht. Die Wohnung wäre schön, wenn sie jemand mit ein bisschen Geld gekauft und renoviert hätte.
» Dann überlasse ich dich mal deinem Schicksal«, sagte Richard hinter mir, und ich hörte, wie sich die Tür zu seinem Zimmer schloss. Es musste ihn verrückt machen, dass ich hier war, um Luc zu sehen und nicht ihn.
Pech gehabt.
Ich klopfte an Lucs Tür. Er musste wissen, dass ich hier war, meine Stimme gehört oder meine Schwingungen gespürt haben.
» Lass mich rein«, sagte ich. Erst da bemerkte ich, dass er nicht allein war – ich fühlte die Gegenwart einer Frau. Mir klappte die Kinnlade herunter. Ohne nachzudenken, drehte ich den Knauf und drückte die Tür auf.
Luc saß auf dem Rand eines altmodischen Betts mit Kopf- und Fußteil. Er hatte ein Mädchen in den Armen, das sich die Hände vors Gesicht hielt, offenbar weil sie schluchzte. Sprachlos stand ich da und dachte: Mein Gott, sogar mit diesem Gesicht kriegt er die Mädels noch rum. Sie blickte auf. Und wieder war ich wie vom Donner gerührt. Bei dem Mädchen handelte es sich um Sophie, die wirklich schrecklich aussah. Ich wusste, dass sie und Manon sich getrennt hatten und Manon zu Axelle gezogen war – aber, ich meine, sie lag in Lucs Armen. Auf seinem Bett. Wollte er ihren kaputten Seelenzustand ausnutzen, um bei ihr zu landen?
Ich warf ihm einen eisigen Blick zu.
» Clio!« Er war eindeutig überrascht.
» Vergiss es«, sagte ich, trat einen Schritt zurück und zog mit Wucht die Tür ins Schloss. Mein Gesicht brannte und ich war wieder genauso wütend auf ihn wie zuvor.
» Clio, warte!«, rief er durch die Tür.
Sophie schluchzte erneut. Luc raunte ihr etwas zu, doch ich lief bereits empört durch den Flur und griff nach meinem Handy, um Racey anzurufen und sie im Amedeo’s zu treffen.
Erwartungsgemäß öffnete sich Richards Tür. Ein Rechteck aus Licht fiel in den Korridor. Ich wirbelte zu ihm herum.
» Na, hat dich das schön zum Lachen gebracht?«, zischte ich. » Du wusstest doch, dass er nicht allein war!«
Er tat so, als wüsste er nicht, wovon ich sprach, und blickte verwirrt drein: » Nein, wieso, da ist Sophie drin.«
» Ach komm schon, verarsch mich nicht!«, schrie ich. » Danke auch, du Idiot!« Ich drehte mich um und lief zur Tür. Richard holte mich ein, und da er ja sowieso nie ein Problem damit gehabt hatte, mich überall zu betatschen, packte er mich am Arm. Mit einem Ruck blieb ich stehen.
» Was habe ich denn jetzt bitte wieder gemacht?«, fragte er. » Ich habe ihr nicht gesagt, dass sie da reingehen soll. Und es ist doch nur Sophie.«
» Nur Sophie«, äffte ich ihn nach. » Und sie liegen auf seinem Bett und er hat seine Arme um sie gelegt!«
Richard warf mir einen seltsamen Blick zu. » Na ja, wir sind ja auch im Süden.«
Ich starrte ihn an.
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