Ein Band aus Wasser
mich mit Racey in der Innenstadt«, sagte ich. » Willst du mitkommen?«
Einen Moment hielt sie inne, als würde sie darüber nachdenken. Dann sah sie mich kühl an und schüttelte den Kopf. » Ich habe höllische Kopfschmerzen«, antwortete sie. » Vielleicht bin ich gegen irgendwas allergisch. Ich bleibe zu Hause und gehe früh ins Bett.«
» Okaaay.« Wir konnten die Sache nicht hier vor Nan klären, und wenn sie sich unbedingt so verhalten wollte, dann bitte schön. Ich legte das Geschirrtuch über das Spülbecken, um es trocknen zu lassen. Als ich aufsah, blickte mich Nan scharf an.
» Was denn?«
» Unsere Unterhaltung ist noch nicht beendet«, sagte sie.
Ich seufzte. » Bitte denk einfach daran, was ich alles hinter mir habe. Jetzt gehe ich jedenfalls erst mal zu Racey.« Ich betete, dass sie nicht plötzlich ein Machtwort sprechen und mir verbieten würde, zu gehen. Ich war nicht in der Stimmung für einen großen Kampf.
Ich konnte geradezu sehen, wie sich die Rädchen in ihrem Kopf drehten. Endlich nickte sie kurz. » Wir sprechen später darüber. Komm nicht zu spät.«
Ich nickte. » Okay. Ich hoffe, dir geht’s bald besser, Thais.«
» Ja, danke.«
Ich schnappte mir meine Tasche und die Autoschlüssel und verschwand.
7
Im Auto zog ich mein Telefon hervor und wählte Raceys Nummer, aber im letzten Moment drückte ich dann doch nicht auf Anrufen. Mit einer Hand lenkte ich den Wagen, während ich in der anderen immer noch das Telefon hielt und mich fragte, wonach mir eigentlich wirklich der Sinn stand. Was wollte ich tun? Mit wem wollte ich zusammen sein?
Mit niemandem. Mit jemand Neuem, Wunderbarem.
Irritiert fiel mir ein, wie mich Richard neulich, als Nan an Luc herumgefuhrwerkt hatte, an sich gezogen hatte. Niemand hatte mich je mit so schöner Regelmäßigkeit derart zur Raserei gebracht wie Richard. Wenn ich ihm nur ein für alle Mal dieses dämliche Grinsen aus dem Gesicht wischen könnte!
Und Luc. Bei der Göttin, was war nur mit ihm passiert? Einerseits fand ich es wirklich schlimm, andererseits war er ein lebendes Beispiel für das Gesetz der dreifachen Rückkehr. Er hatte schlechte Energie in die Welt ausgesandt und – siehe da – sie war zu ihm zurückgekommen.
Ich war erstaunt, wie sehr er angesichts seiner schrecklichen Veränderung resigniert hatte, nachdem er so lange wie ein Gott ausgesehen hatte, der auf der Erde wandelte. Er schien sein Los zu akzeptieren – er haderte nicht damit und sagte auch nicht, dass er es unfair fand. Für mich hieß das, er hatte durchaus verstanden, dass er etwas Schlechtes und Falsches getan hatte, wofür er bezahlen musste.
Richtig so.
Doch er tat mir auch leid. Nan sagte, er fühle sich wie ein Leprakranker, der durch die Stadt irrte. Die Leute um ihn herum schnappten bei seinem Anblick nach Luft und wandten sich ab. Wenn mir so etwas passiert wäre, hätte ich mich für den Rest meines Lebens unter meiner Bettdecke versteckt, oder zumindest so lange, bis das Ganze irgendwie wieder okay war. Aber immerhin hatte Nan gemeint, sein Gesicht würde langsam etwas besser aussehen.
Als ich aufblickte, sah ich, dass ich schon bei der Jackson Avenue angekommen war, also auf halbem Weg zum Stadtkern. Vielleicht … vielleicht würde ich Luc besuchen. Sehen, wie es ihm ging. Er verdiente meine Hilfe nicht und ich würde sie ihm auch nicht anbieten. Aber trotzdem, wenn schon alle bei seinem Anblick durchdrehten, wäre es bestimmt schön für ihn, mit jemandem zusammen zu sein, der mit seinem Gesicht umgehen konnte so wie es war.
7
Leider kam Richard an die Tür. Er war barfuß und trug seine Standarduniform, ein aufgeknöpftes kariertes Flanellhemd und abgewetzte Jeans. Sein von der Sonne gesträhntes Haar sah aus, als sei er gerade erst aus dem Bett gekommen. Um mich ein wenig aufzuheitern, hatte ich mir extra viel Mühe mit meinem Aussehen gegeben. Ich sah ziemlich heiß aus in meiner transparenten Bluse, durch die man meinen BH durchsehen konnte, und der engen roten Caprihose, die mir bis knapp unters Knie reichte.
Es war bereits dunkel, das Viertel jedoch gut beleuchtet, sodass ich praktisch unter einer Straßenlaterne stand. Stirnrunzelnd blickte ich zu ihm auf. Irgendetwas schien heute anders an ihm – er sah anders aus, aber inwiefern? Ich konnte es nicht sagen.
» Ich hatte gehofft, du wärst weg«, sagte ich unverblümt.
» Dann hast du wohl kein Glück«, erwiderte er. » Was gibt’s? Ziehst du seit Neuestem von Tür zu Tür, um was zu
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