Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs
hinreichend »sicher« für die Verarbeitung zu Tiernahrung galten. Doch dank eines wundersamen Verfahrens, bei dem die Firma, die es entwickelt hat, »die Reste erhitzt, das Fett in der Zentrifuge entfernt und das verbleibende Produkt mit Ammoniak behandelt«, brauchen wir »Rindfleisch«, das doch völlig in Ordnung ist, nicht mehr an Bello oder Flocki zu verschwenden.
»Eine Fleischmelange, die aus verschiedenen Schlachthäusern kommt«, so beschreibt die Times Ihr Abendessen, wenn Sie sich für die »American Chef’s Selection Angus Beef Patties« entscheiden - aber was, zum Teufel, heißt das eigentlich?
Wenn Sprecher der Fleischindustrie in die Fernsehstudios gekarrt werden, damit sie die Krise um den jüngsten Zwischenfall mit E.-coli-verursachten Krankheiten entschärfen, reagieren sie für gewöhnlich mit Mitleidsbekundungen für die Opfer, der Beteuerung, dass unser Fleisch sicherer ist denn je, und den wohlgesetzten, vernünftigen Worten, die sich immer gut gegen jegliche allgemeine Panikmache wegen Fleisch eignen. Aber wenn es an Detailfragen geht, werden sie überaus vorsichtig. Auf die Bitte, die Fleischreste zu beschreiben, die in einer bestimmten Hamburgermarke verwendet werden, kommt die lapidare Antwort, sie kämen aus Rinderteilen wie Roastbeef, Querrippe und Filet. Was natürlich streng genommen stimmt.
Aber welche Teile dieser Stücke? »Roastbeef«, »Querrippe« und »Rinderteile« klingt ziemlich gut, aber wir reden hier überwiegend über die fettigen äußeren Ränder, die viel eher mit Luft, kotverschmiertem Fell, anderen Tieren und weiteren möglichen Verunreinigungsquellen in Kontakt
kommen. Die Frage müsste eigentlich lauten: Welche dieser Reste hätten Sie noch vor wenigen Jahren nicht verwenden dürfen? Und was genau müssen Sie tun, damit sie als »sicher« eingestuft werden können?
Eine weitere aufschlussreiche Abartigkeit der fleischverarbeitenden Industrie besteht darin, dass viele größere Schlachthäuser ihre Produkte nur an solche lebensmittelverarbeitenden Betriebe verkaufen, die garantieren, dass sie sie erst auf eine Verseuchung durch E.-coli-Bakterien untersuchen, nachdem sie sie gemeinsam mit dem Fleisch aus anderen Quellen durch den Wolf gedreht haben.
Die Firma, die diesen Abfall zerkleinert (ehe sie ihn an unsere Schulen verkauft), kann demnach erst Tests vornehmen, wenn er bereits mit dem Fleisch vermischt ist, das sie aus anderen Schlachthäusern gekauft hat (manchmal bis zu drei oder vier verschiedenen). Die gute alte Strategie nach dem Motto: »Was, ich?« Der Punkt ist schlicht, dass diese Schlachthäuser es gar nicht genauer wissen wollen. Wenn sich nämlich herausstellt, dass etwas nicht stimmt, müssten sie womöglich etwas unternehmen, also etwa die Erzeugnisse zurückrufen, die sie an andere Lieferanten verkauft haben und für die sie verantwortlich sind.
Das ist, als verlangte ich von meiner neuen Flamme, dass sie erst mit vier oder fünf anderen Typen ungeschützten Sex hat, ehe sie mit mir ins Bett geht, damit sie später nicht mit dem Finger auf mich zeigen kann, wenn der Trippertest positiv ausfällt. Nach meinem Empfinden wäre es doch nur natürlich, wenn sie umgekehrt erwartet, dass ich mich testen lasse, bevor sie ins warme Bad meiner Playboyvilla steigt, und nicht danach.
Hier darf der Hinweis darauf nicht fehlen, dass McDonald’s und die meisten anderen Fast-Food-Ketten die fertigen Produkte erheblich häufiger testen als diejenigen, die ihnen das Zeug verkaufen, und auch erheblich intensiver als das Schulwesen. Was sich zwar bewundernswert anhört (oder zumindest vernünftig), aber doch auch einigermaßen absurd ist.
Die Pressesprecher der Fleischindustrie verweisen gern darauf, dass nur ein winziger Anteil ihrer Produktion zurückgerufen werden muss oder sich als problematisch erweist. Aber wir essen sehr viel Rindfleisch in den USA. So gering der Anteil auch sein mag - es sind immer noch verdammt viele Hamburger.
Ich will hier nicht klingen wie Eric Schlosser. Ich zähle mich nicht zu den Anwälten für alles Bessere, Sauberere, Gesündere und Menschlichere. Aber wissen Sie was? Die Cargill-Gruppe ist der größte privatwirtschaftliche Konzern Amerikas. Einhundertsiebzehn Milliarden Dollar Umsatz im Jahr. Und die glauben, an ihren Billigburgern noch ein paar Cent einsparen zu müssen, indem sie mit Ammoniak behandelten Müll einkaufen? Schlachtabfälle, die zermanscht, extrahiert, getrennt oder geschmolzen werden müssen, ehe man
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