Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs
jetzt. Wo alles durcheinandergerät.
Fleisch
D er große amerikanische Hamburger ist, meine ich, etwas Schönes, nobel und unverfälscht, mit schlichtem Charme. Das Grundrezept - Rinderhack, Salz und Pfeffer, zu einem Steak geformt und gegrillt oder in der Pfanne gebraten, dann in ein aufgeschnittenes Brötchen gelegt, für gewöhnlich, wenn auch nicht zwangsläufig, begleitet von grünem Salat, einer Tomatenscheibe und etwas Ketchup - kann für meine Begriffe weder von Menschen- noch von Gottes Hand verbessert werden. Ein guter Burger kann komplexer, ja, interessanter werden, indem man weitere Zutaten hinzufügt, etwa guten Käse oder Speck, vielleicht auch Relish, aber man kann ihn nicht verbessern.
Den Cheeseburger mit Blauschimmelkäse mag ich genauso gern wie jeder andere - wenn mir nach Blauschimmelkäse ist. Aber wenn ich einen Burger haben will, bleibe ich beim Klassiker: Fleisch und Brötchen.
So sollte man, meine ich, einen Hamburger essen.
Ich glaube, dass sich die Spezies Mensch so entwickelte - die Augen vorn im Kopf, lange Beine, Fingernägel, Eckzähne -, damit sie langsamere, dümmere Kreaturen jagen,
töten und essen kann; dass wir dafür geschaffen sind, Tiere zu erlegen und Fleisch zu essen - und wir als Spezies noch weiter kamen, als wir zudem lernten, es zu kochen.
Wir sind aber nicht dafür geschaffen, Scheiße zu essen - genauer gesagt, fäkale Kolibakterien, wie man sie nach einer Epidemie gern verschleiernd bezeichnet. Zehntausende von Menschen erkranken jedes Jahr an dem Zeug. Manche sterben elend daran.
Shit happens , sagt man so schön. Das kann man wörtlich nehmen. Meine Vermutung wurde bestätigt, als ich kürzlich den Bericht über eine besonders tödliche Epidemie mit dem O157:H7-Erreger las. Die Lektüre hinterließ bei mir Unglauben, Wut und Entsetzen, nicht so sehr, weil ein tödlicher Stamm E.-coli-Bakterien den Weg in unsere Nahrungsmittel fand und Leute daran erkrankten, sondern weil es andere, gesündere Burger gibt, die niemanden krank machten. Ich war mir dessen bewusst - ich meine, ich ging davon aus -, dass die tiefgefrorenen Fertighamburger, die für Großküchen und Schnellrestaurants vorgefertigt werden, dass diese billigen Fertigscheiben nicht gerade aus dem besten Fleisch hergestellt werden. Doch als ich in der New York Times las, dass laut Rezept des Lebensmittelgiganten Cargill für die Herstellung der »American Chef’s Selection Angus Beef Patties« nach üblicher Praxis unter anderem »Schlachtreste und ein breiiges Produkt aus Fleischabfällen« verwendet werden, dass »die Zutaten aus Schlachthäusern in Nebraska, Texas und Uruguay kamen sowie aus einem Betrieb in South Dakota, der Fettreste verarbeitet und mit Ammoniak behandelt, sodass Bakterien abgetötet werden « (meine Hervorhebung), war ich, na ja, überrascht.
Als ich mit dem Artikel fertig war, hatte ich größeres Vertrauen in Typen, die im Dschungel Kokain auf Plastikplanen herstellen oder in Unterhemd und Schutzbrille im Keller stehen und Heroin panschen, als in die Fleischindustrie. Ich aß deshalb nicht weniger Fleisch, aber mein Glaube war schwer erschüttert. Meine Grundüberzeugung, dass Fleisch, auch wenn es qualitativ nicht so hochwertig ist, trotzdem immer etwas »Gutes« ist, war ins Wanken geraten.
Halten Sie mich für verrückt oder idealistisch - aber wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, wenn man Hamburger zum menschlichen Verzehr herstellt, dürfte es niemals notwendig oder wünschenswert sein, dass die Zutaten mit Ammoniak behandelt werden. Oder mit einem beliebigen anderen Desinfektionsmittel.
Ich finde nicht, dass das zu viel verlangt ist - und mehr verlange ich auch gar nicht im Namen von uns Burgeressern. Nur so viel: dass die Zutaten, die in meinen Hamburger kommen, wenn sie vor dem Zerkleinern auf dem Tisch oder dem Schneidebrett liegen, dem ähneln, was sich ein Durchschnittsamerikaner unter »Fleisch« vorstellt.
Vergessen Sie bitte nicht, dass ausgerechnet ich das sage. Ich habe den kotverschmutzten Südzipfel des Warzenschweins gegessen, jede Spielart von Innereien, Ohren und Schnauzen wilder Tiere. Ich habe rohes Robbenfleisch verzehrt und Meerschweinchen. Ich habe Fledermaus gegessen. Das alles war als Tierprodukt zu erkennen und schmeckte (auch im schlimmsten Fall) mehr nach Hühnchen als nach einem NASA-patentierten Polymer.
Ein erheblicher Prozentsatz des Hamburgerfleisches in den USA enthält heute Reste der äußeren Teile des Tiers,
die früher nur als
Weitere Kostenlose Bücher