Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs
Außenministeriums arbeitet (zumindest habe ich den starken Verdacht). Er ist der inoffizielle Gourmetbotschafter für Spanien, spanische Produkte und spanische Köche. Man kann keine fünf Minuten mit dem Kerl reden, ohne dass er spanischen Schinken, spanischen Käse oder spanisches Olivenöl anpreist. Wenn José die Lippen bewegt, weiß man nie so richtig, wer gerade spricht: Ferran Adrià? Juan Mari Arzak? Andoni Aduriz? Oder die gesamte spanische Nation? Jemand schickt ihm Botschaften - man weiß nur nie so genau, wer. Am Ende weiß man nur, dass es sich immer um etwas Köstliches handelt.
Regina Schrambling ist Heldin und Schurkin zugleich. Sie ist sogar meine Lieblingsschurkin.
Die ehemalige Gastrokritikerin der New York Times und der LA Times und heutige Foodbloggerin kann man leicht als »die reizbarste Person, die über Essen schreibt« bezeichnen. Ihre wöchentlichen Blogeinträge bei gastropoda.com sind sehr emotional, regelmäßig macht sie ihrer Verbitterung, ihrem Ärger, ihrer Verachtung und Enttäuschung über eine Welt Luft, die anscheinend nie ihren Erwartungen entspricht. Sie hasst fast alles - und jeden -, und wenn nicht, dann hasst sie sich selbst, weil sie so etwas zulässt. Eine alte Wunde, eine längst vergangene Kränkung nagt ewig an ihr. Sie liest die Zeitung ihres früheren Arbeitgebers, die New York Times, mit Argusaugen - jeder Druckfehler ist der Beleg für eine weitere Qualitätsminderung -, und wenn sie einen Fehler entdeckt (und sie entdeckt immer einen), überschüttet sie ihre Opfer mit Hohn und Spott.
Sie hasst Alice Waters. Sie hasst George Bush. (Sie wird noch mit derselben blinden Wut auf ihn eindreschen, wenn er schon lange an Altersschwäche gestorben ist.) Sie hasst Ruth Reichl, Mario Batali, Frank Bruni, Mark Bittman und … mich. Sie hasst das gesamte korrupte, eigennützige Umfeld, in dem sie sich bewegt: eine tägliche Tortur, über die zu berichten sie sich jedoch verpflichtet fühlt. Sie hasst Heuchelei, Dummheit und Verlogenheit. Die Beständigkeit und Hartnäckigkeit ihrer Verachtung ist einmalig.
Sie ist außerdem sehr komisch - und manchmal hat sie sogar recht. Es lohnt sich immer, ihre Texte zu lesen, selbst wenn ich ganz anderer Meinung bin. Sie begeht ganz selten die größte Sünde der Restaurantkritik - langweilig zu sein.
Aber weil sie niedliche Spitznamen für ihre Opfer erfindet und nicht den Mumm hat, einfach zu sagen, wen sie meint, obwohl es jeder genau weiß, gehört sie zu den Schurken.
Wenn man Mario alle paar Wochen in die Suppe spuckt, sollte man ihn »Mario Batali« nennen. Nicht »Molto Ego«. Regina soll aufstehen und stolz verkünden, warum sie Mario Batali und alles hasst, was er in die Hand nimmt.
Und auch das macht sie zur Schurkin in meinem Buch: Gut und schön, man kann Mario persönlich und prinzipiell hassen, aber seinen Unternehmungen jeglichen Wert abzusprechen ist kriminell bösartig - vor allem für einen Gastrokritiker.
Frank Bruni heißt Frank Bruni, und nicht »Panchito«, wie sie ihn nennt. Aufgrund seines unentschuldbaren Vergehens, George W. Bush im Vorfeld der Wahl nicht ausreichend zu kritisieren (eine Sünde, mit der er ganz sicher nicht allein war), war fortan jedes Wort, das er als Restaurantkritiker der Times schrieb, vollkommen wertlos - oder noch schlimmer (für Miss Schrambling sowieso).
Ich halte Alan Richman für einen Arsch. Über ihn ein ganzes Kapitel zu schreiben hat richtig Spaß gemacht. Regina sollte sich genauer ausdrücken und die Zielscheiben ihres Spotts beim Namen nennen.
Heldin oder Schurkin, bei Regina Schrambling spielt das keine Rolle. Sie ist - selbst in ihrer griesgrämigsten, ungerechtesten und rachsüchtigsten Form - gut für die Welt der Restaurants und Gourmets: ein nützliches Brechmittel, ein Stachel im Fleisch, jemand, der in einem überfüllten Raum immer wieder »Feuer!« ruft. Man muss ihre tiefe, anhaltende Verachtung respektieren. Ich tue es.
Regina gehört zur aussterbenden Art der Gastrokritiker und Gourmets, die behaupten, sie würden gutes Essen lieben, aber insgeheim die Leute hassen, die dieses Essen zubereiten.
Das könnte bei genauerem Nachdenken ein Hinweis sein, dass sie eine untrügliche Menschenkenntnis besitzt, ist aber natürlich unschön. Andererseits muss es jemanden geben, der denjenigen von uns, die kochen, über Essen schreiben oder reden, regelmäßig ein »Bullshit« entgegenschleudert. Selbst wenn sie nicht recht hat. Es muss jemanden geben,
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