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Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs

Titel: Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Bourdain
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der uns im Auge behält. Und warum nicht Regina?
    Ich kann es kaum erwarten, ihren nächsten Blogeintrag zu lesen.

Alan Richman ist ein aufgeblasener Arsch
    D er Bereich, wo Köche, Autoren, Restaurantkritiker, Publizisten und Journalisten aufeinandertreffen, war schon immer schwammig, ein moralischer Sumpf, wo die Grenzen zwischen Richtig und Falsch in unausgesprochenem Konsens bewusst durchlässig gehalten werden. Das ist wie in einem endlosen Hinterwäldlerwitz: Jeder hat es mit den Schwestern der anderen getrieben. Alle in der Familie wissen es - aber wir vermeiden das Thema.
    Die New York Times müht sich redlich, sich von der Orgie aus Stolz, Eitelkeit, Gier, Völlerei und anderen Sünden fernzuhalten - indem ihre Kritiker traditionell so weit wie möglich anonym bleiben. Da werden falsche Identitäten, Perücken und andere Verkleidungen benutzt, damit der Autor nicht erkannt wird. Natürlich funktioniert das nicht immer. Jedes Restaurant mit ernsthaften Absichten auf einen Stern beschäftigt einen Angestellten, der in einem überfüllten Gastraum sofort Frank Bruni oder Sam Sifton erkennt. Ob das immer hilfreich ist, ist natürlich eine andere Frage. Immerhin muss man der Times zugestehen, dass ich noch nie
gehört habe, ihre Vollzeitrestaurantkritiker seien »bestechlich« und die Kritiken durch Gefälligkeiten oder Geschenke beeinflussbar. Nach allem, was man sich erzählt, ist es sogar riskant, ihnen besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen - und nicht unbedingt lohnend. Den Kritiker von der Times zu erkennen ist insofern nützlich, als dass man ganz genau darauf achten kann, es nicht zu versauen - aber das ist kein echter Vorteil. Die Köche, die es tatsächlich wagen, den Kritiker mit ein paar Extras zu verwöhnen, achten sehr genau darauf, sie auch den umliegenden Tischen zu servieren. Anonymität bietet keinen hundertprozentigen Schutz vor einer Sonderbehandlung. Aber es ist eine zusätzliche Maßnahme, die den Schwierigkeitsgrad erhöht - die moralische Version eines Taucheranzugs oder von Schutzkleidung, die den Mann (oder die Frau) von der Times vor der moralischen Verkommenheit im Sündenpfuhl aus Gratismenüs, sexuellen Diensten und anderen Gefälligkeiten schützt, in dem sie sich bewegen müssen.
    Journalisten, die über Restaurants und Köche schreiben, sollten ausdrucksstarke, unterhaltsame Texte liefern - gewürzt mit Geschichten aus dem Leben und ein paar guten Zitaten. Wichtiger ist jedoch noch eine Perspektive, die sich von der anderer Gastrokritiker unterscheidet. Ein Journalist sieht es ungern, wenn eine Website oder ein Foodblogger schon ausführlich über das Thema berichtet hat. Fairerweise muss man sagen, dass es extrem schwierig ist, neue Themen zu finden. Ein Journalist, der ausschließlich übers Kochen und über Restaurants schreibt, ist sich der Grenzen seines Genres schmerzlich bewusst. Die Möglichkeiten, einen bei Niedrigtemperatur gegarten Schweinebauch zu beschreiben,
sind nun einmal begrenzt, irgendwann landet man - wieder einmal - beim Wörtchen zart. Sich eine Beschreibung für einen Salat aus den Fingern zu saugen muss ähnlich sein wie zehn Jahre lang die »Penthouse Letters« zu verfassen: Die Wörter »knackig«, »säuerlich«, »herb« und »üppig« sind genauso schlimm wie »Möse«, »Fotze« und »Titten«, wenn sie in vorhersehbarer, langweiliger Prozession vor dem geistigen Auge aufmarschieren. Schlimmer noch, der Redakteur will, dass man in einer Woche einen Artikel über die »Ethnorestaurants in Queens« liefert, dabei hat sich ein einsamer Food-Nerd seit Jahren methodisch durch sämtliche Restaurants gefressen, Straße für Straße durchs ganze Viertel, und darüber pflichtgetreu in seinem Blog berichtet.
    Auch mit den armen Köchen muss man Mitleid haben. Zu ihren neuen Aufgaben in der schönen neuen Gastrowelt gehört auch, Restaurantkritiker wann immer möglich zu vereinnahmen, zu bestechen und auf andere Art zu korrumpieren. Die Pflege und Bewirtung des »vierten Standes«, der Presse (und ihres Bastards, der Foodblogger), ist eine wichtige Fertigkeit für jeden Küchenchef, der groß rauskommen will. Es reicht längst nicht mehr, gut zu kochen und eine Küchenmannschaft zu führen. Man muss all die Leute kennen und einschätzen lernen, die einem schaden könnten - und sie (so gut wie möglich) rechtzeitig ausschalten. Eine einprägsame schlechte Kritik kann ein großes Loch in die mühsam erarbeitete Reputation eines Restaurants reißen, und dann

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