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Ein bisschen schwanger

Ein bisschen schwanger

Titel: Ein bisschen schwanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Dunker
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losließ. »Das wird schon wieder. Kopf hoch.«
    »Ich lass den Kopf nicht hängen«, sagte ich, »ich will nur ein bisschen Ruhe. Eine Weile ihn nicht sehen. Das ist alles.«
    Sonja nickte. »Versteh ich doch. Ginge mir auch so. Soll ich die andern von dir grüßen?«
    »Egal.« Wir gingen zur Tür. »Grüß lieber deinen David, unbekannterweise, aber trotzdem herzlich.«
    Sonja lächelte, der Gedanke an David und den bevorstehenden gemeinsamen Abend ließ sie strahlen. »Ich stell ihn dir bei Gelegenheit vor.« Sie winkte noch mal, während sie die Stufen hinuntersprang, und ich schloss die Wohnungstür.
    Dann ging ich ins Schlafzimmer meiner Eltern und stellte mich hinter die Gardine. Von dort konnte ich sehen, wie sie unten aus dem Haus kam, auf die anderen zuging und bei ihnen stehen blieb. Patrick stellte offensichtlich Fragen. Da das Fenster geschlossen war, verstand ich kein Wort. Sonja zog die Schultern hoch und streckte die Arme aus, machte eine Geste, die sowohl Nicht-wissen als auch Nicht-wissen-wollen ausdrückte. Dann ging sie und Patrick sah zu unseren Fenstern hoch. Diesmal konnte er mich hier, wo ich stand, nicht sehen. Trotzdem kam ich mir vor wie eine Idiotin: Ich war viel zu früh in eine viel zu sehr von ihm bestimmte Liebesbeziehung gerutscht, ich hatte nicht nachgedacht, ich war zu jung, zu schwach, zu dumm gewesen und hatte Riesenfehler gemacht.
    Sonja dagegen machte alles besser, geschickter, selbstbewusster. Sie hatte etwas, worauf sie sich freuen konnte.
    Aber das hatte ich auch: Rabeas Geburtstagsparty. Ich wandte mich vom Fenster ab und begann ein neues Bild zu malen. Vielleicht war alles ja gar nicht so schlimm. Bestimmt würde ich schon in wenigen Tagen im Badezimmer erleichtert aufseufzen. Die restlichen Ängste würden dann auch verblassen, die Zeit würde Wunden heilen, Wogen glätten und Gras säen, wo jetzt aufgerissener Boden war.
    Irgendwann würde ich es auch schaffen, an Tim, Till, Melanie und Patrick vorbeizugehen und zu sagen: »Hallo, wie geht’s? Gut? Schön. Aber ich hab leider nicht viel Zeit zum Quatschen, ich will mit meinem Freund ins Kino.«
    Vielleicht würde es sogar der sein, der mir heute wieder mit seinen zweifarbigen Augen so nett zugeblinzelt hatte?

Sehnsüchte
    18. September
    Der letzte sommerlich heiße Tag des Jahres. Die Sonne gab noch mal alles. Eine paradiesische Farbenpracht. Die Löwen rekelten sich behaglich in der Sonne, die Papageien putzten ihr Regenbogen-Gefieder, die Seelöwen tollten durchs Wasser, die Felle der Zebras schienen wie mit Tusche gezeichnet.
    Martin tauchte bei mir im Streichelzoo auf, als ich gerade ein paar Kindern zeigte, wie sie mit den kleinen Zicklein umzugehen hatten.
    Unbemerkt hatte er sich an mich herangeschlichen und mir über die Schulter gesehen.
    »Mmh«, sagte er in mein Ohr, »heute riecht unsere junge Malerin ja lecker nach Ziege.«
    Ich erkannte die Stimme augenblicklich, drehte mich um, strahlte ihn an.
    Die Kinder, die um uns herumstanden, kicherten.
    »Sie riecht nach Ziege!«, rief ein kleines Mädchen.
    »Und er nach Raubtierhaus! «, sagte ich keck.
    Dabei musste ich an Sonja und ihren David denken, fragte mich, ob die beiden auch solche blödsinnigen Dialoge führten wie wir, und bekam vor Lachen einen Schluckauf.
    »Dir scheint’s ja gut zu gehen, Ziegenhirtin. Bist du bereit, dich vom großen Raubtierdompteur und Golfschlangenbezwinger zu einem Kaffee einladen zu lassen?«
    »Äh … « Ich war überrascht, aber nicht sprachlos. »Ich hab auf so was gehofft.«
    »Echt?« Jetzt strahlte er auch. »Rabea hat gesagt, ich dürfte dich für eine halbe Stunde entführen. Gehen wir ins Waldhaus?«
    Das Waldhaus war ein kleines Selbstbedienungscaf mit roten Plastiktischen unter hohen Bäumen, direkt am Spielplatz gelegen. Man bekam labberigen Kaffee und schlappe Pommes, Kinderteller mit Minischnitzel und giftgrünen Erbsen und natürlich Süßigkeiten in allen Farben der Palette: Liebesperlenketten, Schaumzuckerdrachen, Weingummitiere.
    So eins lag auf dem Unterteller neben meiner Kaffeetasse, die mir Martin hinstellte. Ein grünes Weingummikrokodil mit roten Augen.
    »Die sind gut. Ich hab auch eins.« Er ließ ein ähnliches Exemplar von seiner Untertasse über den Tisch zu meinem herüberkriechen und das winzige Gummimaul aufschnappen. »Ist ziemlich bissig, ich würde aufpassen.«
    »Meinst du, sie kann sich nicht verteidigen?«, fragte ich, schüttete rasch einen Schluck meines Kaffees in die Untertasse und

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