Ein bisschen schwanger
mich auf einem umgedrehten Eimer nieder, versuchte mich zu beruhigen und sah Rabea zu, die den Jungen anfuhr, beobachtete, wie die Mutter sich einschaltete, er habe doch nur spielen wollen.
Ich wollte nicht mehr denken, wollte ein Kind sein, das Ziegen scheucht, wollte nicht mehr weinen, schon gar nicht ohne richtigen Grund, ich wollte mich beruhigen, aber es gelang mir nicht, und je mehr ich mich aufregte, desto schlechter ging es mir.
Plötzlich sprang ich auf, rannte zur Toilette und übergab mich.
Als ich wiederkam, fuhr Rabea mir beruhigend mit der Hand über den Rücken, schob mich auf das durchgesessene Sofa in unserem kleinen Büro und schenkte mir eine Tasse Kamillentee aus ihrer Thermoskanne ein.
»Willst du nach Hause? Soll ich deinem Vater Bescheid sagen?«
»Nein, nein, danke, es geht schon wieder. Ich hätte den Kaffee nicht trinken sollen.«
»Du hast dich aufgeregt wegen deines Ex-Freundes. Das kann einem schon mal auf den Magen schlagen.«
»Ja, kann sein … « Ob das wirklich der Grund war? Ich hatte da meine Zweifel, sprach sie aber nicht aus.
»Vermisst du ihn?«
»Im Gegenteil! Ich bin froh, dass ich ihn los bin!«, rief ich heftig.
Rabea zuckte die Schultern. »Das hab ich mir auch immer gesagt, als Björn mich verlassen hat, dadurch war’s leichter zu ertragen, dass ich mit meiner kleinen Anna allein dastand. Er hat sich ziemlich blöd verhalten und mich sehr verletzt. Aber als wir uns später wieder vertragen haben, war ich trotzdem erleichtert.«
»Ich habe keinen Liebeskummer!«, stieß ich hervor. »Er kann mich nicht loslassen! Zwar macht er sich wohl gerade an meine beste Freundin ran, aber garantiert nur, um Melanie und mich auseinander zu bringen. Vielleicht will er sich damit an mir rächen, oder er hofft, mich eifersüchtig zu machen und auf diese Weise zurückzugewinnen.«
Rabea schwieg. Sie glaubte mir nicht, das konnte ich spüren. Verärgert stand ich auf. Noch immer war mir schrecklich übel, außerdem schwitzte ich ganz unangenehm. Oh, wie ich das hasste!
»Ihr denkt alle, ich würde mich überschätzen und mir wer weiß was einbilden, das ist aber nicht so. Schließlich war ich über ein Jahr mit ihm zusammen, und kein Mensch außer mir hat auch nur einen blassen Schimmer davon, wie das gewesen ist!«, rief ich.
»Ist ja gut«, sagte Rabea beschwichtigend, zog eine Zigarette aus ihrer Schachtel und drehte sie zwischen den Fingern herum. »Ich habe nicht vor, dir irgendwelche Ratschläge zu erteilen oder dich auszufragen. Du musst mir gar nichts erzählen, wenn du nicht willst.«
»Will ich auch nicht!«
Rabea nickte und rauchte. Ekliger Qualm! Warum sollte ich mit ihr reden? Alles störte mich, alles nervte mich! Ich war krank, und ich war offensichtlich dabei, mir hysterisch einzureden, ein Problem zu haben!
»Mir ist das egal. Hauptsache, Linda, du kommst trotzdem zu meinem Geburtstagsfest. Obwohl du jetzt so sauer auf mich bist.«
Sie stand auf, lächelte noch mal und ging hinaus, um ihre Arbeit fortzusetzen.
Ich blieb noch eine Weile allein im Büro, den Tränen nahe. Brauchte ich nicht vielleicht wirklich jemanden, mit dem ich reden konnte? Über Patrick hatte ich weder mit meinen langjährigen Freundinnen Melanie und Sonja noch mit meiner Familie so richtig gesprochen. Und über meine wachsenden Befürchtungen erst recht nicht. Aber mit Rabea reden? Ich kannte sie doch kaum! Gut, wir hatten miteinander Schweinemist weggeräumt, Stallböden geschrubbt und einen ganzen Nachmittag lang den Automaten repariert, an dem die Besucher Tierfutter kaufen können. Sie hatte meine Uhr, deren Armband gerissen war, aus einem Haufen Kuhscheiße gerettet und ich hatte ihr mit Stecknadel und Pinzette einen dicken Holzsplitter aus dem Handballen gezogen. Aber reichte das aus? Ich war so verdammt verunsichert.
Rabea
20. September, 17 Uhr
Rabeas Küche war klein und bunt. Die Wände waren hellgelb gestrichen und von oben bis unten mit Annas selbst gemalten Bildern behängt.
»Alles meine!«, erklärte Anna stolz, die mich durch die Wohnung führte. »Das da ist die Lotta, das auch, das ist die Mama und die Antonella, da die Ziegen und die Affen und da die Nashörner mit dem Papa … «
»Du hast ja deinen Papa auf einem Nashorn gemalt!«
»Ja! « Sie legte den Kopf schief, lächelte, angelte nach der Schale mit den Schokokugeln, die auf dem Tisch stand, griff mit feuchten, abgeleckten Fingern hinein und hielt mir welche hin. »Magst du?«
»Danke.« Ich sah von
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