Ein bisschen schwanger
an ihn erinnern, ich habe das Gefühl, es gibt ihn gar nicht, ich habe ihn mir nur eingebildet, er ist gar nicht mehr mein Freund … «
»Wie lange hast du ihn denn nicht gesehen?«, unterbrach mich meine Mutter erstaunt.
Ich dachte nach. »Vierundzwanzig Stunden.«
Sie musste lachen. »Ja, das ist wirklich schrecklich lange!« Das fand ich allerdings. Es war zwischendurch so viel passiert, dass es für vierundzwanzig Tage gereicht hätte.
»Vielleicht wird es dann Zeit, dass du ihn mal wiedersiehst.« Meine Mutter lächelte mir aufmunternd zu, stand auf und zahlte.
Ja, das wurde es. Es wurde wirklich Zeit, dass ich mal wieder an etwas anderes dachte als an das, was von der Beziehung mit Patrick übrig geblieben war.
Martin
30. September
Auf dem Weg zum Zoo rannte und schlich ich abwechselnd. Mal wurde ich von einer starken Vorfreude auf das Treffen mit Martin gepackt und sehnte mich danach, ihn zu sehen, dann wieder überfielen mich Zweifel, ob unsere Beziehung jetzt noch fortbestehen würde. Im Gegensatz zu Patrick war mit ihm immer alles so locker gewesen, dass ich jetzt gar nicht mehr wusste, ob es überhaupt ein festes Band gab. Und wie würde er auf die Nachricht von meiner Schwangerschaft reagieren? Würde er mich dann mit anderen Augen sehen? Mich fallen lassen? Damit mich nicht noch der Mut verließ, versuchte ich, mich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass ich höchstwahrscheinlich zuerst Rabea begegnen und von ihr schon eine Einschätzung der Lage und ein paar Tipps bekommen könnte, bevor ich Martin gegenübertreten würde.
Doch als ich das Bauernhaus erreichte, sah ich, dass beide mich bereits erwarteten. Meine Knie wurden weich. Bestimmt wusste er schon Bescheid.
»Schön, dass du kommst!«, rief Rabea, ließ die Mistgabel fallen, die sie gerade in der Hand gehabt hatte, lief auf mich zu und nahm mich in die Arme. »Wir haben schon befürchtet, wir sehen dich heute gar nicht!«
»Doch, doch«, murmelte ich schnell und blinzelte zu Martin hinüber. Er blieb auf der Stelle stehen und rührte sich nicht. Ich wusste: Auch zwischen uns hatte sich vieles verändert.
»Hat Rabea es dir gesagt?«, fragte ich beklommen.
»Ich hab’s mir gedacht.« Er senkte den Blick.
»Ich habe ihm nichts verraten!«, rief Rabea erbost. »Er hat sich alles selbst zusammengereimt.«
»Und?«, fragte ich leise und schluckte. »Ist das ein Problem für dich? Ich meine, willst du noch mit mir zusammen sein, obwohl ich von meinem Exfreund schwanger bin, oder … ?«
Martin sah mich weiterhin nicht an, berührte aber meine Hand. »Ehrlich gesagt, Linda, habe ich mich gestern Abend erst mal mit einem Freund betrunken.« Er lachte verlegen auf. »Das war auch ein Schock für mich.«
»Verstehe … « Meine Stimme war so leise wie in der Zeit mit Patrick.
»Also … ich hänge schon an dir. Andererseits weiß ich ja gar nicht, ob zwischen dir und deinem Ex wirklich hundertprozentig Schluss ist. Er rennt dir extrem hinterher, er liebt dich noch, und jetzt, da du nicht weißt, was du machen sollst, kann es ja sein, dass du zu ihm zurückgehst, er ist ja schließlich der Vater.«
»Nein!«, unterbrach ich Martin. »Das mache ich todsicher nicht.«
»Das sagst du jetzt … «
»Das sage ich nicht nur jetzt!«
»Hey Leute, streitet euch nicht!« Rabea versuchte, die angespannte Stimmung zu entkrampfen. »Ich hab’s dir doch gesagt, Martin, Linda kehrt nicht zu Patrick zurück. Eher paart sich Lotta mit einem Löwen, als dass die beiden wieder zusammenkommen!«
Martin lächelte ein wenig, war aber noch immer nicht überzeugt. »Sicher?«, fragte er.
»Ja«, sagte ich. »Und ich will dieses Kind auch nicht haben. Die Geschichte mit Patrick ist abgeschlossen, sie hat sowieso viel zu lange gedauert.«
Martin nickte und schwieg. Auch Rabea sagte eine Weile nichts, so standen wir einen Moment zusammen, bis Rabea in dem kleinen Büro verschwand, um Tee und Kekse zu holen.
»Also … «, sagte er, »dann bleiben wir also erst mal zusammen, okay?«
»Erst mal?«, fragte ich.
Er zuckte die Achseln. »Erst mal. So lange, wie wir wollen.«
»Okay«, sagte ich ernst. Dann holte ich tief Luft, gab der Erleichterung Raum und fügte hinzu: »Dann will ich jetzt erst mal geküsst werden, und zwar auch so lange, wie ich will!«
Ich schloss die Augen und entspannte mich. Sonnenlicht fiel mir warm ins Gesicht. Martins Lippen waren weich und zärtlich. Ich hatte ihn vermisst, ich liebte ihn, ich liebte das Leben, ich liebte mich
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