Ein bisschen verliebt - Rowen, M: Ein bisschen verliebt - Fanged & Fabulous (Immortality Bites 02)
vergeben. Ich habe ihn seither nicht mehr gesehen. Ich bin ihm aus dem Weg
gegangen. Und er ist mir aus dem Weg gegangen. Bis gestern Abend.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Das glaube ich nicht. So etwas würde er nicht tun. Das ist unmöglich.«
Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Es ist möglich. Meine Frau war sehr schön, und Thierry war allein. Sie war nett zu ihm, und er war geradezu besessen von ihr. Schließlich...« Er verstummte kurz, und ich merkte, wie sein Blick zu meinem verwundeten Hals wanderte. »Als ich eine Nacht nicht da war, hat er sie genauso gebissen, wie er Sie gerade gebissen hat. Alte Vampire wie Thierry sollten kein Blut mehr trinken. Ein mehr als fünfhundert Jahre alter Vampir braucht das nicht mehr; der Körper hat sich längst so entwickelt, dass er ohne fremdes Blut leben kann. Wenn sie es jedoch schmecken, wirkt es wie eine Droge, die sie wild und unbeherrscht macht. Wie Tiere, die nicht aufhören können zu beißen, bis ihre Beute tot ist.«
Ich betastete wieder meinen Hals und schwieg erschüttert.
Nicolai fuhr fort. »Ich glaube nicht, dass Thierry meine Elisabeth aussaugen wollte. Wenn ich ihn einer solchen Tat für fähig gehalten hätte, wäre ich niemals weggefahren. Es war, wie gesagt, ein Unfall. Als ich zurückkam, war sie schon seit einer Woche tot. Es gibt nichts in meinem Leben, das ich mehr bedauere.«
Ich hätte kein Wort von dem geglaubt, was Nicolai sagte, wenn ich den blutrünstigen Thierry nicht vorhin selbst erlebt hätte. Wäre ich jetzt tot, wenn Nicolai nicht in der Nähe gewesen wäre, um mich wiederzubeleben? Thierry
trüge dann die Schuld an meinem Tod. Bei diesem Gedanken erschauerte ich.
»Was hat er zu Ihnen gesagt, als Sie zurückgekommen sind?«, wollte ich wissen.
»Gar nichts. Er trat aus dem Ring aus und verschwand. Mein Hass hat über die Jahre nachgelassen, aber ihn wiederzusehen, hat mich mehr aufgewühlt, als ich jemals geglaubt hätte. Ebenso wie die Vorstellung, dass er nach all der Zeit endlich wieder jemanden gefunden hat, der genauso für ihn empfindet wie meine Elisabeth damals für mich.« Er wirkte angespannt. »Ich muss gestehen, dass ich ihm einen solchen Luxus nicht gönne.«
War das einer der Gründe, warum Thierry so war, wie er war? So vorsichtig? So beherrscht? Unfähig, sich einer anderen Person ganz hinzugeben? Weil er diese unglaubliche Schuld mit sich herumtrug, vor einhundert Jahren die Frau seines Freundes getötet zu haben?
Weil das mit ihm passierte, wenn er Blut schmeckte?
Nein. Darüber konnte ich jetzt nicht nachdenken.
»Wir haben gerade über Gideon und Ihren Plan gesprochen«, erinnerte ich ihn und schwieg dann einen Moment. »Ich möchte immer noch helfen, wenn ich kann.«
Nicolai schüttelte sehr ernst den Kopf. »Ich glaube nicht, dass das eine besonders gute Idee ist.«
»Sie haben doch gesagt, dass es Leute gibt, die ihn schnappen, wenn er mich umbringen will, oder? Und dass es für die Vampire eine große Erleichterung wäre – dass es ihnen helfen würde, ein bisschen weniger gejagt zu werden. Wenn ich die Chance habe, so etwas zu bewirken, kann ich das nicht ignorieren.«
»Ich weiß nicht, Sarah.«
»Mein Ruf wird sich nicht lange halten, und die Wahrheit wird bald ans Licht kommen. Gideon und die anderen Jäger werden herausfinden, dass ich nichts Besonderes bin. Also jetzt oder nie. Und wenn das außerdem bedeutet, dass auf Thierrys Kopf keine Belohnung mehr ausgesetzt wäre, muss ich es einfach versuchen.«
»Sie lieben ihn.« Das war keine Frage. »Sogar nach dem, was er Ihnen eben angetan hat. Sogar trotz allem, was ich Ihnen eben erzählt habe.«
Ich schluckte und wich einer direkten Antwort aus. »Er braucht nicht zu erfahren, dass ich das mache. Er muss nichts von Gideon erfahren. Schnappen Sie ihn einfach, wenn Sie die Chance dazu haben. Dann können wir alle versuchen, bis an unser Lebensende glücklich zu sein.«
»Sie sind sehr mutig.«
»Wahrscheinlich habe ich einfach nur zu viel Blut verloren.«
Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, und er blickte wieder auf meinen Hals. »Die Vampire der ganzen Welt werden Ihnen dankbar sein.«
Ich seufzte. »Sorgen Sie nur dafür, dass sie Blumen zu meiner Beerdigung schicken. Und noch etwas…«, ich stand von meinem Stuhl auf und packte seinen Arm, »… es tut mir unglaublich leid, was mit Ihrer Frau passiert ist. Ehrlich.«
Er starrte immer noch auf meinen Hals. Seine Augen schienen eine Nuance dunkler
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