Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Blatt Liebe

Ein Blatt Liebe

Titel: Ein Blatt Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
›Zwanzig-Pfennig-Basar‹ … übrigens, ich hab
ihn getroffen, den schönen Malignon, mit einer Dame … oh!
einer netten Dame, der kleinen Florence vom Varieté.«
    »Wo denn? Damit will ich ihn necken!« rief Juliette lebhaft.
    »Auf dem Boulevard. Kommt er denn heute nicht?« Aber sie erhielt
keine Antwort. Die Damen waren wegen der Kinder beunruhigt. Wo
konnten sie stecken? Als sie nach ihnen riefen, hörte man helle
Stimmen:
    »Da sind wir ja!«
    Sie waren wirklich mitten auf dem Rasenplatz, hinter einem
Strauch verborgen saßen sie im Grase.
    »Was macht ihr denn?«
    »Wir sind eben im Gasthof angekommen,« rief Lucien, »und ruhen
uns in unserm Zimmer aus.«
    Eine Zeitlang sahen ihnen die Erwachsenen belustigt zu. Jeanne
überließ sich ganz dem Spiele. Sie rupfte Gras um sich her,
wahrscheinlich, um das Frühstück herzurichten. Jetzt plauderten sie. Jeanne redete Lucien ein, daß
sie sich in der Schweiz befänden und bald aufbrechen wollten, um
die Gletscher zu besteigen, was den Knaben sehr verdutzte.
    »Ei, sieh da! da ist er ja!« rief plötzlich Pauline.
    Frau Deberle drehte sich um und erkannte Malignon, der die
Stufen herabkam. Sie ließ ihm kaum Zeit zu grüßen und einen Stuhl
zu nehmen.
    »Nun, das muß ich sagen: Sie sind ein netter Herr! In der ganzen
Stadt zu erzählen, daß ich bloß Kitsch in meiner Behausung
hätte!«
    »Ach richtig!« versetzte er mit Ruhe, »den kleinen Salon
dort … gewiß, das ist Kitsch … Sie haben keinen einzigen
beachtlichen Gegenstand.«
    Sie war sehr verletzt.
    »Wie! und die Pagode?«
    »Ach, reden Sie doch nicht! Das ist doch alles spießig … Es
fehlt an Geschmack, mir haben Sie ja das Einrichten nicht
überlassen wollen.«
    Da fiel sie ihm, puterrot, zornig in die Rede.
    »Ihr Geschmack! Na, lassen wir das lieber! Ihr Geschmack ist
wirklich fein – man hat Sie mit einer Dame gesehen!«
    »Mit einer Dame?« fragte er, durch die Grobheit des Angriffs
verdutzt.
    »Eine famose Wahl! Mache Ihnen mein Kompliment! Eine Dirne, von
der ganz Paris … «
    Aber sie schwieg, als sie Pauline bemerkte.
    »Pauline, geh doch eine Minute in den Garten!«
    »Aber nein! das ist doch abscheulich!« rief das junge Mädchen
und sträubte sich. »Immer wirft man mich hinaus.«
    »Geh in den Garten!« wiederholte Juliette mit
Strenge.
    Pauline ging; aber an der Tür wandte sie sich nochmals um und
sagte:
    »Mach wenigstens ein bißchen schnell!«
    Jetzt fiel Frau Deberle von neuem über Malignon her. Wie konnte
ein vornehmer junger Mann wie er, sich öffentlich mit einer
Florence zeigen? Sie war mindestens vierzig, zum Fürchten häßlich,
das ganze Orchester duzte sie …
    »Bist du fertig?« rief Pauline, die unter den Bäumen schmollend
auf und nieder ging. »Ich langweile mich wie ein Mops.«
    Malignon verteidigte sich. Er kannte diese Florence nicht, hatte
niemals ein Wort mit ihr gewechselt. Mit einer Dame hätte man ihn
ja wohl sehen können. Er begleite bisweilen die Frau eines seiner
Freunde. Übrigens, welcher Spion wäre es denn, der ihn gesehen
hätte? Er verlange Beweise, Zeugen …
    »Pauline,« rief plötzlich Frau Deberle, die Stimme hebend,
»nicht wahr, du hast ihn mit Florence getroffen?«
    »Jawohl, ja,« antwortete das Mädchen, »auf dem Boulevard,
gegenüber von Bignon.«
    Über Malignons verlegenes Lachen triumphierend, rief Frau
Deberle:
    »Pauline, du kannst wieder hereinkommen. Die Geschichte ist
erledigt.«
    Die Damen hatten über diesem Gespräch nicht auf die Kinder
geachtet. Lucien erhob plötzlich lautes Geschrei.
    »Was hast du ihm getan, Jeanne?« fragte Helene.
    »Ich hab ihm nichts getan, Mama. Er hat sich auf die Erde
geworfen.«
    Die Wahrheit war, daß die Kinder soeben von den
eingebildeten Eisbergen zurückgekehrt
waren. Da Jeanne die Behauptung aufstellte, daß sie über Berge
gestiegen kämen, hatten sie die Füße sehr hochgehoben, um über die
Felsen zu klettern. Lucien aber hatte dabei einen Fehltritt getan
und war mitten in ein Beet gefallen. Als er am Boden lag, hatte er
sich geärgert und fing zu schreien an.
    »Heb ihn auf!« rief Helene wieder.
    »Er mag nicht, Mama, er wälzt sich.«
    Und Jeanne wendete sich ab, als ob sie sich durch den Anblick
des schlecht erzogenen Jungen verletzt fühlte. Er konnte gar nicht
spielen, mußte sich jedesmal schmutzig machen. Da bat Frau Deberle,
durch Luciens Schreien beunruhigt, ihre Schwester, ihn zur Ruhe zu
bringen. Pauline war das ganz nach Wunsch. Sie lief hinüber und
wälzte

Weitere Kostenlose Bücher