Ein Boss zum Träumen
hatte, wurde ihm ganz mulmig zumute. Worauf hatte er sich da bloß eingelassen?
„Guten Morgen, Miss Emma“, begrüßte er sie.
Sie pickte etwas Rührei mit ihrer blauen Plastikgabel auf, aber da es wieder herunterfiel, half sie mit den Fingern nach und stopfte es sich in den Mund.
„Sag ‚Guten Morgen, Kincaid‘“, forderte Shana sie auf, während sie Toast, Speck und Eier auf zwei Teller verteilte.
Angriffslustig sah Emma ihn an. Diesen Blick beherrschte sie so perfekt, dass Kincaid fast gelacht hätte. Er sollte es sich besser verkneifen, denn er wollte sie nicht ermutigen. Wie sollte er sich überhaupt ihr gegenüber verhalten? Einigen Menschen fiel der Umgang mit kleinen Kindern ganz leicht, aber er hatte keinerlei Erfahrung damit – vor allem nicht mit Kleinkindern.
„Iss, solange es heiß ist“, riet Shana ihm, während sie seinen Teller vor ihn hinstellte.
„Hm, sieht gut aus.“ Er wartete, bis sie sich ebenfalls hingesetzt hatte, ehe er zu essen begann. Wann hatte ihm das letzte Mal jemand ein Frühstück gemacht? Normalerweise aß er nur eine Schale Cornflakes oder ging auf dem Weg zur Arbeit in einen Coffeeshop.
Sie aßen schweigend. Emma hatte wieder zu plappern angefangen. Er hatte keine Ahnung, was sie sagte, obwohl sie manches Wort klar und deutlich aussprach.
„Hast du gut geschlafen?“, wollte er schließlich von Shana wissen.
Sie hörte auf zu kauen. „Was soll das denn heißen?“
Oje. Es klang, als sei ihre Nacht noch unerfreulicher gewesen als seine. „Gar nichts. Ich wollte nur höflich sein. Schließlich leben wir zusammen. Da kann ein bisschen Freundlichkeit nicht schaden.“
„Wir leben nicht zusammen.“ Sie stellte ihren leeren Teller in den Spülstein. „Ich arbeite für dich. Das ist der einzige Grund, warum ich in deinem Haus wohne . Aber wir leben nicht zusammen.“
„Akzeptiert.“ Er reichte ihr seinen leeren Teller, den sie ihm fast aus der Hand riss. „Erwartest du eine Entschuldigung von mir wegen gestern Abend?“
„Nein.“ Sie kehrte ihm den Rücken zu, während sie Teller und Tassen abspülte, bevor sie es in den Geschirrspüler sortierte.
„Okay. Was kann ich also tun, damit du dich wohlfühlst?“ Anspannung in seinem Haus war das Letzte, das er wollte.
„Fertig?“, fragte sie Emma.
„Alles fertig.“ Sie griff nach ihrer Schale und gab sie Shana, die sie mit dem restlichen Geschirr auf ein Tablett stellte und zum Ausguss trug.
„Ich entschuldige mich, okay?“, sagte Shana zu der gefliesten Wand vor ihr. „Wir haben die Kontrolle verloren. Ich glaube, wir waren beide nicht ganz bei Sinnen – jedenfalls was mich angeht. Aber damit ist es jetzt vorbei.“
„Womit?“ Ihre Verwirrung amüsierte ihn.
Seufzend drehte sie sich zu ihm um. „Das Küssen. Diese … Neckerei.“
„Ach, das meinst du.“ Neckerei. Interessante Wortwahl. „Das war nur so ein … Versehen. Wir mussten es einfach tun, um die Sache hinter uns zu bringen.“
Sie musterte ihn ebenso scharf, wie Emma es zuvor getan hatte. „Und? Hast du es hinter dich gebracht?“
Ganz und gar nicht. „Nun ja, ich könnte dich jetzt belügen, aber wir wollten ja ehrlich zueinander sein. Ich bin schließlich erwachsen. Und wenn man mich nicht will, dann dränge ich mich auch niemandem auf.“ Er hatte keine Lust, weiter darüber zu diskutieren. „Passt Aggie heute auf Emma auf?“
„Aggie!“, rief Emma, als Shana ihr den Mund abwischte.
„Ja. Sie kann den ganzen Tag bei ihr bleiben, wenn es sein muss.“
„Gut. Ich weiß nämlich nicht, wie lange wir brauchen werden. Wir treffen uns bei den Orwells, wenn du Emma weggebracht hast.“
„In Ordnung.“
Verdammt, war sie hübsch! In ihren Jeans und dem karierten Hemd sah sie sehr weiblich aus – obwohl sie die Sachen wahrscheinlich angezogen hatte, weil sie glaubte, darin ganz und gar nicht sexy zu wirken. Das Hemd hatte sie bis zum vorletzten Knopf geschlossen, damit er nichts von ihren Brüsten sehen konnte. Er erinnerte sich daran, wie sie sich am Abend zuvor gegen seinen Oberkörper gepresst hatten – weich und fest und warm. Wie gern hätte er sie gestreichelt …
Mit Emma auf dem Arm folgte Shana ihm. Er drehte sich um und legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Alles in Ordnung?“, wollte er wissen.
„Klar.“
Er verstand die Botschaft. Diese Arbeit bedeutete ihr alles – ebenso wie ihr guter Ruf. Sie musste eine Grenze ziehen zwischen dem, was sie brauchte und dem. was sie wollte. Genau wie er.
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