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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Menton
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und ihre Stimme zitterte, weil alles, was gerade mit ihr und um sie herum geschah, sie aufwühlte und ihr alle Ruhe und Selbstgewissheit stahl, die sie sich wie einen Panzer über ihre zerbrechliche Seele gestülpt hatte, seit sie an Michael so tragisch gescheitert war.
    „Wer hat mich vermisst?“
    „Ich“, sagte Julien und nun brach auch seine Stimme. „Von mir wurdest du vermisst, meine kindliche Kaiserin …“ Bei den letzten Worten zog er sie an sich und schloss sie in seine Arme.
    Und obwohl fünfzehn Jahre nicht wie ein Tag vergehen und Leben in einem solchen Zeitraum zu Schicksalen werden, schien in diesem Moment die Zeit rückwärts zu laufen und es war, als wären sie erst gestern von einander geschieden.
    Julien hielt Yuna eine Weile beschützend im Arm, dann küsste er ihr mit sanfter Zärtlichkeit die Tränen von den Wangen und als sich ihre Lippen wie in Trance fanden und zu einem Kuss vereinigten, war er salzig wie das Meer.

    Alles, was darauf folgte war für Yuna wie eine Offenbarung.
    Aus dem schüchternen, schlaksigen Jungen, der sie als Fünfzehnjährige mit einem zarten ersten Kuss beglückt hatte, war ein Mann geworden… aus jugendlicher Zärtlichkeit… leidenschaftliches Verlangen. Und so wie er am Leben gewachsen war, so hatte sich auch Yuna weiter entwickelt und Erotik und Sinnlichkeit als berauschende aber auch schmerzhafte Glückserfahrung erlebt.
    Nun standen sich zwei Freunde aus Kindertagen als gereifte Menschen gegenüber, die im Banne dieser außergewöhnlichen Schicksalhaftigkeit ihrer Begegnung an diesem ebenso außergewöhnlichen Ort einander umklammerten und mehr denn je begehrten.
    Als sich zum kurzen Atemholen ihre Lippen für einen Moment von einander lösten, griff Julien nach Yunas Hand und zog sie mit sich. Sie ergriff noch den Rucksack mit Großvaters Urne und ließ sich dann von ihm auf sein Hotelzimmer entführen.
    Atemlos erreichten sie den Raum im obersten Stockwerk, der vom blauvioletten Licht der einsetzenden Blue Hour sanft illuminiert war.
    Sie entkleideten sich ohne Hemmungen vor einander, fanden sich wenig später in der Dusche wieder, küssten und streichelten sich und zitterten vor Staunen und Erregung beim Anblick des nackten, gereiften Körpers des jeweils anderen.
    „Du bist so schön“, murmelte Julien, „so wunder, wunderschön…“
    Er liebkoste ihr nasses Haar, den schlanken Hals, ihre weißen, vollen Brüste, den rührend kleinen Bauchnabel… lag schließlich auf den Knien zu ihren Füßen und verlor sich immer mehr in ihr, während sie unter den Wellen nie gekannter Verzückung bebte.
    Sie warfen sich in ungebremster Leidenschaft und aufgewühlt vom gegenseitigen Begehren mit glatten, feuchten Leibern auf das breite Bett und verschmolzen, nach weiteren Zärtlichkeiten und Liebkosungen, schließlich in lustvoller, befreiender Sinnenfreude.
    Als sie, einander in den Armen liegend, entspannten, konnte Yuna ihr Glück kaum fassen. Sie schloss darum die Augen sofort wieder und danke ihrem Opa Pierre, dass er sie auf den Roadtrip in dieses neue Leben geschickt hatte.

    „Friede seiner Asche“, sagte sie spät am Abend, als der volle Mond über der Bucht stand und zusah, wie sie die letzten sterblichen Überreste ihres Großvaters dem Meer übergab. Es war schwarz und von seinem silbrigen Licht geheimnisvoll überglänzt.
    Yuna und Julien standen unterhalb des Leuchtturms der Pointe du Raz , an der Steilküste auf einem kleinen natürlichen Balkon, unter dem das Meer brauste und sich in einem wilden Strudel verwirbelte. Ein idealer Ort für Yunas Vorhaben, aber er war nicht leicht zu finden gewesen.
    Sie waren kurz vor Mitternacht in bestem Einvernehmen aufgebrochen, um Grand-père Pierre gemeinsam die letzte Ehre zu erweisen.
    Zunächst wanderten sie Hand in Hand am Wassersaum entlang über den Strand bis sie den Einstieg zu einem Sentier erreichten, einem der zahlreichen schmalen Küstenwanderwege der Bretagne, der an den schroffen Klippen entlang bis hinauf zum Leuchtturm auf der Pointe du Raz führte.
    Julien hatte eine Stablampe dabei, aber der Mond schien so hell, dass er sie nicht benötigte. Jetzt jedenfalls noch nicht, vielleicht später auf dem Rückweg.
    Yuna trug den Rucksack mit der Urne auf dem Rücken und hatte sich die Sportschuhe angezogen, mit denen sie daheim das Friedhofsgitter so geschickt überklettert hatte. Das war gut so, denn der Weg verlief steil und schmal und wurde teilweise von Heidekraut, knorrigen Wurzeln, Ginster

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