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Ein Buch für Hanna

Ein Buch für Hanna

Titel: Ein Buch für Hanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Pressler
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zusammen, wie sie sich als kleines Kind in ihrem Bett zusammengerollt hatte, wenn sie traurig war oder Angst gehabt hatte. Aufgeben gilt nicht, sagte Mira, und Hanna sagte: Sei still, das geht dich doch nichts mehr an.
    Am nächsten Morgen packten sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammen, auch die Essgeschirre, und begaben sich zu der angegebenen Kaserne, die etwas abseits lag, dicht neben der Westgasse. Dort drängten sich schon viele Menschen vor dem Tor und warteten darauf, hineingelassen zu werden. Die Sache hatte sich herumgesprochen, auch andere Häftlinge, die nicht aus Dänemark gekommen waren, versuchten, sich unter sie zu mischen, vergeblich, denn sie wurden sehr genau kontrolliert, wieder und wieder wurden sie gezählt, wieder und wieder wurden ihre Namen vorgelesen, und als sie endlich im Block waren, fast fünfhundert dänische Juden, Männer, Frauen und Kinder, wurde es schon Abend. Hanna, Rachel, Bella und Rosa hielten sich die ganze Zeit an Herrn und Frau Hvid, als könne ihnen das Sicherheit geben.
    Die Nacht über schliefen alle auf dem nackten Boden, wo sie gerade Platz fanden. Auch am folgenden Tag kamen sie nicht zur Ruhe, überall wurde diskutiert und gestritten, was passieren würde. »Wir kommen in ein Vernichtungslager«, sagten viele, aber ein paar unverbesserliche Optimisten, darunter Sarahs Vater, sagten: »Wir werden gerettet.« Hanna wusste nicht, was sie denken sollte, sie war hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Am zweiten Vormittag wurden sie aufgefordert, die Kaserne zu verlassen. Das ist das Ende, dachte Hanna, jetzt sind wir an der Reihe. Und als Mira etwas sagen wollte, legte sie ihr die Hand auf den Mund.
    Sie verließen das Lager durch die Westgasse und sahen dann eine Reihe weißer Busse mit aufgemalten roten Kreuzen. Es waren so viele, dass man sie gar nicht so schnell zählen konnte. Später sollten sie erfahren, dass der Konvoi aus fünfunddreißig Bussen bestand, mit zugeklebten Fenstern. Die Optimisten hatten recht behalten. Das Orchester spielte, wie es bei den Abtransporten meistens gespielt hatte. Sie wurden noch einmal gezählt, noch einmal wurde geprüft, dass es sich bei ihnen um die registrierten dänischen Juden handelte, dann durften sie einsteigen.
    Inzwischen hatten sich in der Gasse Häftlinge versammelt, die versuchten, näher an die Busse heranzukommen, aber sie wurden von der SS daran gehindert. Die Menschen bettelten, schrien, verlangten, mitgenommen zu werden, und ihre Stimmen, die anfangs flehend geklungen hatten, wurden immer wütender, immer aggressiver. Hanna starrte zu ihnen hinüber, wie gelähmt, doch dann stieß Bella sie in den Rücken. »Los, steig endlich ein«, drängte sie. Ihr war die Angst anzuhören, die SS könnte es sich im letzten Moment noch anders überlegen.
    Sie setzten sich auf die Bänke und warteten. Hinter ihnen hatten sich die Hvids eingerichtet. Ihr Bus war schon voll, als ein SS-Mann auf das Trittbrett trat, vielleicht, um sie noch einmal zu kontrollieren, vielleicht auch, um ihnen zu sagen: April, April, es stimmt alles nicht, ihr seid reingefallen. Doch einer der beiden Busfahrer, ein Schwede, der ebenso dick und wohlgenährt aussah wie der SS-Mann, fuhr ihn in seinem seltsamen, aber durchaus verständlichen Deutsch an: »Der Bus ist internationales Terrain, neutrales Terrain, hier haben Sie nichts zu sagen. Nehmen Sie gefälligst Ihren Fuß vom Trittbrett.«
    Hanna erschrak. Auch Rosa, die neben ihr saß, machte ein entsetztes Gesicht, griff nach ihrer Hand und drückte sie so fest, als wollte sie sie zerquetschen. Aber nichts passierte. Der SS-Mann zog nicht seine Waffe, er schoss den Schweden nicht nieder, er hob noch nicht einmal drohend die Hand mit dem Knüppel. Er starrte den Mann verdutzt an, dann nahm er seinen Fuß vom Trittbrett und trat zurück, der zweite Fahrer schloss die Bustür. Die Menschen, die vor wenigen Minuten noch Häftlinge gewesen waren, warfen sich ungläubige Blicke zu. Erst als der Bus sich langsam in Bewegung setzte, waren unterdrückte Jubelrufe zu hören. Hanna spürte, wie sich ihre innere Anspannung löste. Vor lauter Erleichterung fing sie an zu weinen. Rachel, die auf ihrer anderen Seite saß, legte ihren gesunden Arm um sie.

Sechzehntes Kapitel
    H anna brach ein Stück Schokolade ab und roch daran, bevor sie es in den Mund steckte. Ein schneller Blick nach links zeigte ihr, dass Rachel und Bella sich ebenfalls über ihre Schokolade hermachten, Bella stopfte schnell

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