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Ein Buch für Hanna

Ein Buch für Hanna

Titel: Ein Buch für Hanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Pressler
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Hanna erstaunt und erkannte sofort, dass es stimmte. Nie hatte sie, wenn die Transportlisten vorgelesen wurden, einen dänischen Namen gehört. Seltsam, dass sie bisher nicht darüber nachgedacht hatte.
    »Wir wissen auch nicht, warum das so ist«, sagte Frau Hvid. »Wir denken, dass vielleicht unser König seine Hand über uns hält. Es könnte doch sein, dass die Deutschen sich seinetwegen nicht trauen, etwas gegen uns zu unternehmen.« Sie drückte Hannas Hand. »Komm zu uns, Kind!«
    »Ja«, drängte Sarah. »Komm zu uns, bitte.«
    Hanna schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht, ich kann meine Freundinnen nicht im Stich lassen. Wir sind schon seit Leipzig zusammen, wir sind wie Schwestern.«
    Sarahs Gesicht verdüsterte sich, aber ihre Mutter sagte leichthin: »Dann kommt doch alle hierher, die anderen waren doch auch in Dänemark und sprechen Dänisch, nicht wahr?«
    Hanna nickte.
    Nun erzählte Frau Hvid, dass die dänischen Frauen ab und zu Pakete vom Roten Kreuz bekamen. »Nicht sehr oft, aber immer wieder mal. Zum Sattessen reichen sie nicht, aber sie sind eine Hilfe und ein großes Glück für jede Frau, die eines bekommt. Sag deinen Freundinnen, dass ihr versuchen solltet, zu uns zu kommen.«
    Hanna konnte es nicht fassen. Die Däninnen bekamen Pakete, sie waren privilegiert. Sie schaute sich um. »Wir haben noch nie ein Paket bekommen, keine von uns«, sagte sie und gab sich Mühe, sich nichts von dem Neid anmerken zu lassen, den sie plötzlich empfand.
    »Wirklich, kommt doch zu uns«, sagte Sarah. »Hier geht es euch sicher besser. Nicht nur wegen der Pakete.«
    Aufgeregt lief Hanna nach Hause, sie konnte es kaum erwarten, den anderen von diesem Treffen zu erzählen. »Sie bekommen Pakete vom Roten Kreuz«, schloss sie.
    Mira war sofort Feuer und Flamme. »Wir müssen zu den Däninnen«, rief sie. »Unbedingt!«
    Rosa zögerte. »Bist du wirklich sicher? Hier kennen wir uns schon aus. Ich weiß nicht, ob wir woanders hingehen sollten.«
    Mira unterbrach sie. »Das ist doch Blödsinn! Stellt euch vor, Pakete vom Roten Kreuz.«
    »Ölsardinen«, sagte Bella sehnsüchtig. »Seit die Delegation hier war und die Kinder Ölsardinen bekommen haben, kann ich an nichts anderes denken. Nachts träume ich von Ölsardinen. Immer den gleichen Traum. Ich will eine Dose aufmachen und mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen, aber der Dosenöffner funktioniert nicht richtig und ich werde immer ungeduldiger. Und wenn ich es dann endlich geschafft habe und die Ölsardinen vor mir liegen, fettig und verlockend, wache ich auf, bevor ich mir eine herausnehmen kann.«
    »Und wie sollen wir das schaffen, zu den Däninnen zu kommen?«, fragte Rachel.
    »Ich werde mich umhören«, sagte Mira.
    Das Problem löste sich von allein. Schon zwei Tage später kam Sarah aufgeregt zu ihnen und sagte, in ihrer Kaserne seien einige Pritschen frei geworden, sie habe bereits mit der Blockältesten gesprochen. »Sie ist einverstanden und wird alles für euch regeln. Ihr könnt sofort kommen. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch vor der Ausgangssperre.«
    Ihre Sachen waren schnell gepackt, sie verabschiedeten sich von ihren Saalgenossinnen und machten sich auf den Weg, aufgeregt und voller Hoffnung. Aufgeregt, weil der Umzug eine Abwechslung war, und voller Hoffnung darauf, auch einmal ein Paket zu bekommen. Leider kamen sie nicht in den Saal, in dem Sarah und ihre Mutter wohnten, sondern in einen anderen, im Stockwerk darüber.
    Doch die neue Unterkunft war eindeutig eine Verbesserung, sie bekamen jede eine Pritsche für sich allein. Die Pritschen waren dreistöckig, wie in ihrem früheren Saal, und es standen immer zwei nebeneinander. Rachel, die wegen ihrer verkrümmten Schulter nur schlecht die Leiter hochklettern konnte, nahm eine untere Pritsche, die daneben war von einer alten dänischen Frau belegt. Hanna und Mira teilten sich die beiden mittleren Pritschen und Bella und Rosa die oberen. Sie genossen es, ein bisschen mehr Platz zu haben, sich einfach ausstrecken zu können, ohne gleich an jemanden anzustoßen. Natürlich waren auch die neuen Pritschen nicht frei von Ungeziefer, aber damit hatten sie zu leben gelernt.
    Und schon bald erhielten sie ebenfalls Pakete vom Roten Kreuz. Die Pakete kamen selten, aber sie waren ihre Rettung. Von Anfang an teilten sie alles unter sich auf, wenn eine von ihnen ein Paket bekam, Mira übernahm die Verteilung und die Aufbewahrung des Vorrats. In den Paketen waren Kostbarkeiten, die sie

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