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Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Titel: Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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wäre ein wahrhaft großer Triumph gewesen, hätte die Polizei nicht die Zeugin gefunden. Diese Frau hatten sie erst entdeckt, als es schon zu spät war. Sie stand im Eingang eines Hauses in der Seitenstraße, wo sie ihr Unternehmen durchgeführt hatten. Honigblond war sie, und dazu eine Figur wie aus der 52nd Street und ein Paar scharfe Augen. Ihr Gesicht hatte sich keine Spur verändert, als Phil sie plötzlich entdeckte. Sie hatte ihn lediglich angeschaut, kühl, und beobachtet, wie der Bankbote auf dem Bürgersteig zusammensackte und versuchte, das Blut mit seinen Händen aufzuhalten. Dann hatte sie die Haustür hinter sich zugeschlagen.
    Der Junge hatte ihr ursprünglich folgen wollen, aber Phil hatte nein gesagt. Die Schüsse waren laut gewesen, und er wollte kein weiteres Risiko eingehen. Sie waren in das wartende Auto gesprungen und sofort zu dem vorher vorbereiteten Versteck losgebraust.
    Am Zeitungsstand blieb Phil stehen. Er kaufte Zigaretten, ein paar Schokoladenstangen und das Journal. Als er den winzigen Delikatessenladen betrat, las er gerade die Schlagzeile. Die Geschichte vom Überfall stand unten auf der ersten Seite. Sie enthielt nichts, was er nicht schon wusste. Die Honigblonde hatte also tatsächlich geredet. Und sie war bereit, die beiden Männer zu identifizieren, die den Bankboten erschossen hatten. Erschossen... Phil schüttelte den Kopf. ›Der arme Kerl‹, überlegte er.
    Im Delikatessenladen kaufte er vier Sandwiches mit Roastbeef und ein halbes Dutzend Dosen Bier. Dann ging er zur Wohnung zurück und überlegte angestrengt.
    Kaum hatte er die Wohnung betreten, als der Junge nach der Zeitung griff. Er fand die Geschichte und las sie gespannt. Dann blickte er auf, und das junge, runde Gesicht war vor Angst verzerrt.
    »Was machen wir jetzt, Phil? Diese Frau kann uns an den Galgen bringen.«
    »Reg dich nicht auf.« Er öffnete eine Dose Bier.
    »Soll das ein Witz sein? Hör zu: Das erste, was die Polente tut, ist, dass sie dich sucht. Ich meine – wir wollen uns doch nichts vormachen, Phil -, aber diese Sache war in deinem Stil aufgezogen.«
    Der Ältere runzelte die Stirn. »Und?«
    »Und? Sie werden dich dieser Frau gegenüberstellen, und die schreit sofort Zeter und Mordio. Und was passiert dann mit mir?«
    Phil zog seine Pistole heraus und fing an, sie zu reinigen.
    »Ich werde ihr schon den Mund stopfen«, versprach er
    »Aber wie? Wahrscheinlich wird sie von einer Million Polizisten bewacht. Die gehen kein Risiko ein. Bestimmt nicht! Wie willst du ihr also den Mund stopfen?«
    »Ich habe einen Plan«, sagte Phil. »Du brauchst mir nur zu vertrauen, Junge. Kapiert?«
    »Ja, aber...«
    »Ich habe gesagt, dass du mir vertrauen sollst. Vergiß das nicht, Davy.« Er blickte seinen Partner fest an. »Und das alles wäre überhaupt nicht passiert, wenn du nicht einen nervösen Zeigefinger gehabt hättest.«
    Sie aßen die Sandwiches, tranken Bier, und dann ging der Ältere zu der ledernen Aktenmappe und öffnete sie. Er holte ein dünnes Päckchen Banknoten heraus und steckte es in seine Brieftasche.
    »He!« sagte Davy.
    »Nun reg dich man bloß nicht gleich so auf. Für das, was ich vorhabe, brauche ich ein paar Dollar. Und bis ich zurück bin, überlasse ich es sogar dir, auf den Rest aufzupassen.« Phil zog sich das Jackett wieder an. »Komme aber nur nicht auf krumme Gedanken, Junge. Vergiss nicht, dass du das Zimmer nicht verlassen darfst, bevor ich zurück bin. Und sollten irgendwelche Besucher kommen – paß auf deinen nervösen Zeigefinger auf.«
    »Klar, Phil«, sagte der Junge.
    Phil brauchte ziemlich lange, bis er ein Taxi bekam. Als er es endlich geschafft hatte, nannte er dem Fahrer die Adresse eines Kostümverleihs in Manhattan, an der unteren Seventh Avenue.
    Hinter dem Käfig mit den Milchglasscheiben im fünften Stock saß ein Mädchen, und dieses Mädchen war ziemlich hochnäsig.
    »Ich möchte Marty Hirsch sprechen«, sagte Phil.
    »Tut mir leid, aber Mr. Hirsch hat gerade eine Besprechung ...«
    »Mir gegenüber brauchen Sie nicht solchen Unsinn zu faseln. Nehmen Sie den Hörer ab und sagen Sie ihm, ein guter Freund aus Brooklyn Heights sei hier. Er weiß dann schon, wer es ist.«
    Das Mädchen zog die Nase kraus, telefonierte dann aber doch.
    Der Mann, der herbeigeeilt kam, um Phil zu begrüßen, war klein und beleibt. Er war in Hemdsärmeln, und seine Krawatte in den Farben eines Sonnenuntergangs hing ihm gelockert um den Hals.
    »Aha – Tag«, sagte er nervös

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