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Ein Clochard mit schlechten Karten

Ein Clochard mit schlechten Karten

Titel: Ein Clochard mit schlechten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Malet
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Hand losließ, sagte ich:
    „Ich würde gerne einige seiner
Kollegen befragen... mit denen er befreundet war. Könnten Sie das arrangieren?“
    Ich gab ihm die Hand zurück.
    „Natürlich“, antwortete er.
„Aber nicht hier.“
    „Wo Sie wollen.“
    „In einer Stunde ist Feierabend.
Hm... Marchand , Dutail-lis und Bouscat waren mit Demessy befreundet. Tranken oft ‘n Gläschen zusammen bei Firmin, an der Place Balard . Wenn es Ihnen nichts ausmacht, sag ich den dreien,
daß Sie dort warten.“
    „Einverstanden. Und sagen Sie
ihnen auch, daß ich einen ausgebe.“
     
    * * *
     
    Ich befreite meinen Wagen aus
der Umklammerung von Dauphine und Fregatte, die ich ihrem Schicksal in der
2-CV-Horde überließ. Durch die Rue Leblanc - nach einem Chemiker, nicht nach dem
Romancier benannt! — fuhr ich zur Place Balard . Links
nichts als Fabrikgebäude. Die gezackten Dächer schienen in den bleischweren
Abendhimmel zu beißen. Auf der rechten Seite, hinter der abweisenden, finsteren
Stützmauer der früheren Ringbahn, war es leer und düster. Erst in Höhe Rue
Saint-Charles kam mir das erste Fahrzeug entgegen, ein Bus. Noch zwei
Radumdrehungen, und ich war an der Place Balard . Verdammt provinziell hier, still und friedlich. Wie
übrigens so viele Plätze im 15. Arrondissement, ob nun mittendrin oder an den
Brücken. Ganz besonders am Pont de Grenelle und Pont
Mirabeau. Der Charme, der von diesen Plätzen ausgeht, ist nicht leicht zu
beschreiben. Da mich im Augenblick sowieso andere Dinge beschäftigten, ließ ich
das neue Kapitel der „Träumereien eines einsamen Autofahrers“ ungeschrieben.
Dafür suchte ich das Bistro, das mir der Vorarbeiter genannt hatte. Ich fand es
direkt vor der Metrostation, neben einem Frisiersalon. Quer über der Scheibe
der Eingangstür stand Chez Firmin. Der
Schnörkel darunter benötigte dringend einen Pinselstrich.
    Ich sah auf meine Uhr. In einer
Stunde, hatte Rieussec gesagt. Also konnte ich noch
auf einen Sprung zur Porte de la Plaine fahren, zu Jannin , dem zeitweiligen Nutznießer von Demessys Mechanikertalenten . Ich fuhr unter der
Eisenbahnbrücke hindurch und bog in den Boulevard Victor ein.
    Die regennasse Trikolore auf
dem Gebäude des Luftfahrtministeriums bewegte sich nur schwach im Wind. Vor dem
Gitter stand ein Soldat Wache. Über dem Übungsgelände von Issy -les- Moulineaux zog ein Hubschrauber seine Kreise.
    Die Gebäude des Parc des Expositions an der Porte
de Versailles zeigten ein verlassenes und hoffnungslos trauriges Gesicht, wenn
man das so sagen kann. Ein riesiges Plakat am Eingang kündigte für die nächste
Zeit einen internationalen Zirkus an. Der Anblick wurde deshalb nicht lustiger.
Wir waren weit entfernt vom Treiben der Pariser Messe. Vor allem von seinem
Staub, eine der Hauptattraktionen dieser Warenschau.
    Ich bog in die Avenue de la Porte
de la Plaine ein . Vor einem hübschen Eckgeschäft standen zwei
Motorräder und ein Motorroller. Etwas weiter zurück konnte man eine
Kfz-Werkstatt erkennen. Ich parkte meinen Wagen, stieg aus und ging in das
Geschäft. Das langgestreckte Ladenlokal war vollgestopft mit neuen Zweirädern.
Eine junge Frau saß am Schreibtisch und rechnete. Ich ging zu ihr. Sie hob ihr
hübsches Gesicht und grüßte mich herzlich. Sehr sympathisch.
    „Guten Tag, Madame“, sagte ich,
zog den Hut und lächelte gewinnend. „Ist Monsieur Jannin da?“
    „Ja, Monsieur.“
    „Könnte ich ihn sprechen?“
    „Natürlich.“
    Sie stand auf, ging zu einer
Tür, öffnete sie und rief:
    „Kiki!“
    „Ja“, kam es aus der Tiefe der
Werkstatt.
    „Hier will dich jemand
sprechen.“
    „Ich komme.“
    Einen Augenblick später stand
Kiki Jannin vor mir. Mittelgroß, kräftig, mit
intelligenten, fröhlichen Augen. Ich servierte ihm das Märchen von der
Erbschaft, das ich inzwischen auswendig kannte. Bald konnte Paul Demessy sich mit dem Aga Khan messen. Fehlten nur noch ‘n
paar Millionen. Monsieur Jannin sagte, ja, Demessy habe manchmal bei ihm ausgeholfen. Aber seit gut
zwei Monaten sei das nicht mehr nötig gewesen. Mit anderen Worten: er hatte ihn
gefeuert.
    „Aus zwei Gründen. Wissen Sie,
ich mache vor allem Motorräder. Ab und zu mal ‘n Auto, aber sehr selten. Und Demessy interessierte sich hauptsächlich für Autos. War
wirklich kein schlechter Mechaniker. Vielleicht etwas wenig Praxis...“
    „War das der zweite Grund?“
    „Nein. Er hat meiner Frau mehr
als einmal recht eindeutige Angebote gemacht.“
    „Ach!“
    Ich sah die

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