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Ein Clochard mit schlechten Karten

Ein Clochard mit schlechten Karten

Titel: Ein Clochard mit schlechten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Malet
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der an der
Ecke Vaugirard-Convention oder was Ähnliches.“
    Wanda Laurédant ,
ehemals Demessy , ließ ein heiseres Lachen hören.
    „Schlußfolgerung?“
    „Fehlanzeige.“
    Sie stampfte mit dem Fuß auf
den teuren Teppich. Durch die heftige Bewegung schob sich der Rock wieder hoch,
über die Knie. Sie ließ ihn dort, damit ich mir die Augen verrenken konnte und
Lust à la Demessy bekam.
    „Bitte!“ sagte sie. „Seien Sie
offen zu mir. Sie haben mich immer noch in Verdacht.“
    „Seien Sie nicht dumm.“
    Sie wurde wütend.
    „Ich bin nicht dumm“, rief sie.
„Eben nicht! Sie haben bereits auf meine Bigamie angespielt. Peinlich, nicht
wahr? Demessy , dieser sympathische Monsieur Demessy , bei dem man alles erklären und entschuldigen kann!
Er ist vor Bigamie zurückgeschreckt, ja, aber ansonsten hat er’s nicht so genau
genommen mit dem Gesetz... Warum fragen Sie mich nicht nach den wirklichen
Gründen, aus denen ich mir vor mehr als zehn Jahren die französische Staatsbürgerschaft
erschleichen wollte?“
    „Genau! Die wirklichen Gründe
einer unwirklichen Heirat.“
    „Vielleicht wollte ich mich vor
einer möglichen Ausweisung schützen? Vielleicht hatte ich in meinem Land ein
Verbrechen begangen?“
    „Seien Sie nicht dumm“,
wiederholte ich.
    Sie ging mir so langsam auf die
Nerven mit ihrem blöden Gequatsche. Und dann dieser verdammte Rocksaum, der
sich immer weiter hochschob...
    „Ich wollte in Frankreich
bleiben“, fuhr sie fort, „das ist alles. Und zwar ohne die unangenehmen
Überraschungen, die Ausländer so erleben. Ich hatte etwas Geld gespart, um
einen Mann zu bezahlen, der den Bräutigam spielte... Eine gute Kapitalanlage,
fand ich. Auch wenn ich danach arbeiten mußte. Na ja, vor zwei Jahren dann
begegnete ich Gabriel Laurédant . Wir heirateten. Ich
habe ihm nicht gesagt, daß ich schon verheiratet war. Wollte mir durch diese
Scheinheirat nicht alles versauen. Also hab ich geschwiegen. Und bis vor kurzem
ist ja auch alles gutgegangen. Das wär’s. Zufrieden?“
    „Hören Sie mal“, sagte ich
etwas ärgerlich. „Ich hab Sie noch gar nichts gefragt, und Sie blasen mir die
Ohren voll mit Ihrem Quatsch. Aber wenn Sie schon mal dabei sind... Revolver.“
    „Revolver?“
    „Ja, Revolver...“ Ich nahm die
Finger zu Hilfe. „Erstens: Wirkliche Gründe für die Erschleichung der
französischen Staatsangehörigkeit. Zweitens: Bigamie. Drittens: Waffenbesitz.
Ist es an der Place de Breteuil so üblich, einen
Revolver in der Tasche zu haben? Genügen Ihnen die Kanonen der Invaliden
nicht?“
    „Der Revolver gehört meinem
Mann.“
    „Kommt auf dasselbe raus. Lebt
Monsieur Laurédant so gefährlich, daß er eine Waffe
braucht?“
    „Weiß ich nicht. Jedenfalls
besitzt er welche.“
    „Was macht er?“
    „Was geht Sie das an? Mein Mann hat nichts mit dem Mord zu tun. Und ich eigentlich auch
nicht. Ich sag’s Ihnen zum hundertsten Mal.“
    „Ist Ihr Mann nicht zufällig
Reeder? Hab ihn neulich auf einem Frachter gesehen.“
    „Sieh mal einer an! Was kann
ich Ihnen eigentlich noch Neues bieten? Wo Sie so gut informiert sind...“
    „Hören Sie, Wanda. Setzen Sie
sich nicht wieder aufs hohe Roß . Was meinen Sie, wie
ich bis zu Ihnen vorgedrungen bin, hm? Mußte schon ‘n bißchen rumsuchen und
rumschnüffeln, nach links und rechts gucken. Und da sieht man eben so einiges,
rein zufällig.“
    „Ja, ja, verstehe“, sagte sie,
wieder etwas zahmer. „Nein, Reeder ist er nicht. Import-Export. Und dafür hat
er ‘ne kleine Flotte. Ich weiß nicht, ob man das so nennt...“
    „Ich auch nicht. Macht aber
nichts.“
    Eine ihrer Antworten hatte mich
auf etwas gebracht. Und auch eine meiner eigenen Antworten schien mir im nachhinein ziemlich
bedeutungsschwanger. Sollte ich auf meine alten Tage doch noch Vater werden?
Und gleichzeitig Psychoanalytiker oder Wahrsager, mit Spitzbart, Turban und
tiefem Dekollete ?
    „Zeigen Sie mir doch mal den
Revolver, Wanda“, forderte ich sie auf.
    „Warum?“
    „Um zu sehen, ob er auf meinen
Hinterkopf paßt.“
    „Hinterkopf? Was haben Sie denn
drin, in Ihrem Hinterkopf? Hintergedanken etwa?“
    „Kann schon sein. Und wenn Sie
mir die Kanone nicht zeigen, rutschen die Hintergedanken nach vorne.“
    „Hören Sie“, seufzte sie, „bin
ich in den letzten Tagen nicht genug geprüft worden? In den letzten Wochen? In
den letzten zwei Monaten? Haben Sie doch etwas Mitleid mit mir! Ich bin mit den
Nerven am Ende...“
    Sie stand auf.
    „Gut“,

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