Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
Einladung erinnert; ich bin froh, dass ich offenbar nicht die Einzige bin, die alles recht kurzfristig erledigt.
»An dem Tag mache ich eine geführte Wanderung durch das Vogelschutzgebiet, um mir das Gezwitscher der Vögel bei Sonnenaufgang anzuhören. Die Karten für diesen Termin habe ich schon seit einer halben Ewigkeit«, entgegnet Joyce.
»Meine Enkel übernachten an diesem Wochenende bei mir«, entschuldigt sich René. »Außerdem muss der Dinner-Marathon noch organisiert werden. Laura, Sie haben noch keine Tickets dafür gekauft, oder?«, fragt sie mich vor allen anderen.
Dieser Dinner-Marathon, bei dem jeder Gang bei einem anderen Gastgeber eingenommen wird, ist schon eine komische Sache. Ich habe dabei stets Forrest Gump vor Augen, der immer und immer weiterläuft.
»Noch nicht«, erwidere ich. »Aber kann ich auch ein Familienticket bekommen?«
Diese Damen hier haben trotz ihres fortgeschrittenen Alters ein deutlich regeres Sozialleben als ich. Im Augenblick ist es mir aber eigentlich vollkommen egal, welche Termine ich in meinem Kalender eingetragen habe.
»Ich werde kommen, Hannelore«, versuche ich, die allgemeinen Diskussionen zu übertönen.
»Ich würde auch gern mitkommen«, erklärt Juneko.
Und dann kommt mir ein Gedanke, ein wirklich ungezogener Gedanke. Chris könnte das übrige Ticket bekommen, er würde sicherlich gern hingehen. Bevor ich es mir noch einmal anders überlegen kann, höre ich mich sagen: »Hannelore, wir könnten ja auch Chris fragen. Immerhin war er mit uns im Study Centre.« Vielleicht ein wenig zu begeistert schaue ich in die Runde.
»Oh, dieser attraktive junge Mann. Wenn ich doch nur nicht schon Karten für das Vogelschutzgebiet hätte!«, erwidert Joyce und zwinkert mir zu. Bin ich so leicht zu durchschauen? Ich merke, wie mir die Schamesröte ins Gesicht steigt.
»Ja, das wäre auch eine Möglichkeit. Er könnte mitkommen«, antwortet Hannelore nüchtern.
Kapitel 40
Kensington-Stich – Der Kensington-Stich ist ein sehr alter Stich, der schon seit Jahrhunderten angewandt wird. Sein ursprünglicher Name lautet opus plumarium, was so viel wie Feder oder Federwerk bedeutet. Der Name rührt daher, dass der Stich einer Vogelfeder ähnelt. Der Stich wurde von der Kensington School of Art Embroidery wiederbelebt und in »Kensingston-Stich« umbenannt.
Ich kann es nicht fassen, wie viel Vorkehrungen nötig sind, wenn man nur mal für ein paar Stunden nach London runterfahren will. Es fühlt sich beinahe an, als würde ich zu einer aufwändigen Expedition in die Antarktis aufbrechen.
Ich lasse Adi eine Liste da:
1. Bring Lilly um 10 Uhr zum Turnunterricht, und hol sie um 11:30 Uhr wieder ab (sie braucht dann etwas zu trinken und einen Happen zu essen).
2. Daisys Ausleihen aus der Bücherei müssen verlängert werden. Erledige das bitte, während Lilly beim Turnen ist, weil die Bibliothek in Loddon um 11 Uhr schließt.
3. Wenn du in Loddon bist, könntest du dann bitte noch Hannelores Blazer aus der Reinigung abholen? Sie hat sich mit dem Besitzer verkracht, deswegen habe ich ihn für sie unter meinem Namen hingebracht. Sie dachte tatsächlich, er würde den Blazer absichtlich beschädigen – sie ist manchmal ein wenig paranoid.
4. Daisy muss bis spätestens 12 Uhr zu Mittag gegessen haben, sonst macht sie keinen Mittagsschlaf. Eigentlich ist sie dafür schon zu alt, aber der Nachmittag verläuft ruhiger, wenn sie sich ein wenig aufs Ohr gelegt hat. Und da wir am Dinner-Marathon teilnehmen, wollen wir ja auch nicht, dass sie abends allzu müde ist, oder?
5. Lilly muss für die Schule ein Projekt über die Ägypter machen. Aber lass sie nicht allein ins Internet, es sei denn, du hast dich um die Kindersicherung gekümmert, wie du es schon vor einer Ewigkeit versprochen hast. Ich werde so gegen 19 Uhr zurück sein; du brauchst uns nicht vom Bahnhof abzuholen, wir kommen mit dem Taxi und sehen uns dann bei Charlotte, sie ist für die Vorspeise zuständig.
5. Küsschen,
5. Laura
»Folgen Sie mir, ich habe die Fahrkarten«, ordnet Hannelore an. Wir vier eilen den Bahnsteig entlang und finden endlich Wagen H – die erste Klasse. Ich warte ja immer noch auf eine Erklärung von Chris, wie es dazu kam, dass er die Jahresabschlussschau eröffnet hat.
»Laura, ich hab ihn bekommen«, ruft Chris und öffnet die Zugtür, damit Hannelore, Juneko und ich einsteigen können.
»Wen hast du bekommen?«, erwidere ich betont gelassen. Denn ich bin immer noch sauer auf ihn
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