Ein Dämon kommt selten allein
Königshäupter die Immunität gegenüber Langeweile ist. Nachdem ich bereits darüber berichtet habe, wie wahrhaft geisttötend es ist, sogenannte >Staatspflichten< wahrzunehmen, kann ich nur noch hinzufügen, daß es noch schlimmer ist, darauf warten zu müssen, sie wahrnehmen zu können.
Ich hatte es alles andere als eilig, die künftige Braut des Königs kennenzulernen. Und schon gar nicht stand mir der Sinn danach, sie zu heiraten. Nachdem mir allerdings gemeldet wurde, daß sich ihre Ankunft um einen vollen Tag verzögern würde, und als der folgende Tag sich langsam in den Nachmittag hineinstreckte, wobei ich auf ihren >frühmorgendlichen< Empfang warten mußte, ertappte ich mich bei dem Wunsch, daß sie sich doch bitte endlich herbequemen möchte, damit wir uns endlich kennenlernen und die Sache hinter uns bringen konnten.
Alle anderen königlichen Geschäfte ruhten, um dem Empfang der zukünftigen Königin von Possiltum den gehörigen Nachdruck zu verleihen. Das hielt ich allerdings für etwas überflüssig, nachdem ich gesehen hatte, wie die Untertanen die Straßen mit Blumen schmückten und sich in Dreierreihen aufbauten in der Hoffnung, einen Blick auf diese neue Prominenz werfen zu können. Das Warten schien ihrer Stimmung nicht abträglich zu sein, wenngleich die Blumen nach und nach welkten, um jedoch sofort von eifrigen Händen wieder erneuert zu werden. So würde dieser Empfang zumindest der Blumenernte Possiltums für eine Weile empfindliche Einbußen zufügen. Natürlich konnte er sogar allen Ernten solche Einbußen zufügen, weil die feiernden Menschen sich unentwegt in den Straßen scharten und nicht die leiseste Lust zu verspüren schienen, auf ihre Felder oder in ihre Handwerksstuben zurückzukehren, auch dann nicht, als immer weitere Verzögerungen bekanntgegeben wurden.
»Haben die Bürger eigentlich nichts Besseres zu tun, als auf den Straßen herumzulungern und sich mit Blumen zu bewerten?« knurrte ich und wandte mich vom Fenster ab. »Irgend jemand sollte das Reich während dieser Narretei doch eigentlich in Betrieb halten.«
Wie üblich, nahm es auch diesmal Grimble auf sich, mich zu besänftigen.
»Euer Majestät sind lediglich etwas nervös wegen des bevorstehenden Empfangs. Ich vertraue darauf, daß sich Euer Majestät in ihrer Weisheit nicht dazu verleiten lassen werden, diese Gereiztheit auf Euer Majestät treue Untertanen zu übertragen?«
»Als sie die Grenze überschritt, wurde mir versichert, daß sie heute morgen hier eintreffen würde. Morgen! Habt Ihr schon mal einen Morgen gesehen, an dem die Sonne untergeht?«
»Zweifellos wurde sie durch den Zustand der Straßen aufgehalten«, erbot sich General Badaxe zu erklären. »Ich habe Euer Majestät schon früher darauf aufmerksam gemacht, daß eine Reparatur unserer Straßen längst überfällig ist. In ihrem gegenwärtigen Zustand behindern sie den Reisenden ... und das gilt auch für unsere Truppen, sollte unser schönes Land jemals angegriffen werden.«
Grimble bleckte die Zähne.
»Und seine Majestät hat mir auch immer darin zugestimmt, daß eine Reparatur der Straßen im Augenblick viel zu teuer wäre ... es sei denn, der General wäre gewillt, die Größe seiner Armee deutlich zu verringern, damit wir mit den eingesparten Soldgeldern die Reparaturen bezahlen können?«
Der General lief purpurn an.
»Wenn Ihr die Armee reduziert, Grimble, werdet Ihr schon bald jene Schatzkammer einbüßen, über die Ihr so eifersüchtig wacht.«
»Genug, meine Herren«, beendete ich den Streit und bedeutete ihnen mit einem Winken, zu schweigen. »Wie Ihr beide bereits bemerktet, haben wir dieses Thema schon zahlreiche Male besprochen.«
Man hatte beschlossen, daß der König von Possiltum, anstatt dazusitzen und vor der gesamten Bevölkerung herumzuzappeln, die Ankunft der Braut zurückgezogen, nur in der Gesellschaft seiner Berater abwarten sollte. Wegen des Ansehens des Königs und so. Leider bedeutete dies, daß ich seit dem frühen Morgen mit Grimble und Hugh Badaxe in einem kleinen Raum eingesperrt war. Ihre ständigen Sticheleien und Streitgespräche hatten genügt, um meiner ohnehin schon recht zweifelhaften Stimmung einen nie gekannten üblen Unterton zu verleihen. \
»Nun, während wir warten, könntet Ihr mir, jeder für sich, einmal Eure Meinung über meine künftige Braut und ihr Königreich mitteilen.«
»Aber Majestät, das haben wir doch schon getan. Viele Male sogar.«
»Nun, dann tut ihr es eben noch einmal.
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