Ein Daemon kommt selten allein
Wohnwagens. Ich konnte nicht einmal meine Füße sehen. Ich tastete mich an der Wand neben der Tür entlang, arbeitete mich mit den Füßen vorsichtig über die Holzdielen vor, bis ich gegen eine Pyramide aus Einmachgläsern stieß. Ich schnappte mir so viele, wie ich tragen konnte, hastete zurück zur Veranda und reihte sie dort auf dem wettergegerbten grauen Holzboden auf. Zwei blaue, ein pinkfarbenes und das Glas mit dem Ohr. Das sah gar nicht gut aus.
Ant Eaters Fingerspitzen hatten sich blau verfärbt. Ihr Kopf war in der offen stehenden Fliegengittertür eingekeilt.
Ich huschte noch einmal nach drinnen. Beim vierten Anlauf fand ich das weiße Glas. Während die Inhalte der übrigen Gläser waberten und qualmten, hätte ich den Inhalt dieses Glases mit weißer Farbe verwechseln können. Doch dann erkannte ich die winzigen Bläschen wie bei kohlensäurehaltigem Mineralwasser.
Frieda riss mir das Glas aus der Hand. »Du darfst es nicht zu lange ansehen.« Sie nahm ihr Kopftuch ab und benutzte es, um ihr Gesicht vor dem aus der Wohnwagentür quellenden Rauch zu schützen.
Wir ließen Ant Eater halb drinnen, halb draußen auf der Veranda liegen. Inzwischen war die kleine Ansammlung zu einer gewaltigen Meute angewachsen, da sämtliche Hexen und Werwölfe aus dem Umkreis von fünfzehn Kilometern herbeigeeilt waren, um zu sehen, was Frieda als Nächstes tun würde.
Frieda verschüttete die weiße Flüssigkeit in der Nähe der Eingangstreppe des Wohnwagens. »Der Todesfluch sei gebrochen. Möge das Leben obsiegen.«
Ihr Gesicht nahm einen panischen Ausdruck an. Sie drehte sich zu Betty und mir um. »Scheiße. Wir haben nichts Totes. Wir brauchen aber etwas Totes. Betty«
»Ich hole irgendein totgefahrenes Tier.«
»Nein, warte.« Ich hatte eine bessere Idee. Ich rannte die Treppe zum Wohnwagen hinauf und schnappte mir das Glas mit dem Ohr.
Sie nickte. »Lass es hineinfallen.«
Ich schraubte das Glas auf. Formaldehyddünste brannten mir in der Nase. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich tauchte meine Finger in die Flüssigkeit, holte das Ohr heraus, warf es in Friedas Brühe und bemühte mich, nicht zusammenzuzucken, als es in dem weißen Glibber verschwand. Sie zündete ein Streichholz an, ließ es fallen, und das Ganze ging hoch, als ob sie Benzin in einen brennenden Grill gekippt hätte. Energie rauschte in einer geräuschlosen Welle an uns vorbei. Ich ertappte mich dabei, dass ich ohne Grund den Atem anhielt, und tätschelte Pirate. Er hustete.
»Mein kleiner Hund!« Ich nahm ihn in die Arme, als ein Anfall trockenen Hustens ihn plagte. Schließlich öffnete er die Augen. »Alles in Ordnung mit dir«
Er blinzelte, die Augen voller Tränen. »Na klar, alles bestens«, erwiderte er mit heiserer Stimme. »Ich werde doch ständig von verrückten Frauen fertiggemacht.« Er nieste.
Ich drückte ihn an meine Brust.
»Das ist schön, so mag ich es«, sagte er und suchte mit seiner kalten Schnauze mein Schlüsselbein. »Hat dir schon mal jemand gesagt, wie gut du riechst«
Nach totgefahrenem Tier und bgeschnittenen Ohren, vermutete ich und wischte meine freie Hand an meiner zerfetzten Hose ab. Die Kleidung, die Frieda mir geliehen hatte, war völlig im Eimer. Friedas Kleidung natürlich auch, stellte ich fest, als sie sich über eine hustende Ant Eater kniete, die immer noch halb in dem Wohnwagen und halb draußen lag und mit ihrem Kopf die Fliegengittertür offen hielt.
Es war an der Zeit, die Suppe auszulöffeln, die ich uns eingebrockt hatte.
»Wie geht es dir«, fragte ich sie, sorgsam darauf bedacht, außerhalb ihrer Reichweite zu bleiben.
Ant Eater hustete wie eine Kettenraucherin und sah mich mit blutunterlaufenen Augen an. »Wie sie mir erzählt haben, bist du mitten durch einen Todesfluch gelaufen.«
Bis zu diesem Moment hatte ich noch keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken. Aber es stimmte. Etliche Male sogar, wenn man die Anläufe mitzählte, die ich gebraucht hatte, um das weiße Glas in dem Wohnwagen ausfindig zu machen, mit dem der Bann rückgängig gemacht werden konnte. »Bei mir wirkt er offenbar nicht«, stellte ich fest; es war die Untertreibung des Jahres.
Ant Eater nickte. Sie hustete mehrmals, ohne sich die Hand vor den Mund zu halten. Als sie fertig war, wischte sie sich mit dem Handrücken Speichel von der Unterlippe. Sie sah mich an, als wäre ich soeben einen Meter gewachsen und hätte hundert Kilo zugelegt. »Was würdest du davon halten, wenn ich es nicht mehr darauf anlege,
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