Ein Dämon macht noch keinen Sommer
musste, bevor unsere Gastgeber sich zu dem Scherz bekannten.
Aber ich war ja beim Thema Kläffer. Die Sache war insofern interessant, als ich noch nie zuvor ein Team von Eheleuten in Aktion erlebt hatte (meine Eltern zählen nicht). Das einzige, was dem einigermaßen nahe kam, war das Geschwisterpaar Tanda und Chumly, aber die verbrachten die meiste Gesprächszeit damit, einander einen auszuwischen. Die Kläffer schienen sich mit der Rollenverteilung >verrückter Partner/vernünftiger Partner< abzuwechseln. Zwar fragten sie mich nie nach meinem Urteil, aber ich fand, dass sie viel besser verrückt spielen konnte als er. Er war so gut darin, den Vernünftigen zu spielen, dass es jedesmal völlig überraschend kam, wenn er in die Verrücktenrolle wechselte.
»Wirklich, meine Liebe«, sagte Idnew gerade zu Massha, »willst du dir nicht statt dieser albernen Tarnung etwas Bequemeres anlegen? Eine Werwölfin mit nur zwei Brüsten sieht wirklich reichlich lächerlich aus.«
»Idnew«, sagte ihr Mann streng, »du bringst unsere Gäste in Verlegenheit! Nicht jeder mag so frei über seinen Körper reden wie du.«
»Das ist die Künstlerin in mir«, erwiderte sie. »Und außerdem, Drahcir, wer hatte denn den Einfall, sie den Knochen aufessen zu lassen? Noch dazu einen alten! Wenn du beim Einkaufen ein bisschen gewissenhafter wärst, anstatt ständig minderwertige Ware einzukaufen ...«
»Och, mach dir mal über mich keine Gedanken, Hübschhaariger«, unterbrach Massha elegant und schlüpfte in ihre Vamprolle. »Ich habe keine Probleme damit, über meinen Körper zu reden, solange wir auch genauso viel Zeit dafür haben, über deinen zu sprechen. Ich habe es immer gemocht, wenn meine Männer viele Gesichtshaare hatten, wenn du verstehst, worauf ich hinaus will.«
Ich bemerkte, wie Idnew kurz die Ohren anlegte, bevor sie sie wieder aufstellte. Obwohl das möglicherweise nicht mehr als ein nervöses Zucken gewesen sein mochte, dachte ich mir, dass es vielleicht nicht eben die klügste Taktik war, irgendwelche Eifersüchteleien zu provozieren, wenn wir von den beiden Hilfe erbitten wollten.
»Sagt mal«, warf ich hastig ein, um das Gespräch von Masshas offensichtlicher Bewunderung für Drahcir abzuwenden, »weshalb habt ihr eigentlich eine Kampagne für verbesserte Beziehungen zwischen Menschen und Werwölfen in die Wege geleitet?«
»Nun, da haben viele Faktoren mitgespielt«, erklärte Drahcir und verfiel in seinen Dozententon, mit dem ich binnen kürzester Zeit bereits vertraut geworden war. »Ich glaube, man sollte stets im Auge behalten, dass das schlechte Image der Menschen stark übertrieben wird. Es gibt nämlich tatsächlich nur sehr wenig Beweismaterial über menschliches Fehlverhalten. Werwölfe vergessen sehr leicht, dass wir unter entsprechenden Umständen selbst zu Menschen werden. Die meisten von ihnen genieren sich deswegen oder fürchten sich davor und halten sich so lange versteckt, bis die Phase vorüber ist, aber das tun Idnew und ich nicht. Im Gegenteil, wir nutzen die Gelegenheit sogar meistens dazu, umherzugehen und die Öffentlichkeit an den Anblick harmloser Menschen in ihrer Mitte zu gewöhnen. Aber ganz unter uns gesagt, bin ich der Meinung, dass Idnew es vor allem deswegen liebt, weil es die Leute zu Tode erschreckt, plötzlich vor einem Menschen zu stehen, wenn sie es am wenigsten erwarten. Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, meine Frau hat eine stark exhibitionistische Neigung. Was mich betrifft, so sehe ich darin lediglich eine gute Sache, die viel zu lange vernachlässigt worden ist.«
»Ein weiterer Faktor, den mein Mann zu erwähnen vergessen hat«, stichelte Idnew, »ist die Tatsache, dass man damit einen Haufen Geld machen kann.«
»Tatsächlich?« fragte ich.
Meine Zusammenarbeit mit Aahz hatte mich zwar darauf gedrillt, Gewinnchancen zu wittern, wo andere keine wahrnahmen, aber in diesem Fall war mir eine solche bisher völlig entgangen.
»Es gibt ... hmm ... bestimmte Einnahmequellen bei unserer Kampagne«, sagte Drahcir verlegen und warf seiner Frau einen finsteren Blick zu. »T-Shirts, Aufkleber, Bleiminiaturen, Fanclubgebühren, Grußkarten und Kalender, um nur ein paar zu nennen. Es ist zwar ein schmutziges Geschäft, aber irgend jemand muss es ja machen. Bevor meine Frau dir jedoch ein falsches Bild von mir vermittelt, möchte ich doch darauf hinweisen, dass ich diese Sache deshalb unterstütze, weil ich wirklich an sie glaube. Es gibt viele verschiedene
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