Ein delikater Liebesbrief
es finden, sich mit verheirateten Frauen zu unterhalten, bevor Darby es mir erklärte. Obschon ich durchaus bemerkt habe, dass Sie einige Schwierigkeiten hatten, sich bei Lady Rawlings’ Dinner mit Mrs Cable zu unterhalten.« Sie schenkte ihm ein freundliches Lächeln. »Wenden wir uns also leichteren Themen zu. Ich möchte Sie gewiss nicht aus der Fassung bringen, besonders jetzt, da ich begriffen habe, dass Ihr Gesprächshorizont derart begrenzt ist.«
Sie hörte, wie Darby sich verschluckte.
»Mir ist bewusst, dass es einer gewissen Anstrengung bedarf, sich mit einer achtbaren Ehefrau zu unterhalten. Welches Thema könnten wir wählen, das Ihnen angenehmer ist? Mal sehen … soviel ich gehört habe, leben Sie mit einer Opernsängerin zusammen. Das stelle ich mir überaus anregend vor! Sie sprechen doch sicherlich viel über Beethoven?«
Rees Godwin kaute zwar weiter an seiner Hammelkeule, doch Henrietta spürte, dass sie nun seine ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. Sie unterdrückte ein befriedigtes Grinsen. Ein Gefühl der Ausgelassenheit überkam sie.
»Sie ist in der Tat Opernsängerin«, erwiderte Godwin schließlich. Henrietta meinte ein berechnendes Funkeln in seinen Augen wahrzunehmen, als er auch schon fortfuhr: »Mit dem bedauerlichen Hang, im Bett zu singen.«
»Das liegt sicherlich an ihrer extremen Jugend«, erwiderte Henrietta. »Auch ich erinnere mich an eine Zeit, in der ich beim Erwachen zu singen pflegte. Peter Peter Pumpkin Eater war mein Lieblingslied, wenn ich mich recht entsinne. Aber warten Sie mal … wie ging noch mal die zweite Zeile von Diddle Diddle Dumpling, My Son John?«
»Etwas in der Art, dass er zu Bett geht und einige Kleidungsstücke vermisst, nicht wahr?«, mischte sich ihr Mann ins Gespräch ein. Ihm war deutlich anzumerken, dass er ein Lachen unterdrücken musste. » Ging zu Bett mit den Strümpfen an … oder nein, er hatte sie eben nicht mehr an. Ich erinnere mich nicht genau.«
»Ich könnte mir vorstellen, dass Lord Godwins Freundin ebenfalls unter dieser Vergesslichkeit leidet. Ach, das waren noch Zeiten, als man jung war und mit einem Lied auf den Lippen erwachte!«
»So jung ist sie nun auch wieder nicht!«, knurrte Godwin, doch Henrietta sah ein beifälliges Aufblitzen in seinem mürrischen Blick.
»Sie brauchen sich doch nicht zu rechtfertigen«, beschwichtigte sie seinen Zorn. »Für einen Mann, den das Gespräch mit einer erwachsenen Frau dermaßen anstrengt, ist es doch gewiss angenehmer, eine so junge Freundin zu haben. Sie müssen an die dreißig Jahre älter sein, nicht wahr? Kinder sind ja so erfrischend!«
»Ich bin nicht dreißig Jahre älter!«, brüllte Godwin. »Ich bin ja selber erst Mitte dreißig!«
Henrietta legte eine Hand auf ihr Herz. Sie amüsierte sich hervorragend. »Meine Güte, hoffentlich habe ich Sie nicht gekränkt!«
Sie musterte ihn eingehend von Kopf bis Fuß. Godwin war so ungepflegt wie immer; sein Haar lockte sich auf seinen Schultern und sein Hemd war voller Tintenflecke.
»Sie haben absolut recht: Ich sehe jetzt, dass Sie gar nicht so alt sind.« Dann stutzte sie, als bezweifelte sie ihre eigene Einschätzung. »Wie dem auch sei, die Zeit löst dieses Problem auf seine eigene Art, Mylord! Bedenken Sie: In spätestens fünf Jahren wird Ihre Freundin das Erwachsenenalter erreichen. Dann können Sie sie behutsam in die furchtbar schwierige Disziplin der Konversation einführen.«
Sie nahm einen Schluck Wein und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Es war so viel unterhaltsamer, mit zwei erwachsenen Männern zu essen statt mit Stiefmutter und Stiefschwester! Nie hätte sie geglaubt, dass sie einmal ein so anspielungsreiches Gespräch mit Männern führen würde. Und die Art, wie Darbys bester Freund sie angaffte, reizte sie, laut zu lachen.
»Ich fürchte, Lord Godwin fällt sogar diese leichte Unterhaltung schwer«, wandte sie sich an ihren Ehemann. »Darby, sollen wir dem armen Mann vorführen, wie ein höfliches Gespräch vonstatten geht? Hören Sie gut zu, Lord Godwin, vielleicht gelingt es uns, Ihnen den Vertrag von Paris zu erklären.«
Doch Rees ließ sie nicht weitersprechen. »Ich will verdammt sein, wenn du dir nicht einen großen Gefallen getan hast, Darby!«, rief er und lachte dröhnend. Dann beugte er sich über den Tisch und nahm Henriettas Hand. Während sie ein wenig erstaunt dreinschaute, hob er ihre Hand unnachahmlich galant an seine Lippen. »Sie überraschen mich! Und nennen Sie mich bitte Rees. Ich
Weitere Kostenlose Bücher