Ein deutscher Wandersommer
Fischotterschutzgebiet beispielsweise war wegen fehlerhafter Gewässerunterhaltung zum Scheitern verurteilt. Im selben Jahr entstand das erste Naturschutzgebiet im kleineren niedersächsischen Teil des Drömlings, und seit 1990 ist der größere sachsen-anhaltinische Teil Naturpark, seit 2005 Naturschutzgebiet.
Da der Drömling kein Nationalpark, sondern »nur« ein Naturschutzgebiet ist, darf dort gejagt und Landwirtschaft betrieben werden. Allerdings muss dies in Abstimmung mit dem Naturschutz erfolgen, das heißt zum Beispiel, dass erst gemäht werden darf, wenn das Jungwild und der Nachwuchs der Wiesenbrüter die Wiesen verlassen haben. Es gibt keine weiteren Trockenlegungen, eher werden Entwässerungsgräben zurückgebaut, sodass mehr Schwemm- und Feuchtland entsteht.
Obwohl der Drömling teilweise landschaftlich genutzt wird, ist er als Biotop von unschätzbarem Wert, weil diese einzigartige Niedermoorlandschaft seltenen Tier- und Pflanzenarten Schutz bietet, die in oder an Gewässern leben. Dazu zählen Tiere wie Fischotter, Biber oder Kreuzkröte. Zahlreichen Vogelarten, etwa Weiß- und Schwarzstorch, Kranich oder Rotmilan, und vor allem Wiesenbrütern wie Großem Brachvogel, Kiebitz und Bekassine bietet der Drömling eine Heimat. Darüber hinaus hat er als Rastplatz für Wasservögel internationale Bedeutung: über 11000 Kraniche, 30000 Gänse und fast 100000 Kiebitze landen hier jedes Jahr. Von den weit über vierhundert Farn- und Blütenpflanzenarten, die man im Drömling findet,stehen gut siebzig auf der Roten Liste, darunter Lungenenzian und Waldgeißblatt.
Interessant ist, dass Anfang der 90er-Jahre Biber aus eigenem Antrieb von der Elbe zuwanderten, vorwiegend über die Ohre und den Mittellandkanal, wobei Biber manchmal auch kleine Landwanderungen unternehmen. Und erstaunlich, dass der Biber an der Elbe, die lange Zeit mit der Saale um den Titel »schmutzigster Fluss Mitteleuropas« konkurrierte, überhaupt so lange hatte überleben können. Im Drömling mit seinen vielen Weiden, Erlen, Pappeln und Espen, alles Weichhölzer, fand das mit über einem Meter Länge zweitgrößte Nagetier der Welt – lediglich das südamerikanische Capybara, das im Deutschen unsinnigerweise »Wasserschwein« heißt, ist größer – ideale Lebensbedingungen vor.
Mitte letzten Jahrhunderts war der Biber in Europa fast ausgerottet. 1947 gab es ihn in Deutschland nur noch an der mittleren Elbe, und dort war der Bestand auf hundert Tiere geschrumpft. Der Biber wurde über die Jahrhunderte aus mehreren Gründen bejagt. Ein Grund war sein schönes Fell, ein zweiter das sogenannte Bibergeil, ein Drüsensekret, das als Wundermedizin begehrt war; heute weiß man, dass Bibergeil eine Salicylsäure-Verbindung enthält, also dem Aspirin ähnlich ist, die der Biber mit der Weidenrinde, seiner Hauptnahrung, aufnimmt. Ein dritter Grund war, dass in den Klöstern Biberfleisch als Fastenspeise galt, weil man sich sagte: Der Biber lebt im Wasser, hat einen Schwanz mit Schuppen, also ist er quasi ein Fisch. Ist er aber nicht, sondern ein Säugetier. Der Schwanz, auch Kelle genannt, galt außerdem als Delikatesse. Ein vierter Grund schließlich war, dass man den Biber als vermeintlichen Fisch- und Krebsräuber als Nahrungskonkurrenten sah. In Wahrheit ist der Biber Vegetarier.
Heute gehört der Biber zwar immer noch zu den geschützten Arten, ist aber nicht mehr vom Aussterben bedroht, wird in manchen Gegenden sogar als Plage empfunden. Weil sie so gern Bäume fällen, sind Biber insbesondere bei Förstern und Obstbauern unbeliebt. Zwar nagen sie hauptsächlich jüngere Bäume an und um, manchmal jedoch auch ausgewachsene. Bei forstwirtschaftlich bedeutenden Baumarten kann der Schaden beträchtlich sein. Biber gestalten mit dem Bau von Dämmen schon mal einen Schlossgarten um, was den Gärtnern und Landschaftspflegern nicht so recht gefallen will. Dämme in Straßennähe können Unterführungen unterspülen und Wohnhöhlen in Hochwasserschutzdeichen sogar einen Deichbruch verursachen. Alles Probleme, die durch geeignete Maßnahmen, beispielweise Fraßschutz an Bäumen, umgangen werden können.
Gegen Abend schlichen Cleo und ich uns an eine Biberburg an, während der Burgherr von der anderen Seite mit einem Stück Holz angeschwommen kam. Biber haben aber eine sehr feine Nase, und sobald er uns witterte, tauchte er ab und verschwand in seinem Bau. Zumindest vermutete ich das, da die Eingänge zur Burg meistens unter Wasser liegen, sind
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