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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Wasserspeier?«
    »Säulen und Wasserspeier?« wiederholte der Architekt mit schwacher Stimme. Er hatte zwar gewußt, daß er es mit einem schwierigen Kunden zu tun hatte, doch das war zuviel. »Sie verlangen, daß ich Säulen und Wasserspeier anbaue?«
    »Das hab ich gesagt, und so meine ich’s auch.«
    »Aber die passen doch nicht zueinander. Will sagen ...«, protestierte der Architekt, ein Anhänger des für seine schlichten Häuser bekannten Schotten Charles Mackintosh. »Weiß ich selber. Ich bin doch kein verfluchter Trottel«, behauptete »Black« Midden steif und fest. »Die Säulen sollen die Vorderfront des Hauses stützen, und die Wasserspeier sollen das Wasser aus den Dachrinnen leiten.«
    »Wenn Sie es so wollen«, sagte der Architekt, der zwar das Geld brauchte, sich aber allmählich fragte, welchen Schaden dieses gräßliche Gebäude seinem Ruf zufügen würde. »Allerdings gibt es ein kleines Problem mit der Veranda. Das heißt, wenn Sie Säulen und eine Veranda wollen ...«
    »Und ob.«
    »Black« Midden ließ nicht locker. »Und es ist Ihre Aufgabe, Probleme zu lösen. Und stellen Sie die Säulen nicht vor die Veranda. Ich will da sitzen und die Aussicht genießen. Die soll mir nicht von Unmengen verdammt großer Säulen vor meiner Nase verschandelt werden. Stellen Sie sie dahinter.« Der Architekt war gegangen und hatte zwei Wochen lang verzweifelt versucht, die Forderungen seines gräßlichen Kunden unter einen Hut zu bringen, während er am Rande eines Nervenzusammenbruchs stand. Schließlich hatte er einen Entwurf vorgelegt, der das Wohlwollen des Alten fand. Middenhall hatte Wasserspeier und Buntglasscheiben. Jedes Schlafzimmer hatte ein Badezimmer, die Säulen standen hinter der riesigen Veranda, und es gab alle nur denkbaren Türme und Erker, Balkone und Loggien.
    »Black« Midden war begeistert. Was man von den übrigen Middens nicht behaupten konnte. Die Familie hatte nie irgendwelche gesellschaftlichen Ambitionen gehabt, und die Middens waren durchaus damit zufrieden gewesen, Kleinbauern oder Ladenbesitzer zu sein, und gelegentlich studierten sie sogar und wurden dann Arzt oder Anwalt. Sie sahen sich selbst gern als solide, ehrbare Menschen, die hart arbeiteten und sonntags in die Kirche gingen. »Black« Midden zerstörte diesen angenehmen Ruf. Seine Exzesse beschränkten sich keineswegs darauf, ein abscheuliches Haus zu bauen. Er hatte eine Serie von der Natur mehr als üppiger Mätressen, die man beim besten Willen nicht alle weiß nennen konnte, nach Middenhall bringen lassen, und zwar immer in offenen Kutschen, so daß man ihre Anwesenheit nicht ignorieren konnte; dann hatten sie ihre ausladenden Reize nicht nur auf den Rasenflächen zur Schau gestellt, sondern auch – bei der denkwürdigsten Gelegenheit –, als sie auf einem Gartenfest, zu dem sich der Bischof von Twixt törichterweise eingefunden hatte, nackt im See schwammen. »Na, dieser dämliche alte Arsch wird mich nicht vergessen«, hatte »Black« Midden damals bemerkt und anschließend nachhaltig dafür gesorgt, daß ihn auch kein anderer je vergaß, der nach Middenhall kam, indem er die Auffahrt mit einer Reihe Skulpturen aus besonders hartem Granit säumen ließ, von denen jede einzelne ein vorgeblich mythisches Ereignis abstoßend authentisch darstellte, wenn man von der Größe absah. Am Ende der Auffahrt genoß eine sieben Meter große Leda allzu offenkundig die Zuneigung eines gewaltigen Schwans, während es weiter unten die Sabinerinnen von ein paar gut bestückten römischen Soldaten besorgt bekamen.
    Das alles hatte »Black« Midden ausgesprochen gut gefallen. Andere waren anderer Meinung. Ein Jahr lang hatte sich »Black« Midden trotz örtlichen Widerstands gegen die scheußlichen Statuen behauptet, indem er unter immensen Kosten Personal von außerhalb der Grafschaft anstellte. Schließlich hatte er sich – von seiner gesamten Verwandtschaft und der restlichen Grafschaft geächtet – nach Lausanne zurückgezogen, wo er 1931 an Affendrüsenvergiftung starb, als er versuchte, seine Männlichkeit zurückzugewinnen. Damals waren die Statuen von einem Sprengkommando aus den Steinbrüchen in Long Stretchon geschleift worden, wobei auch eine Anzahl Fenster in Middenhall zu Bruch gegangen waren, was, wie man annahm, vor allem auf den Versuch von »Blacks« Neffen Herbert Midden zurückzuführen war, das gesamte Haus in die Luft zu sprengen. »Black« Middens Rache zeigte sich erst bei der Verlesung seines

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