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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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er sich ein Bäuchlein zugelegt und trug in letzter Zeit einen dunkelblauen zweireihigen Blazer, an den er sich die Messingknöpfe eines schottischen Highland-Regiments genäht hatte, die er in einem Trödelladen in Stagstead aufgetrieben hatte. Das Regiment war schon längst aufgelöst worden, ehe der Major seine Heereslaufbahn hätte beginnen können. Das wußte Miss Midden und war versucht gewesen zu fragen, warum er sich nicht auch noch einen Kilt zulegte, brachte es aber nicht übers Herz. Es war nicht nötig, ihn in seinem Stolz zu kränken, er hatte so wenig davon. Ohnehin hatte er erbärmlich dünne Beinchen ... Nein, es war besser zu schweigen. Jedenfalls gab es Zeiten – so wie jetzt –, da wäre sie ihn am liebsten los. Andererseits war Major MacPhee trotz all seiner Fehler kein Midden, und da unten in Middenhall so viele Familienmitglieder – oder Menschen, die sich als Verwandte ausgaben wohnten, sprach die Tatsache für ihn, daß er keine Ansprüche an sie stellte. Wie sie es gegenüber Phoebe Turnbird drüben im Carryclogs House formuliert hatte: »Natürlich ist er ein ganz albernes Männchen, und falls er je gedient hat, dann wahrscheinlich als Unteroffizier beim Verpflegungsregiment, aber wenigstens kann ich ihn rausschmeißen, wann immer mir danach ist, was ich von den Leuten in der Hall nicht behaupten kann. Die habe ich am Hals. Manchmal träume ich, das Anwesen ist abgebrannt, und ich kann mich retten. Dann wache ich auf, und da steht es noch, in all seiner geballten Scheußlichkeit.«
    »Aber es ist ein hübsches Haus ... auf seine Weise«, sagte Phoebe, doch Miss Midden ließ sich nicht bevormunden oder für dumm verkaufen. Carryclogs House war schön, Middenhall nicht.
    Als sie jetzt durch die Nacht auf den schmalen Straßen heimfuhr, die sie so gut kannte und bei dieser Gelegenheit so sehr verabscheute, verfluchte sie den Major und ihre Rolle als Herrin von Middenhall. Am allermeisten verfluchte sie Middenhall. Zu Beginn des Jahrhunderts von ihrem Urgroßvater »Black« Midden erbaut, um der Welt zu beweisen, daß er mittels billiger eingeborener Arbeitskräfte und des massiven Einsatzes von Geschäftspraktiken, die man sogar nach den damals in Johannesburg geltenden laschen Maßstäben für fragwürdiger und hinterhältiger hielt, als gesellschaftlich akzeptabel war, demonstrierte das Herrenhaus (»Steinhaufen« wäre der passendere Begriff) seinen überhaupt nicht vorhandenen Geschmack. Oder, um präziser zu sein, daß er zwar Geschmack hatte, aber von einer Sorte, die man nur grauenhaft nennen konnte.
    Middenhall selbst zu beschreiben, war nahezu unmöglich. Das Gebäude kombinierte die schlimmsten Marotten sämtlicher Architekturstile, die »Black« Midden überhaupt nur einfielen, mit einer hervorragenden und, wie es schien, unerschütterlichen strukturellen Stabilität. Insofern spiegelte es präzise den Charakter des alten Mannes wider.
    »Es soll ein Monument für meinen Erfolg im Leben sein«, sagte er dem ersten Architekten, den er beauftragte. »Und ich habe es nicht soweit gebracht, indem ich nett und wischiwaschi war. Ich hab’s auf die harte Tour geschafft und will ein Haus hinterlassen, das genauso hart ist wie ich.« Der Architekt, ein Mann mit hochentwickeltem Gespür, hatte so seine eigenen Vorstellungen davon, wie es sein Auftraggeber »geschafft« hatte, und nahm zu Recht an, daß dessen Angestellte ein äußerst hartes Leben hatten.
    Dementsprechend besaß sein Entwurf den Charme eines Blockhauses aus Beton (»Black« Midden hatte im Burenkrieg zahlreiche Blockhäuser für die Briten gebaut). Der alte Mann hatte den Entwurf abgelehnt.
    »Ich sagte ein Haus, kein verdammtes Gefängnis«, sagte er. »Ich will Türme und Erker, Fenster mit Buntglasscheiben und eine riesige Veranda, auf der ich sitzen und meine Pfeife rauchen kann. Und wo sind die Badezimmer?«
    »Na, hier ist eins, und da drüben noch eins, und ...«
    »Ich will neben jedem Schlafzimmer eins haben. Ich will nicht, daß die Leute in Morgenmänteln herumlatschen und die Dinger suchen. Mir ist egal, was andere Leute haben. Ich will was Besseres. Und anders soll es sein.« Der Architekt, der das bereits wußte, zog los und zeichnete zusätzliche Türme und Erker, Fenster mit Buntglasscheiben und eine riesige Veranda und zu jedem Schlafzimmer ein Badezimmer. Doch »Black« Midden war immer noch nicht zufrieden.
    »Wo sind die vorderen Säulen, wie man sie in Griechenland hat?« wollte er wissen. »Und die

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