Ein Dicker Hund.
keinerlei Einfluß auf Sir Edwards Ansicht, alle Frauen würden von Natur aus von unverständlichen und finsteren sexuellen Trieben regiert, die sie gefälligst zu bändigen oder, noch besser, zu ignorieren hatten. Und Lady Vy hatte ihre eigenen Gründe, seine Wut zu fürchten. »Jetzt hör mir mal zu, Liebling«, fuhr Bea fort, setzte wieder einmal ihren Blick ein, um Vys Gehorsam zu erzwingen, und packte sie am Handgelenk, »du mußt ihm als erstes erzählen, daß Arnold den Jungen selbst dort hingebracht hat, mit dem klaren Vorsatz, dich in seine Verbrechen hineinzuziehen.«
»Aber Bea, ich begreife nicht, wie.«
»Verrät es dir etwa nichts über Arnolds Vorlieben, daß der Junge nackt und mit Bettlaken gefesselt war, und daß Arnold ihm ständig Valium verabreichte?«
»Schon möglich, daß er ein wenig in diese Richtung tendiert«, gab Vy zu. »Er kann sehr gewalttätig werden, und ich vermute, daß er irgendwo in Tween ein Flittchen hat.«
»Aber ist es wirklich nur ein Flittchen? Nicht vielleicht ein hübscher Knabe?«
»Also ich weiß nicht recht. Das ist alles so verwirrend«, gestand Lady Vy, die sich nach einem Themenwechsel sehnte. »Ich hab mich so darauf gefreut, bei Tamara’s einen Mantel zu kaufen. Glaubst du wirklich, daß er mir steht?« Aber Tantchen Bea ließ sich von den Sirenengesängen superteurer Damenschneider nicht ablenken. Gleich würde sie ihre Trumpfkarte ausspielen.
»Offenbar bist du dir nicht darüber im klaren, daß die Medien Arnold schon auf die Schliche gekommen sind«, sagte sie. »Sie haben die Witterung eines größeren Skandals aufgenommen, gigantischer als der letzte, und du mußt etwas unternehmen, ehe er veröffentlicht wird und du samt Arnold und den anderen in diesem Sumpf versinkst.«
»Welcher neue Skandal? Worum geht’s dabei? Du mußt es mir erklären.«
»Nur wenn du versprichst, daß du morgen früh deinen Vater aufsuchst. Versprochen?«
Einen Augenblick lang zögerte Lady Vy, doch der Gin und ihre Neugier gewannen die Oberhand.
»Versprochen«, sagte sie, aber Tantchen Bea wollte es ihr immer noch nicht verraten.
»Du mußt ihm alles erzählen, was du über Arnold weißt. Es muß sein, zu deiner eigenen Rettung. Dein Vater wird wissen, was zu tun ist.«
Tante Bea rief die Bedienung und zahlte. Sie nahmen ein Taxi zu Beas Wohnung.
»Heute nacht mußt du allein schlafen«, sagte sie. »Ich möchte, daß du dir sorgfältig überlegst, was du morgen sagen wirst, und morgen früh erzählst du es mir.« Und mit einem flüchtigen Kuß war sie weg. Lady Vy ging seufzend zu Bett. Sie dachte nur ungern über Unangenehmes nach. Und Daddy aufzusuchen war wirklich sehr unangenehm. Überall spitzte sich die Lage zu. In dieser Nacht klingelte im Voleney House um halb eins das Telefon, bis Ernestine Bright aufstand und in ihrem Ankleidezimmer den Hörer abnahm. »Wissen Sie, wieviel Uhr es ist?« fragte sie in betont arrogantem Tonfall und war entsetzt, als der aus Drumstruthie anrufende Fergus antwortete, das wisse er allerdings. »Ja, ich weiß sehr wohl, daß es ein gutes Stück nach Mitternacht ist«, sagte er, »und ich würde nicht anrufen, wenn es nicht wichtig wäre. Wo ist dein Sohn Timothy?«
»Vermutlich ist er in London. Dort hält er sich gewöhnlich auf.«
»Das ist mir klar, und ich würde dich nicht anrufen, wenn ich ihn finden könnte. Ich muß allerdings herausfinden, wo er jetzt gerade steckt.«
»Du klingst so eigenartig, Fergus«, sagte Ernestine zu ihm. »Ein Mann deines Alters sollte keine Spirituosen trinken. Das bekommt deinem Blutdruck nicht. Also, falls du morgen früh noch mal anrufen möchtest ...«
»Dieses Geplänkel können wir uns sparen, wenn du nichts dagegen hast«, sagte Onkel Fergus. »Du solltest wissen, daß ich nichts getrunken habe. Außerdem solltest du wissen, daß Boskie hier bei mir ist und ...«
»Boskie bei dir?« fragte Ernestine, ehrlich verdutzt. »Tante Boskie? Aber du hast uns doch erzählt, sie habe letzten Monat an der Schwelle des Todes gestanden. Da kann sie doch unmöglich bei dir sein.«
»Ich versichere dir, sie ist hier, und sie liegt keinesfalls im Sterben, oder Tante Boskie?«
Wie es sich anhörte, bestand wohl kein Zweifel daran, daß Boskie trotz ihrer einundneunzig Jahre noch nicht tot war. »Also, Ernestine, sie will mit deinem Sohn reden.«
»Warum denn? Was will sie von Timothy?«
»Ich habe den Eindruck, daß sie ihn umbringen will, wenn du’s wirklich wissen willst«, antwortete
Weitere Kostenlose Bücher