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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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wollte zum Abendessen vorbeikommen, und schon lange bevor dieser gelehrte Professor eintraf, wollte er sie wieder aus der Wohnung entfernt haben. Als sie kam, stellte er zu seiner Bestürzung fest, daß sie völlig nüchtern und offenbar ernstlich beunruhigt war. »Was ist denn los?« erkundigte er sich mit dem für all seine Kontakte mit den Frauen der Familie charakteristischen fehlenden Mitgefühl. Lady Valence, seine Frau, hatte einmal erklärt, mit Sir Edward verheiratet zu sein wäre nur damit vergleichbar, als Schinken geräuchert zu werden. »Nicht daß ich etwas gegen sein Rauchen hätte«, sagte sie. »Aber der erbarmungslose Weiberhaß dieses Unholds hat mich zu dem verschrumpelten Geschöpf gemacht, das Sie hier vor sich sehen.« Dieser Vergleich war ungerecht. Die von der Gesprächsführung seiner Frau ausgehende unsägliche Langeweile sowie die Plumpheit seiner Tochter hatten dazu geführt, daß Sir Edward felsenfest glaubte, mit Hilfe der Frauenbewegung seine Privatsphäre schützen zu können. »Der große Vorteil der befreiten und gebildeten Frau besteht darin, daß sie nichts mit mir zu tun haben will«, hatte er erklärt und genauso intensiv universelle lesbische Liebe propagiert, wie er aus demselben Grund für die Wehrpflicht von Frauen eintrat. Als er jetzt seiner verstörten und nüchternen Tochter gegenüberstand, konnte er sich nur seufzend wünschen, die nächste halbe Stunde möge rasch vorübergehen. »Ich weiß nicht, wie ich’s dir sagen soll, Daddy«, verfiel Vy in die, wie sie irrtümlich annahm, von ihm geschätzte Kleinkindersprache.
    »Warum machst du dir dann die Mühe?« fragte ihr Vater. »Wenn dir nicht danach ist ...«
    »Weißt du, es geht um Arnold, Daddy«, fuhr sie fort. »Er ist unmöglich geworden.«
    »Geworden?« wiederholte Sir Edward, für den sein Schwiegersohn schon immer eher schwer erträglich gewesen war.
    »Er hat sich gegen mich verschworen, Daddy, Ehrenwort.«
    »Verschworen? Warum zum Teufel?«
    »Er will mich zum Schweigen bringen.«
    »Tatsächlich? Unternehmungslustiger Bursche, dein Mann. Ich hab das bei deiner Mutter jahrelang versucht, aber es war ein verdammter Schuß in den Ofen.«
    Lady Vys Gesicht wurde noch länger.
    »Warum bist du immer so fies zu mir, Daddy?« winselte sie. »Weil du mich besuchst, Liebes, darum«, antwortete Sir Edward. »Wenn du wegbleiben würdest, könnte ich es nicht sein, korrekt?«
    »Aber du hörst ja nicht mal, was ich zu sagen habe.«
    »Ich bemühe mich wegzuhören, aber das eine oder andere bleibt hängen. Woran dachtest du?« fragte Sir Edward. »Daran, daß sich Arnold gegen mich verschworen hat. Er will nämlich verhindern, daß ich mit den Zeitungen rede.« Sir Edward musterte sie über seine wulstigen Wangen hinweg.
    »Sehr vernünftig von ihm, will ich meinen«, sagte er. »Bin ganz seiner Ansicht. Du solltest dich von den Zeitungen möglichst weit fernhalten. Worüber beklagst du dich, Liebes?« Lady Vy sah sich hektisch in dem von Büchern gesäumten Zimmer um und heftete dann ihren Blick auf die schweren Samtvorhänge.
    »Er hat neulich einen nackten Mann in mein Bett gelegt und ihn später fast totgeschlagen.« In ihrer Panik schrie sie fast. »Dann mußte ich ihm helfen, den Mann runter in den Keller zu bringen, wo er ihn mit zwei Laken und meterweise Klebeband verschnürt hat, und dann hat er aus der Küche eine Bratenspritze geholt und ...«
    »Augenblick mal, Augenblick mal. Da muß ich passen.
    Arnold hat aus der Küche eine Bratenspritze geholt? Warum in Gottes Namen hat er das getan?«
    »Er hat sie benutzt, um dem Jungen Valium mit Whisky zu verabreichen. Es war grauenhaft, Daddy.«
    »Ja, das will ich wohl meinen. Absolut widerwärtig und gefährlich. Das solltest du ihm klarmachen. Schließlich ist er dein Mann, auch wenn Gott allein weiß, warum du diesen Mistkerl geheiratet hast. Aber du hast dich in dieses gemachte Bett gelegt, und da mußt du nun gefälligst auch liegen.«
    »Aber doch nicht mit einem nackten Freund oder sonstwas von Arnold, Daddy. Das kannst du nicht von mir erwarten.«
    »Nicht? Warum eigentlich nicht? Ich könnte mir denken, daß jeder besser wäre als Arnold. Schauderhafter Geselle. Fand ich schon immer.«
    »Aber begreifst du denn nicht, was ich da sage, lieber Daddy?« flehte ihn Lady Vy weinerlich an. »Ich bemühe mich, es nicht zu tun, meine Liebe«, sagte Sir Edward und spülte sich den Mund mit Brandy aus, um das zu unterstreichen und um ins Kaminfeuer zu spucken.

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