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Ein dickes Fell

Titel: Ein dickes Fell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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sich an, als wollte er bestätigt haben, daß ich mir die Achseln rasiere.
    Ich sagte: »Rum eigentlich nicht.«
    »Du wirst ihn lieben«, ignorierte Soluschka meine Antwort und schenkte uns beiden ein.
    Wir stießen mit schweren Gläsern an. Es sah aus, als kollidierten zwei Aquarien. Tatsächlich schmeckte die barbadische Zuckerrohrdestillation besser, als ich erwartet hatte. So gut aber auch wieder nicht, daß ich Herrn Soluschka gleich in die Arme gefallen wäre.
    Es wurde nun einigermaßen kompliziert, sich mit ihm zu unterhalten. Ständig kamen Männchen und Weibchen herbeigeflogen, um Küsse in einer seiner konkaven Wangen unterzubringen. Als legten sie Eier, diese Tussis und Tunten, Kuckuckseier.
    »Was feiern wir eigentlich?« fragte ich zwischen zwei Eierablagen.
    »Mein Agent starb letzte Woche.«
    Ich machte ein verblüfftes Gesicht und fragte, ob Soluschka wirklich glaube, daß diese Art von Totenfest seinem Agenten gefallen hätte.
    »Keineswegs. Darum ist ja auch alles, wie es ist. Ich konnte diesen Kerl nie ausstehen. Wir hatten einen dummen Vertrag, der mich an ihn gebunden hat. Das ist jetzt vorbei. Manchmal ist der Tod auch für den eine Erlösung, der zurückbleibt. Der Mann hatte Krebs, ich meine Sorgen mit ihm. Jetzt sind wir beide beides los. Wenn das kein guter Grund ist, um zu feiern.«
    »Im Ernst?«
    »Warum nicht, Magda? Ich darf dich doch Magda nennen?«
    »Wenn du meinst, Sam.«
    Der Mann, der Sam war, produzierte einen von diesen Blicken, die wie ein kleines, hübsch verpacktes Geschenk, mehr ein Geschenkchen, durch die Luft schweben, um dann knapp vor den Augen des Adressaten zu explodieren. Keine Frage, Sam Soluschka hatte in diesem Moment beschlossen, mit mir zu schlafen. Besser gesagt, mich zu ficken. Leute wie er ficken immer nur.
    Mir selbst wiederum war klar geworden, daß ich genau daran nicht vorbeikommen würde. Das gehörte dazu wie das Aufbrechen der Zimmertüre in seiner Wohnung. Ohnehin störte mich das nicht, das bißchen Sex, wenn es denn nötig war. Allerdings fürchtete ich, Sam könnte wie die meisten starken Trinker darauf bestehen, daß ich ihm einen blase. Das ist etwas, was ich hasse. Wobei dies nichts mit Prüderie zu tun hat, sondern mit Ekel. Was wiederum nur für ausgesprochene Schweine das gleiche ist. Ich schätze es durchaus, mittels einer männlichen Erektion befriedigt zu werden. Aber wieso soll ich ein Ding, das in meine Scheide gehört, in meinen Mund stecken? Ich käme auch nicht auf die Idee, mit den Ohren essen zu wollen. Oder den Löffel zum Umrühren mit meinem Nabel festzuhalten. Bin ich ein Zirkushund?
    Typen, die auf diese Blaserei nicht verzichten können, müssen dann eben auf mich verzichten. Genau das sagte ich zu Sam Soluschka, als wir eben aus dem Taxi gestiegen waren und durch das Vestibül des Hotels marschierten.
    »Kein Problem«, meinte er. »Was nicht sein muß, muß nicht sein.«
    Woran er sich auch hielt. Allerdings war seine Art des Eindringens eher von der harten Sorte. Als wollte er eine Barriere durchbrechen. Oder eine aufbauen. Wie man einen Ziegelstein über den anderen legt und irgendwann der Ausblick versperrt ist. Keine Ahnung. Ich ließ einfach geschehen, was geschah. Ein wenig sogar rührte mich seine verzweifelte Art des Zustoßens, obgleich er mir natürlich weh tat und ich üblicherweise nicht zulasse, einen Schmerz zu erleiden, der mir nicht behagt. Aber ich war nun mal nicht hier, um diesen Mann aus dem Bett zu werfen und zu belehren. Ich war hier, um zu begreifen, wer er war. Und vor allem war ich natürlich hier, um herauszubekommen, was es mit dem Fläschchen 4711 auf sich hatte.
    Nachdem er sich in sein Präservativ entladen hatte und wie ein vom Sattel geschossener Indianer oder Kavallerist von mir heruntergerutscht war, fragte ich ihn, ob er eigentlich eine Ahnung hätte, daß wir praktisch Nachbarn seien.
    »Wie Nachbarn?« fragte er und drehte sich halb zu mir.
    »Ich wohne im Haus gegenüber«, sagte ich.
    »Was für ein Haus?«
    Ich erklärte ihm, was für ein Haus und daß ich ihn sehen konnte, wenn er am Fenster oder auf dem Balkon stand.
    Ich spürte seine Unsicherheit. Er wirkte nachdenklich. Überlegte wohl, ob ich eventuell mit dem Verschwinden seiner 4711-Kostbarkeit zu tun hatte.
    »Das ist ja interessant«, sprach er ein wenig hilflos.
    Ich war natürlich auf diesen Moment vorbereitet. Ich stieg nackt wie ich war aus dem Bett. Nackt bis auf meine Highheels. Ich ziehe unter keinen Umständen meine

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