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Ein dickes Fell

Titel: Ein dickes Fell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Dalgard?«
    »Ja, das tue ich.«
    »Er aber Sie nicht, wie es scheint. Können Sie mir das erklären?«
    »Der Kerl blufft.«
    »Sie verlangen jetzt hoffentlich nicht, daß ich ihn festnehme und seine Waffe konfisziere.«
    »Seine Waffe?«
    »Na, was denken Sie, Cheng. Der Mann ist von seiner Regierung hierher geschickt worden, um Frau Gude zu beschützen.«
    »Und da hat er soviel Zeit, mit Anna Gemini zu flirten?«
    »Seine Methoden«, sagte Straka, »stehen nicht zur Diskussion. Vergessen Sie nicht, Dalgard ist ja nur hier, weil man nämlich uns Österreicher punkto Personenschutz für ziemliche Versager hält. Eine Anschauung, die angesichts des Todes von diesem Superschriftsteiler nicht gerade revidiert werden wird, oder?«
    »Nicht unbedingt, nein.«
    »Und in dieser unvorteilhaften Situation werden wir uns also kaum mit Herrn Dalgard anlegen können. Seine Schutzbefohlene lebt ja noch. Er würde nicht darauf verzichten, uns diesen Umstand unter die Nase zu reiben. Nein, das ist vollkommen korrekt, wenn Dalgard eine Waffe trägt.«
    »Und wieso verschafft er Anna Gemini ein Alibi?«
    »Was heißt verschafft? Nicht, daß ich Frau Gemini traue. Andererseits wüßte ich nicht, weshalb ich Herrn Dalgard mißtrauen sollte. Sagen Sie mir doch, wieso.«
    Noch bevor die Lifttüre sich öffnete, war bereits das Getrommel klatschender Hände zu vernehmen. Offensichtlich hatte Magda Gude soeben ihre Rede beendet.
    »Ein Alibi ist immer auch ein Alibi für den, der es gibt«, sagte Cheng, während die Lifttüren auseinanderglitten und der Applaus wie ein blutiger Sturzbach in die Kabine schwappte. Als laufe der Film Shining rückwärts.
    »Ja«, nickte Straka, »da haben Sie recht. So ist das mit Alibis.«
    »Wo waren Sie eigentlich?« Es war Bischof, der gefragt hatte. Es ging ihm wie Lukastik. Er konnte Cheng nicht ausstehen.
    »Auf dem Dach. Zum Plaudern«, sagte Cheng, nickte Straka zu und begab sich ans andere Ende der langgezogenen, durchgehenden Etage, dorthin, wo sich das Publikum drängte und in diesem Moment eine letzte Ovation verklang. Magda Gude trat hinter einem Pult hervor, eine kirschrote Tasche im Arm, die sie an sich drückte, ein wenig wie man das mit sehr kleinen Hunden tut, die auf den Boden abzusetzen viel zu riskant wäre. Sofort war sie umgeben von einer Gruppe von Herren, welche geradezu eine Gugelhupfform um sie herum bildeten.
    Die Masse des Publikums bröckelte. Klumpen bildeten sich. Auf einen davon bewegte sich Cheng zu. Dieser Klumpen bestand aus Ludvig Dalgard und Anna Gemini. Und peinlicherweise aus Irene und Helwig, die mittels ihrer Verheiratung als Herr und Frau Brawenz hier auftraten.
    »Da sind Sie ja endlich, Cheng«, sagte Gemini. »Wo haben Sie gesteckt?«
    Es klang nicht gekünstelt. Es klang wie immer, wenn Anna Gemini sprach. Und nicht minder glaubwürdig hörte es sich nun an, als Anna Gemini das Ehepaar Brawenz sowie Herrn Ludvig Dalgard aus Oslo vorstellte, lauter Personen, die sie im Laufe des Abends kennengelernt habe.
    »Das ist ein Witz«, sagte Cheng. Und eigentlich meinte er alles. Diese Situation hier, aber auch die ganze Welt. Eine Welt, die solche Situationen hervorbrachte.
    Irene Brawenz grinste breit und erklärte nun, weshalb Herr Cheng von einem Witz sprechen würde: »Er ist mein Ex-Mann.«
    »Großartig!« lachte Dalgard. Alle lachten. Sogar Cheng, in etwa wie ein Baum lacht, wenn er umgeschnitten wird.
    Cheng brauchte gar nicht erst nachzufragen. Es würde schlußendlich so aussehen, daß Dalgard, seines Jobs ein wenig müde, Anna Gemini angesprochen hatte und man später mit dem Ehepaar Brawenz ins Gespräch gekommen sei, alles zufällig, um dann zu viert der Rede Magda Gudes zu lauschen. Perfekt! Ausgerechnet Chengs Ex-Frau würde somit Anna Geminis Alibi abrunden können. Und somit auch Ludvig Dalgards Alibi. Es hatte sich geradezu ein Netz von Alibis ergeben, in dem die Akteure scheinbar willenlos hängengeblieben waren.
    Nur Cheng hing nicht. Eher stand er im Regen. Immerhin machte er sich noch die Mühe, Dalgard eine Frage zu stellen: »Könnte es sein, daß wir uns kennen?«
    »Nicht, daß ich wüßte«, antwortete Dalgard. »Jedenfalls waren wir zwei, glaube ich, noch nie miteinander verheiratet.«
    Wieder wurde gelacht. Sodann ging man dazu über – wie um das Lachen nicht zu übertreiben –, die Rede Magda Gudes zu kommentieren und festzustellen, wie akzentfrei ihr Deutsch sei. Scheinbar wußte niemand, daß Frau Gude geborene Deutsche war. Nun,

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