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Ein dickes Fell

Titel: Ein dickes Fell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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dich, Darling. Es hängt mit dir zusammen.«
    »Wie mit mir?«
    »Eine Überraschung.«
    »Also, in der Regel«, erklärte Einar, »weiß ich selbst ganz gut, was ich brauche und was nicht. Und ob es fünfzigtausend Dollar wert ist. Um ehrlich zu sein, fällt mir auf die Schnelle gar nichts ein, wofür ich hier und jetzt einen solchen Betrag ausgeben wollte.«
    »Weil du nicht an dich denkst.«
    »Hör zu, Magda, wenn du planst, mir um fünfzigtausend Dollar ein Geschenk zu machen, dann wäre es mir lieb, du würdest diesen Betrag von deinem eigenen Konto abheben.«
    »Du weißt ganz genau, daß ich über soviel Geld nicht verfüge.«
    »Da glaube ich aber etwas anderes zu wissen.«
    »Dann irrst du dich eben. Außerdem: Lenk nicht ab! Wenn ich soviel Geld von dir verlange, dann habe ich einen guten Grund. Ich werde sicher nicht so blöd sein, ein dämliches Motorboot anzuschaffen. Oder noch ein paar tausend Aquariumsfische. Oder überteuertes Teegeschirr. Und ich werde auch keine Kaviarfabrik erwerben, um Schriftsteller durchzufüttern.«
    »Trotzdem möchte ich gerne wissen, worum es geht.«
    »Würdest du es jetzt erfahren, wäre es keine Überraschung und würde jeglichen Sinn verlieren.«
    »Nun, da kann man nichts machen«, sagte der Botschafter, nahm auf einem Hocker Platz und beugte sich zu einem Paar schwarzer Schuhe.
    »Wäre es dir lieber«, fragte Magda, »ich würde dir eine halbwegs plausible Geschichte auftischen, an der rein gar nichts stimmt?«
    »Dafür soll ich dir fünfzigtausend Dollar geben? Dafür, daß du mich nicht anlügst?«
    »Vergiß es«, sagte Magda und strich ein paar letzte Falten ihres Kleides glatt. Eine Künstlerin und ihr Kunstwerk. Dann ergänzte sie: »Fünfzigtausend sind nicht die Welt. Es gibt wohl noch andere Möglichkeiten.«
    »Ich habe nicht gesagt, du sollst einen deiner Freunde anbetteln.«
    »Wer bettelt hier? Ich nicht. Du bettelst. Du bettelst darum, daß ich dir etwas erzähle, was zu erzählen sich im Moment verbietet. Verhältst dich wie ein Siebenjähriger, der Weihnachten nicht erwarten kann.«
    »Siebenjährige müssen sich ihre Geschenke nicht selbst finanzieren.«
    »Dafür haben sie auch selten Spaß an dem, was sie bekommen.«
    »Und du meinst, ich würde später meinen Spaß haben, wenn ich dir jetzt Fünfzigtausend überweise?«
    »Keine Überweisung. Ich brauche das Geld in bar.«
    »Wird ja immer toller. Geld in bar. Wie vor hundert Jahren. Sag mal, spielt dein kleiner Schriftstellerfreund dabei eine Rolle?«
    »Der Popstar?«
    »Ja, der Zuhälter, der sich als Popstar ausgibt, welcher Bücher schreibt.«
    »Nein«, sagte Magda, »er hat meine Fünfzigtausend nicht nötig. Seine Zuhälterei scheint sich zu lohnen.«
    »Schön für ihn«, sagte der Botschafter und beugte sich erneut zu seinen Schuhen, als wollte er sich zwei freundlichen Zwerghündchen widmen. Sodann band er seine Schuhriemen in der Art von Zwerghündchenschleifen.
    Damit war das Gespräch fürs erste beendet. Wortlos fuhr das Ehepaar hinüber zur Königlichen Bibliothek, wo man sich nach Absolvierung einiger unerläßlicher Übungen voneinander trennte. Einar Gude trat ohne Begeisterung, jedoch mit einem Gefühl der Sicherheit ob vertrauter Rituale, in eine diplomatische Runde, während Magda in Musenmanier die Versammlung fetter und auch gar nicht so fetter Schriftsteller für sich in Anspruch nahm. Irgendwo standen auch Diplomatengattinnen und Gesellschaftskühe und Schriftstellerinnen. Aber die hielten sich fern. Magda Gude verbrauchte viel zu viel von der speziell weiblichen Luft, als daß andere ehrgeizige Damen in ihrer Nähe ordentlich hätten atmen können.
    Später am Abend, nachdem die Vertreter des Königshauses gegangen waren, erfaßte eine gewisse Lockerheit die Veranstaltung. Die Schriftsteller zogen in deutlichem Maße das Ruder an sich. Das Ruder, die Stimmung und die Gattinnen diverser Diplomaten.
    Während Einar Gude in einen der zahlreichen Nebenräume abgetaucht war, um im Plauderton ein paar Weltkrisen zu besprechen, liefen sich Magda Gude und jener schreibende Popstar über den Weg.
    »Was tust du hier, Magda?« fragte der junge Mann, der einen violetten Samtanzug trug, dazu ein Hemd aus dem Nachlaß von Liberace.
    »Ich bin mit Einar hier.«
    »Genieße deinen Mann, solange es geht.«
    »Man muß auch loslassen können«, erklärte Magda Gude und bewegte sich an dem Schriftsteller wie an einer Häuserkante vorbei, die sie eigentlich sehr viel lieber weggesprengt

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