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Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mayle
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Afrika seinen Nachholbedarf in puncto Sinneslust und Gaumenfreuden zu befriedigen. Es dauerte nicht lange, bis Paris ihm vor Augen führte, wie wenig er über eine Sache wusste, die er doch in vollen Zügen genoss: Wein. Wie die meisten Amateure mit einem empfänglichen Gaumen konnte er einen guten Tropfen von einem gewöhnlichen und einen exzellenten von einem guten unterscheiden. Doch gab es Zeiten, in denen das verführerische Flüstern der Sommeliers ihn überforderte. Außerdem waren die Pariser Weinkarten mit den Namen unbekannter Weingüter gefüllt. Es war frustrierend. Er wollte Bescheid wissen, nicht raten. Und da er sowohl über die Zeit als auch das nötige Kleingeld verfügte, beschloss er, sich einen sechsmonatigen Kurs an der Université du Vin in Suze-la-Rousse zu gönnen, eine Hochschuleinrichtung, die passenderweise im Weinanbaugebiet Côtes du Rhône ihren Standort hatte.
    Er stellte fest, dass die Weinuniversität im Vergleich zur juristischen Fakultät eine erhebliche Verbesserung seiner Lebensqualität darstellte. Die Studieninhalte waren wesentlich weniger trocken. Seine kosmopolitischen Kommilitonen –
Franzosen, Engländer, einige indische Pioniere und der unvermeidliche Schotte – waren ebenfalls interessanter. Die Feldforschungen in den Weinbauregionen Hermitage (Heimat der »männlichsten« Weine auf Erden), Côte-Rôtie, Cornas und Châteauneuf-du-Pape erwiesen sich als ebenso köstlich wie lehrreich. Er begann, ein paar Brocken Französisch aufzuschnappen und zog sogar kurzfristig in Betracht, ein Weingut zu kaufen. Die Zeit verging wie im Fluge.
    Doch er war noch nicht bereit, sich in der ländlichen Idylle Frankreichs zur Ruhe zu setzen, und nach der jahrelangen Odyssee verspürte er den Sog der Heimat. Wie mochte sich Amerika während seiner Abwesenheit verändert haben? Wie hatte er sich verändert?
    In gewisser Hinsicht überhaupt nicht. Die Faszination, die geniale Verbrechen ohne Blutvergießen auf ihn ausübten, war nach wie vor groß, und gegen Ende des Kurses kehrten seine Gedanken immer häufiger zu der Vorstellung zurück, wieder zu arbeiten – wenngleich mit einem Unterschied. Die Erinnerungen an das kongolesische Gefängnis waren immer noch sehr lebendig. Dieses Mal, nahm er sich vor, würde er sich auf der legitimen Seite des Zauns betätigen, als Ermittler und juristischer Berater in Strafsachen. Oder als Bock, den man zum Gärtner gemacht hatte, wie er es zu nennen beliebte.
    Für einen Mann, der das Leben auf der Sonnenseite genoss, war die Wahl, sein Hauptquartier in Los Angeles aufzuschlagen, beinahe unvermeidlich. L.A. hatte alles, was das Herz begehrte: ein wundervolles Klima, Geld und Extravaganz, ein hohes Aufkommen an Multimillionären, die in dubiose Geschäfte verwickelt waren, die unseligen Exzesse der Filmindustrie und hübsche Mädchen und Prominente in Hülle und Fülle – kurzum, hier wurden ihm sämtliche
Ingredienzien für lukrative und kurzweilige Aktivitäten auf dem Präsentierteller serviert. Und nach einer kurzen Erkundungsaktion fand er auch den idealen Ort, um sich niederzulassen.
    Chateau Marmont, ein Stück abseits vom Sunset Boulevard in West Hollywood gelegen, war als das erste erdbebensichere Wohnhaus in L.A. konzipiert worden. Doch bedauerlicherweise wurde es 1929 fertiggestellt, als die finanziellen Beben des Börsenkrachs die Weltwirtschaft erschütterten. Die Krise machte einen rentablen Verkauf der Eigentumswohnungen unmöglich. Einzelne Zimmer waren leichter an den Mann zu bringen, und so wurde das Chateau zum Hotel mit Suiten in Wohnungsgröße umgewandelt.
    Genau das war für Sam einer der größten Pluspunkte, doch deren gab es viele: die Befreiung von jedweden Haushaltspflichten, die Liebenswürdigkeit und Tüchtigkeit des Personals, der Eingangsbereich, der ein diskretes Kommen und Gehen gewährleistete, der günstige Standort, die entspannte Atmosphäre. Im Gegensatz zu den meisten modernen Nullachtfünfzehn-Hotels hatte das Chateau Charakter, eine unverkennbare Persönlichkeit. Und es bot Suiten für Dauergäste, die sogenannten ›Lebenslänglichen‹. Nach einem Probeaufenthalt wurde Sam einer von ihnen. Er zog in eine Suite im sechsten Stock und begann nach Klienten Ausschau zu halten, was in L.A. nicht allzu schwierig war. Irgendein Betuchter steckte immer in Schwierigkeiten.
    Die Tatsache, dass Geld kein Problem war, gestattete ihm, nur diejenigen Aufträge anzunehmen, die ihn interessierten: ungewöhnliche Betrügereien

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