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Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mayle
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mit sich herumzuschleppen, hatte noch nicht auf die französischen Fluggäste übergegriffen (da viele von ihnen aus Bordeaux stammten, war es natürlich möglich, dass sie sich aus medizinischen Gründen auf Wein beschränkten). Es wurden keine Snacks ausgegeben. Kleidungstechnisch stellte der Stil eine Kombination aus Mode fürs Büro und Mode für die Vogeljagd dar. Moosfarbene, hüftlange Schießjacken mit Signalbesatz ergänzten den Geschäftsanzug, und Sam erwartete halb, den Kopf eines erlegten Fasans aus den Seitentaschen hervorlugen zu sehen. Die Männer hatten langes Haar und waren von Rasierwasserwolken umwölkt, doch sie trugen keine
Ohrringe oder Baseballkappen. Das äußere Erscheinungsbild war allgemein formeller als in US-Flugzeugen.
    Es bestand jedoch eine überwältigende Ähnlichkeit zwischen dem Franzosen und seinem amerikanischen Cousin: Sobald die Maschine gelandet war und die Parkposition erreichte, tauchten wie auf Stichwort zweihundert Handys aus der Versenkung auf. Die Passagiere setzten Ehefrauen, Gespielinnen, Geliebte männlichen oder weiblichen Geschlechts, Sekretärinnen und Geschäftskollegen davon in Kenntnis, dass der Pilot dem Tod einen Strich durch die Rechnung gemacht und eine sichere Landung hingelegt hatte. Sam, der geneigt war, der Theorie zuzustimmen, dass neunzig Prozent aller Mobiltelefonate überflüssig sind, war froh, schweigend auf sein Gepäck warten zu können, ein Stummfisch unter Plappermäulern.
    In der Hoffnung, seine Ansprechpartnerin, Madame Costes, zu entdecken, suchte er mit den Augen die Menschenmenge im Ankunftsbereich ab, bis sein Blick auf eine Frau fiel, die in Taillenhöhe ein Pappschild mit seinem Namen hielt. Man hätte meinen können, es sei ihr peinlich, dabei gesehen zu werden, wie sie die Aufmerksamkeit eines Fremden am Flughafen auf sich zu lenken versuchte. Er ging zu ihr hinüber und stellte sich vor.
    Madame Costes erwies sich als angenehme Überraschung – keineswegs die füllige alte Matrone mit Plattfüßen und der Andeutung eines Damenbarts, wie er erwartet hatte. Sie war gertenschlank, Mitte dreißig und mit schlichter Eleganz gekleidet: Pullover, Hose und ein Seidentuch, locker um den Hals geknotet. Die Sonnenbrille hatte sie auf die lohfarbenen, nicht ganz blonden Haare hochgeschoben. Ihr Gesicht hatte Ähnlichkeit mit denen, die man in Beauty-Magazinen sah: lang, schmal und typisch für Frauen, die aus einem guten Stall kamen. Kurzum, ein Paradebeispiel für bon chic, bon genre, wie
die Franzosen es nennen . Bei seinen früheren Besuchen in Frankreich hatte er diese Redewendung oft gehört – meistens als BCBG abgekürzt und auf die Angehörigen einer bestimmten sozialen Schicht gemünzt, die einen eleganten und teuren modischen Stil pflegten: Sie waren chic, konservativ und allen Accessoires zugetan, die das Modehaus Hermès zu bieten hatte.
    Sam lächelte, als er ihr die Hand reichte. »Danke, dass Sie mich abgeholt haben. Hoffentlich habe ich Ihnen keine Ungelegenheiten bereitet.«
    »Aber nein. Es tut gut, mal einen Nachmittag aus dem Büro herauszukommen. Willkommen in Bordeaux, Mr. Levitt.«
    »Sam, bitte.«
    Sie neigte den Kopf zur Seite und runzelte die Stirn, als wäre sie über den spontanen Versuch, Vertrautheit herzustellen, überrascht. Aber schließlich war er Amerikaner. »Ich heiße Sophie – kommen Sie, mein Wagen steht direkt vor der Tür.«
    Sie lotste ihn durch die Ankunftshalle und angelte dabei in den Tiefen ihrer großen Lederhandtasche, die in Farbe und Textur einem abgewetzten Ledersattel glich, nach dem Autoschlüssel. Sam rechnete damit, dass ihr Wagen ein französisches Standardmodell war: klein, wendig und viel zu eng für Insassen mit amerikanischer Beinlänge. Stattdessen erblickte er einen dunkelgrünen, mit Schlammspritzern übersäten Range Rover. »Ich hoffe, Sie können mir noch einmal verzeihen«, sagte Sophie, als sie einstiegen. »Aber ich bin gestern aufs Land gefahren. Dort war alles voller Matsch.«
    Sam grinste. »In L.A. würde Sie die Autobahnpolizei wahrscheinlich in die Mangel nehmen, weil Sie mit einem unhygienischen Fahrzeug unterwegs sind.«
    » Ah bon? In die Mangel nehmen?«
    »War nur ein Scherz.« Sam lehnte sich im Sitz zurück,
während sich Sophie, die zügig und entschlossen fuhr, mit dem Verkehr rund um den Flughafen befasste. Ihre Hände am Steuer waren genauso BCBG wie der Rest – kurz geschnittene Nägel, poliert, aber ohne Lack, ein schlichter goldener Ehering und eine

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