Ein diebisches Vergnügen
klassische Cartier-Tank-Uhr mit schwarzem Krokodillederarmband.
»Ich habe für Sie ein Zimmer im Splendide reserviert«, sagte Sophie. »Es liegt in der Altstadt, unweit der Maison du Vin. Ich hoffe, dass es Ihnen zusagt. Ich wusste nicht genau, wo ich Sie einquartieren sollte. Ich wohne ja hier in Bordeaux, brauche daher kein Hotel.«
»Sind Sie schon lange hier?«
»Geboren wurde ich in Pauillac, ungefähr fünfzig Kilometer von Bordeaux entfernt. Ich bin also aus der Ecke – une fille du coin , wie man bei uns sagt.«
»Und Ihr Englisch? Erzählen Sie mir nicht, das hätten sie auch aus Pauillac.«
»Ich habe früher eine Zeit lang in London gelebt. Damals war man gezwungen, Englisch zu sprechen; niemand sprach Französisch. Heute gleicht London einer ville francaise. Mehr als dreihunderttausend Franzosen haben sich dort niedergelassen. Aus geschäftlichen Gründen.« Sie beugte sich über das Lenkrad nach vorn. »Jetzt bitte keine Fragen mehr. Ich muss mich konzentrieren.«
Sophie Costes bahnte sich den Weg durch ein Labyrinth von Einbahnstraßen und hielt vor dem Hotel Splendide, einem Gebäude aus dem achtzehnten Jahrhundert mit einer pompösen Fassade und einem Hauch selbstgefälliger Achtbarkeit.
» Voilà. Ich muss ins Büro zurück, aber wir können uns gerne zum Abendessen treffen, wenn Sie möchten.«
Sam nickte lächelnd. »Ich möchte.«
Er wartete in der Eingangshalle – oder im »behaglichen« salon bourgeois, wie es in der Werbebroschüre des Hotels hieß – auf Sophie Costes. Nach der ersten Begegnung mit ihr fühlte sich Sam erleichtert und auch angespornt. Es war ungehörig und chauvinistisch von ihm, aber er arbeitete nun mal wesentlich lieber mit gut aussehenden Frauen zusammen. Und dass Sophie in Bordeaux geboren und aufgewachsen war, war ermutigend. Nach allem, was er über die gesellschaftlichen Strukturen in Bordeaux gelesen hatte, handelte es sich um ein eng verwobenes Netz aus geknüpften und gekappten familiären Verbindungen, Fehden und Bündnissen, das sich im Lauf der Jahrhunderte entwickelt hatte. Eine Insiderin als Fremdenführerin in diesem Labyrinth würde von unschätzbarem Wert sein.
Das Klacken hoher Absätze auf dem Boden kündigte ihre Ankunft an. Sophie hatte sich zum Abendessen umgezogen. Sie trug das »kleine Schwarze«, naturellement. Dazu eine zweireihige Perlenkette, einen schweren schwarzen Kaschmirschal und ein Parfüm mit einer interessanten Duftnote.
Unwillkürlich rückte Sam seine Krawatte zurecht. »Ich bin froh, dass ich einen Anzug angezogen habe«, begrüßte er sie.
Sophie lachte. »Was tragen Männer normalerweise, wenn sie in Los Angeles zum Abendessen ausgehen?«
»Oh, Fünfhundert-Dollar-Jeans, Cowboystiefel aus Schlangenleder, Armani-T-Shirt, Seidenjackett, Baseballkappe von Louis Vuitton – Sie wissen schon, derbe ländliche Kleidung. Aber keine Perlen. Männer von echtem Schrot und Korn haben nichts mit Perlen am Hut.«
Sophie sah aus, als würde das letzte Informationsbruchstück einen bereits gewonnenen Eindruck bestätigen. »Ich glaube, Sie gehören nicht zu den Männern, die Wert darauf legen, von echtem Schrot und Korn zu sein.«
»Mein Ehrgeiz in dieser Richtung hält sich in Grenzen«, gestand Sam. »Aber worauf ich großen Wert lege, ist das Abendessen. Wo findet es statt? Soll ich uns ein Taxi rufen?«
»Wir können zu Fuß gehen. Es ist direkt um die Ecke – ein kleines Lokal, aber das Essen ist hervorragend, genau wie die Weinkarte.« Sophie wandte sich Sam zu und sah ihn forschend an, als sie die Straße entlanggingen. »Sie trinken doch Wein, oder?«
»Und wie! Was haben Sie denn erwartet? Dass ich nur Diät-Cola trinke? Oder Eistee?«
Sophie winkte ab. »Bei Amerikanern kann man nie wissen.«
Sam gefiel das Restaurant auf den ersten Blick. Es war gemütlich, nicht größer als sein Wohnzimmer im Chateau Marmont, mit einer winzigen Bar an einem Ende, Spiegeln und gerahmten Schwarz-Weiß-Porträtfotos an den Wänden, einer Einrichtung ohne Schnickschnack und dicken weißen Tischdecken. Eine dunkelhaarige Frau begrüßte sie mit einem Lächeln, und Sam wurde Delphine vorgestellt, der Frau des Küchenchefs. Nach den Wangenküssen zu urteilen, die beide Frauen austauschten, schien Sophie zu den Stammgästen zu gehören. Delphine geleitete sie zu einem Ecktisch, schlug vor, ein Glas Champagner zu trinken, während sie einen Blick in die Speisekarte warfen, und eilte geschäftig in die Küche zurück.
»Das ist genau
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