Ein diebisches Vergnügen
Genauigkeit Namen und Jahrgänge abhakten. Rafael hatte alle Hände voll zu tun, die gefüllten Kartons in den hinteren Teil des Krankenwagens zu schaffen. Man hatte ihn eindringlich gewarnt: Jeder durch Bruch entstandene Schaden werde ihn teuer zu stehen kommen.
Die Kartons enthielten entweder ein Dutzend Flaschen normaler Größe oder sechs Magnumflaschen, und als die Männer ihre Arbeit beendet hatten, waren fünfundvierzig Kartons gepackt und verladen. Nach einer letzten Überprüfung und einem flüchtigen, bedauernden Blick auf Roths kalifornische Weine und seine Havanna-Zigarrenschachteln aus der Prä-Castro-Ära schalteten sie das Licht im Keller aus und sperrten die Tür hinter sich zu. Nun war es an der Zeit, einige Anpassungen an der Innenausstattung der Ambulanz vorzunehmen.
Die Kartons wurden fein säuberlich zu beiden Seiten einer Krankentrage gestapelt, bevor sie mit Klinikdecken verhüllt wurden. Rafael, inzwischen so nervös, dass er kurz davor war, tatsächlich zum Notfall zu werden, wurde auf die Trage geschnallt und an einen Tropf gehängt, der vorgeblich Morphium enthielt, um die Schmerzen seines vorgeblichen Blinddarmdurchbruchs zu lindern. Derart gerüstet, fuhren die Männer zum Pförtnerhaus und hielten gerade lange genug
an, um dem Wachmann frohe Weihnachten wünschen zu können. Er grüßte zurück und schien nicht den geringsten Argwohn zu hegen. Mit eingeschaltetem Blinklicht verschwand der Wagen in der Nacht.
Der Fahrer rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her und blickte nervös in alle Richtungen, als rechne er jeden Augenblick mit einer unliebsamen Überraschung. Aber sie fuhren unbehelligt weiter. Allmählich entspannte der Sanitäter. Er gestattete sich ein Grinsen, als er ein heftiges Rumoren aus dem hinteren Teil des Krankenwagens vernahm. »Alles klar, Rafael, Zeit zum Aufstehen. Wir setzen dich ab, bevor wir auf die Autobahn fahren.« Er holte einen Briefumschlag aus der Tasche und reichte ihn über die Schulter nach hinten. »Besser, du zählst noch mal nach. Es sind ausschließlich Hunderter.«
Fünf Minuten später bog der Krankenwagen in eine dunkle Seitenstraße ein, um den mexikanischen Hausmeister herauszulassen. Der nächste Zwischenstopp wurde in einer Garage eingelegt, die sich in einer noch dunkleren Seitenstraße eines heruntergekommenen Viertels im Westen von L.A. befand; hier wurden die Weinkartons vom Krankenwagen in einen ungekennzeichneten Lieferwagen umgeladen. Nun blieb nur noch, die Nummernschilder der Ambulanz zu entfernen und das Vehikel auf dem Parkplatz eines nahe gelegenen Krankenhauses abzustellen, bevor die beiden Männer im Lieferwagen in Richtung Santa Barbara davonbrausten.
3. Kapitel
D er Aufenthalt in Aspen war für Roth vergnüglicher als jemals zuvor. Jede Menge Prominenz der A-Liste tummelte sich in dem Nobel-Skiort, um sich in ihrer sündteuren Ausrüstung auf der Piste und bei Après-Aktivitäten in Szene zu setzen, und es gelang ihm, die Kontakte zu drei oder vier potenziellen Mandanten zu pflegen. Zu seiner Überraschung trug der Artikel in der Los Angeles Times erheblich dazu bei. Obwohl die Ausgabe bereits im September erschienen war, gab es in diesem Jahr Promis wie Sand am Meer, die den Artikel über Roths Sammlung gelesen und nun nach eigenen Angaben ihr »Faible für Wein« entdeckt hatten. Die althergebrachten Themen in Aspen – Ehebruch, Börsentipps, Schönheitschirurgie, die Diebstähle in den Filmstudios – wurden von Plaudereien über Weinkeller und Spitzenjahrgänge, Bordeaux versus kalifornische Produkte, optimale Alterungszeiten und natürlich über Weinpreise verdrängt.
Roth stellte fest, dass er seine Reden überwiegend vor einem kleinen, aber hingerissenen Zuhörerkreis vom Stapel ließ, hochkarätige Namen, die sich normalerweise ein wenig außerhalb seiner gesellschaftlichen Reichweite befanden, und die daraus resultierenden geschäftlichen Möglichkeiten wusste er zu nutzen; schließlich galt es das Eisen zu schmieden, solange es heiß war. Heute mochte es um Wein gehen,
doch morgen konnte durchaus eine skandalträchtige Krise um Vertragsgrundlagen auf der Tagesordnung stehen. Während der verschneiten Weihnachtswoche blieben Roths Ski unangetastet, und Michelle hatte den Privatskilehrer ganz für sich allein.
Die Roths traten gemeinsam mit einem Paar, das sie flüchtig aus L.A. kannten, im Privatjet den Heimweg an. Als sie verrieten, wie sehr es sie beeindruckt hatte, ihn in so illustrer Gesellschaft zu
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